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Der magische Wald

Titel: Der magische Wald
Autoren: Paul Kaerney
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Licht der Lampen. An der Decke hing einsam eine elektrische Glühbirne -aber sie wurde nur bei besonderen Gelegenheiten eingeschaltet. Michaels Großeltern haßten sie. Sie hat keine Seele, sagten sie, und ungeachtet des Protests ihrer Kinder entzündeten sie weiterhin die alten Petroleumlampen, wenn es dämmerte. Elektrisches Licht brannte nur, wenn Besuch kam. Die Lohnarbeiter verabschiedeten sich und machten sich auf den Weg nach Hause. Sie setzten ihre Mützen auf, als sie aus der Tür traten und schnupperten draußen die klare Nachtluft. Einer oder zwei von ihnen würden zu Hause von ihrer Frau ein zweites Abendessen erhalten, aber die meisten waren Junggesellen und gingen jetzt zu ihren kleinen Cottages oder zu den Häusern ihrer Eltern. In dieser Jahreszeit, in der das Heumachen und die Ernte bevorstanden, waren ziemlich viele von ihnen auf der Farm. Diejenigen, die im Haus geblieben waren, hörten das Scharren, als die Fahrräder ergriffen wurden, die an die Hauswand gelehnt waren. Dann war die Tür wieder zu, und Tante Rachel zog die Vorhänge zu. Dämon kroch unter dem Tisch hervor und ließ sich mit einem zufriedenen Knurren vor dem Herd nieder. Der alte Mullan steckte seine Pfeife an und ließ sich gegenüber von Michaels Großvater nieder, um ein Lederhalfter zu putzen. Das war sein Privileg. Er war seit dem Großen Krieg bei denFays. Miteinem verkürztenBeinwar er damals als junger Mann aus Flandern zurückgekommen. Geklapper von Geschirr und Frauenstimmen klangen aus der Küche. Michael fühlte sich schläfrig. Vielleicht würde er es morgen jemandem erzählen erzählen, daß unten am Fluß Terroristen mit Fuchsgesichtern waren, die nur darauf warteten, jeden in die Luft zu sprengen. Aber hier in der Sicherheit des Hauses wirkte das alles zu unwirklich. Wie ein Traum. Er gähnte, und Tante Rose stürzte sich auf ihn. »Dir fallen ja schon die Augen zu. Zeit ins Bett zu gehen, Michael-Boy.« Er protestierte schlaftrunken, als sie ihn an der Hand nahm und vom Stuhl zog. Sein Großvater sah ihn über den Rand der Irish Field an und nickte ihm durch den Pfeifenrauch hindurch zu. Seine Großmutter küßte ihn auf die Stirn, und Onkel Sean winkte ihm gedankenverloren zu, während der alte Mullan seine Reinigungsarbeit nur kurz unterbrach. Rose redete ununterbrochen, während sie ihn die Treppe heraufzog. Er hörte sie gerne reden, besonders, wenn es nachts donnerte und er in ihren Armen in dem nach Mädchen duftenden Bett lag. Sie redete dann mit ihm, um ihm die Angst vor dem Donner zu nehmen. Sie selbst liebte Gewitter. Sie sagte, daß ihr Haar dann knisterte. Plötzlich registrierte er, daß sie ihn danach fragte, warum er heute abend so verdreckt nach Hause gekommen war, was denn geschehen sei. Er erzählte ihr, daß er gefallen war, ausgerutscht und die Böschung am Fluß heruntergestürzt, was der Wahrheit entsprach und somit keine Sünde war. Und sie steckte ihn mit einem Gutenachtkuß ins Bett, deckte ihn zu und ermahnte ihn, sein Abendgebet zu sprechen. Aber er glitt sofort in den Schlaf und vergaß zu beten. Und im Schlaf grinsten ihn die Fuchsgesichter über den Fluß hinweg an und sagten ihm, daß er jetzt ihnen gehörte. Ihr kleiner Junge war.

KAPITEL DREI
    Der Sommer 1953 war lang und schön — der Mittag des Jahres, dem Erntezeit und Herbst folgen würden. Für Michael war der Sommer ein lebendiges Gebilde, ein Wesen, das ihn von der Schule befreite und ihm endlose freie Stunden zur Verfügung stellte. Er war lang, geruhsam und wohlwollend. Nie konnte Michael sich mehr austoben als im Sommer. Der Himmel wurde von keiner Wolke getrübt, sein dunkles Blau wirkte mittags schon fast purpurfarben, und Dunst lag über dem Horizont, so daß man die Berge die meiste Zeit hindurch nur ahnen konnte. Über den Straßen hing ein Staubschleier, der aufgewirbelt wurde von den Hufen der Pferde, den Rädern der Wagen, die sie zogen, oder von glänzenden Automobilen. Wenn man von den ersten Höhen des Antrim-Plateaus in westlicher Richtung zu den Sperrin-Bergen blickte, erschien das Tal wie ein ebenmäßiger Flickenteppich von heckenbegrenzten Feldern, auf denen die Gerste im Sonnenlicht heranreifte. Dazwischen lag die dunkle Kühle der Wälder und das glitzernde Band des langsam fließenden Bann und hier und da ein weißverputztes Haus, winziger als ein Zuckerwürfel. Nur nachts bekam man einen Überblick über die Anwesen, Dörfer und Städtchen der Counties, dann, wenn ihre Lichter in der Dunkelheit
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