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Der magische Wald

Titel: Der magische Wald
Autoren: Paul Kaerney
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schwangen hin und her; irgend etwas Großes schob sich durch die Bäume. Angespannt spähte er hinüber, konnte aber in dem schwindenden Licht nichts sehen. Wie von selbst spannten seine Muskeln sich an, und seine Hände schlossen sich um das modrige Laub auf dem Boden. Er hörte einen Gesprächsfetzen -eine Stimme, dann eine andere, die Antwort gab, doch die Wörter konnte er nicht verstehen. Die Stimmen klangen tief, schnarrend, guttural, aber rhythmisch wie ein Lied. Fluchtbereit beugte er sich vor. Drüben auf der anderen Seite durchbrach jetzt etwas die Brombeerbüsche. Er erblickte die grinsende Maske eines Fuches, mit funkelnden Augen und blitzenden Zähnen, aber darunter schimmerten noch zwei Augen über einem breit grinsenden Mund. Der Schreck raubte Michael den Atem, er warf sich nach hinten, taumelte über Laub und Zweige. Dann hörte er ein Bellen, das wie ein Lachen klang, und sah, wie weitere schemenhafte Gestalten sich aus dem Buschwerk lösten. Es platschte etwas ins Wasser, und er erblickte für einen Moment einen Schatten mit spitzen Ohren, der aufrecht durch das Wasser watete. Stimmen erklangen in dem melodischen Singsang, ein weiteres harsches Lachen ertönte, ein Geräusch, wie das Klopfen eines Spechtes. »Großer Gott!« stöhnte er und kroch rückwärts, stampfte die Absätze in den Boden, daß Erde und Blätter durch die Luft wirbelten und schob sich auf dem Hintern die Böschung hoch. Immer mehr Schatten bewegten sich jetzt im Fluß, aber noch hatte keiner das diesseitige Ufer erreicht. Sie hatten menschenähnliche Gestalt und bewegten sich geduckt. Ihr Rumpf war mit Fellen bekleidet, ihre bloßen Arme und Beine glänzten durch Schweiß oder Farbe, und auf den Köpfen trugen sie Fuchsmasken. Zwei von ihnen trugen eine lange Stange auf den Schultern, an der eine dunkle Last hing. Daneben war etwas, das einem Hutständer glich, an der Stange befestigt. Geweihe. Alseineleichte Brisedurch dieFlußsenke wehte, konnte er sie riechen. Sie stanken nach Urin, nach verdorbenem Fleisch, nach Holzfeuer. Ihre tropfende Last verströmte einen durchdringenden Blutgeruch. Da verlor er die Nerven. Er drehte dem Fluß den Rücken zu und kämpfte sich keuchend und mit schreckverzerrtem Gesicht den Hang hinauf, rutschte auf dem schlüpfrigen Boden aus und suchte mit den Händen Halt. Auf allen vieren kroch er hinauf, dorthin, wo der Wald lichter wurde und es heller war, zu der Weide, wo er seine Welt hinter sich gelassen hatte. Dabei stieß er sich die tastenden Finger heftig an einem moosüberwucherten Baumstumpf und stürzte auf die Seite, weinend, überzeugt davon, daß die Schatten vom Fluß sich auf ihn stürzen würden und ihr gräßlicher Gestank ihn umfangen wurde. Er schloß die Augen. Doch nichts geschah. Er öffnete die Augen einen Spaltbreit, konnte in der Dämmerung nichts erkennen und starrte dann mit weit aufgerissenen Augen hinunter zum Fluß. Dort war niemand. Ein Vogel zwitscherte sein Abendlied vor sich hin, und nichts störte das Schimmern der Wasseroberfläche. In den Bäumen regte sich nichts. Er schluchzte erstickt und hörte von weitem die Stimmen der Männer, die zum Essen zum Haus gingen, blickte hinüber und erkannte ihre Schatten auf den dämmrigen Feldern, das plötzliche Aufglühen einer Zigarette, wie ein winziges Auge, das ihm zuzwinkerte. Er kletterte aus der düsteren Flußniederung und legte sich für einen Augenblick am Randeder Weideauf denBoden.Er war völlig erschöpft. Seine Lunge sog stoßweise die milde Abendluft ein. Irgendwo ertönte der Ruf einer Waldtaube. Einer der Männer lachte über irgend etwas -ein vertrautes, angenehmes Geräusch. Er hörte das metallische Klingen eines Gatters und wußte, daß sie den Hinterhof betraten, wo die Lichter des Hauses schon die Fenster füllten, obwohl es noch nicht völlig dunkel war. Schwankend erhob er sich, blickte noch einmal hinter sich und hinkte dann davon.

    Er rieb sich die Augen und wischte sichmit dem Ärmel die Nase ab. Er spürte den Dreck in seinem Gesicht und spürte ihn unter seinen Fingernägeln trocknen. Seine Großmutter würde ihm zweifellos eine Tracht Prügel verpassen, wenn er in diesem Zustand nach Hause kam. Das tat sie auch. Und danach schrubbte sie ihn in der Küche vom Kopf bis Fuß ab, daß seine Ohren glühten, seine Wangen glänzten und der Geruch der Seife in seiner Nase stach. In Nachthemd und Pantoffeln saß er dann mit dem Rest der Familie und den Arbeitern beim Abendbrot. Sein Hintern brannte
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