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Der Maedchenmaler

Der Maedchenmaler

Titel: Der Maedchenmaler
Autoren: Monika Feth
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wird uns nicht helfen.« Langsam sackte ihr Kopf zur Seite.
    »Ilka!« Ich rüttelte sie sanft an den Schultern. »Nicht einschlafen! Wir müssen überlegen, was wir tun können.«
    Sie rappelte sich mühsam auf, setzte sich hin und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand. »Das hier ist ein Gefängnis, Jette. Schalldicht isoliert, die Fenster aus bruchsicherem Glas. Er hat an alles gedacht.«
    »Aber nicht daran, dass wir jetzt zu zweit sind«, sagte ich. »Das war in seinem Plan nicht vorgesehen. Und das ist unsere Chance. Wir müssen ihn überrumpeln.«
    Sie sah mich an. Ihre Augen glänzten von Fieber. Sie hatte nicht mehr viel Kraft.
    »Hast du was zu essen?«, fragte sie.
    »Nur noch ein paar Fisherman€™s.« Ich zog die zerdrückte Packung aus der Hosentasche und gab sie ihr. Sie steckte eine Pastille in den Mund und lutschte sie fast andächtig.
    »Wie geht es Mike?« Angstvoll wartete sie auf die Antwort.
    »Er macht sich riesige Sorgen um dich.«
    »Hat er geglaubt, dass ich...«
    Ich schüttelte den Kopf. »Er hat keinen Moment daran gezweifelt, dass du entführt worden bist.«
    Ein Lächeln legte sich auf ihr Gesicht. Sie fasste sich ins Haar.
    »Daran wird er sich gewöhnen«, sagte ich.
    Ihre Augen verdrehten sich vor Müdigkeit. Ich durfte sie nicht länger wach halten. Sie brauchte Kraft. Für was auch immer.
     
    Ruben stand in seinem Atelier und betrachtete die Bilder ringsum. Sie stimmten alle nicht mehr. Das Mädchen, das er immer wieder gemalt hatte, war gestorben.
    Das Bild, auf dem Ilka das rote Kleid trug. Vergangenheit. Hatte er es wirklich eben erst gemalt? Und da. Die Porträtzeichnungen. Silikats weiߟe Schultern. Das schmale, blasse Gesicht. Und ihr Haar. Ihr wundervolles, langes Haar. Vorbei. Schmierereien ohne Wert.
    Ruben griff nach einem Messer und stach zu. lieߟ Farbe bröckeln. Zerfetzte Silikats Gesicht. Als Nächstes schlitzte er das rote Kleid auf. Zerschnitt es vom Hals bis zum Saum. Zerstörte Silikats Körper. Der Anblick ihrer weiߟen Fuߟe lieߟ ihn fast den Verstand verlieren.
    Er vernichtete ein Bild nach dem andern. Stieg über Leinwandfetzen und zerbrochene Rahmen. Rutschte aus. Fiel hin. Stand wieder auf. Der Schweiߟ rann ihm in die Augen. Brannte wie Feuer.
    Während er wütete, sah er sich zugleich dabei zu. Etwas in seinem Kopf blieb klar. Und kalt. Bewahrte den Zorn in sich auf. lieߟ ihn sich nicht erschöpfen in dieser Raserei. Etwas wusste, dass er seinen Zorn noch brauchte.
     
    Ich hatte kaum ein Auge zugetan. Hatte neben Ilka gelegen und ihren Schlaf bewacht. Sie hatte sich unruhig hin und her gewälzt, war immer wieder panisch aufgefahren. Jedes Mal hatte sie sich aufs Neue daran erinnert, dass sie nicht mehr allein war. Jedes Mal hatte sie vor Erleichterung geseufzt.
    Ab und zu war ich eingenickt, doch immer nur für kurze Zeit. Ich traute mich nicht, meiner Müdigkeit nachzugeben. Vielleicht lauerte Ruben nur darauf. Dann hätte er leichtes Spiel mit uns. Die eine krank und schwach, die andere trunken von Schlaf, so leicht wollte ich es ihm nicht machen.
    Ich grübelte. Hielt mich mit meinen Gedanken wach. Gegen Morgen war ich zu einem Entschluss gekommen und weckte Ilka.
    Es ging ihr nicht besser, eher schlechter. Ruben hatte sie übel zugerichtet. Ihre Unterlippe war geschwollen, die linke Augenbraue blutverkrustet. Die Augen schienen tiefer in ihren Höhlen zu liegen. Ihr Haar war an den Schläfen nass von Schweiߟ.
    »Hallo«, sagte sie und lächelte. Ihre Stimme war so heiser, dass ich Mühe hatte, sie zu verstehen.
    Ich brachte ihr einen Tee, half ihr beim Aufsetzen und hielt die Tasse, weil ihre Hände zu stark zitterten. Sie trank und sah mich über den Rand der Tasse hinweg an.
    »Wir müssen uns unterhalten«, sagte ich. »Es weiߟ nämlich blöderweise niemand, dass wir hier sind. Wir sind ganz allein auf uns gestellt.«
    »Mokka«, krächzte sie. Dabei konnte sie sich kaum aufrecht halten.
     
     
    Mike hatte den Wecker auf sechs Uhr gestellt. Sie hatten keine Zeit zu verlieren. Ilka war jetzt seit vollen vier Tagen in der Gewalt ihres Entführers. Eine unvorstellbar lange Zeit.
    Jette's Bett war unberührt. Das von Merle ebenfalls.
    Er duschte und versuchte zu frühstücken, doch die Bissen blieben ihm im Hals stecken. Jette hatte ihr Hand zu Hause vergessen. Das passierte ihr oft, nachdem sie es aufgeladen hatte. Aber es gab überall Telefone. Warum meldete sie sich nicht?
    Nach der zweiten Tasse Kaffee war er sicher,
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