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Dein ist mein ganzes Herz

Dein ist mein ganzes Herz

Titel: Dein ist mein ganzes Herz
Autoren: Stephanie Laurens
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1. KAPITEL
     
     
    Dorothea genoß den Geschmack der sonnenreifen Brombeeren auf der Zunge. Die Sträucher am Rande der kleinen Lichtung strotzten von reifen Früchten. Sie stellte ihren Korb ins Gras und begann zu pflücken. Unwillkürlich wanderten ihre Gedanken zu ihrer jüngeren Schwester Cecily, die sie gebeten hatte, beim Kräutersammeln einen Umweg zu der Brombeerhecke im Wald des Nachbargutes zu machen.
    Dorothea seufzte. Sie hoffte, der geplante Aufenthalt in London würde Cecily aus ihrem langweiligen Dasein herausreißen. Ihre Mutter, Lady Cynthia Darent, war vor einem halben Jahr gestorben und hatte ihre
    beiden Töchter der Vormundschaft ihres Cousins, Lord Herbert Darent, überlassen. Fünf endlose Monate, die sie in Darent Hall in Northamptonshire verbracht hatten, während die Anwälte damit beschäftigt gewesen waren, alle Testamentsangelegenheiten zu regeln, hatten Dorothea überzeugt, daß sie aus dieser Richtung nichts zu erwarten hatten. Herbert war ein unerträglicher Pedant und seine spießige Frau Marjorie noch schlimmer. Wenn ihre Großmutter nicht wie eine gute Fee aus dem Märchen erschienen wäre, hätte sie sich keinen Rat gewußt.
    Plötzlich merkte sie, daß sich ihr Rocksaum in den Dornen verfangen hatte. Zum Glück pflegte sie bei ihren Wanderungen ein altmodisches grünes Kleid zu tragen, so daß sie die unvermeidlichen Risse im Stoff nicht kümmerten. Da es auf der sonnen durchfluteten Lichtung sehr heiß war, löste Dorothea die Nadel, die ihre Haare im Nacken zu einem Knoten bändigten, so daß ihr die dunkelbraune Pracht in üppiger Fülle über den Rücken fiel. Dann fuhr sie mit Beeren pflücken fort.
    Dorothea wußte, daß London für sie selbst keine Überraschung bereit hielt. Auch mit größter Mühe würde ihre Großmutter keinen Ehemann für sie finden. Ihre großen, smaragdgrünen Augen mochten ja noch als Vorzug gelten, alles andere an ihr entsprach jedoch nicht der derzeitigen Mode. Ihre Haare waren dunkel und nicht blond. Ihr Teint war weiß wie Alabaster und nicht pfirsichfarben wie der von Cecily. Außerdem war sie hoch gewachsen und schlank im Gegensatz zu der vorherrschenden Mode, die weibliche Rundungen bevorzugte. Hinzu kam, daß sie bereits zweiundzwanzig war und einen starken Unabhängigkeitssinn besaß. Alles in allem gehörte Dorothea nicht zu dem Typ von Frauen, der das Interesse eleganter Gentlemen erregte.
    Es störte sie nicht im mindesten, daß sie als alte Jungfer galt. Sie war vermögend genug, um in Grange ein bequemes Leben führen zu können. Die hiesigen Landedelleute, die sich um sie bemüht hatten, hatten nicht den Wunsch in ihr erweckt, ihre Selbständigkeit gegen den Ehestand einzutauschen. Sie sah keinen Grund, dem Beispiel ihrer Geschlechtsgenossinnen zu folgen, die alles daransetzten, einen Ring an den Finger gesteckt zu bekommen. Alles in allem war sie mit ihrem wohlgeordneten Dasein zufrieden.
    Ihre Schwester Cecily sehnte sich nach einer anderen, glitzernden Welt.
    Die Welt von Grange war zu eng für sie. Sie war jung, hübsch, voller Anmut und würde mit Sicherheit einen sympathischen und reichen Ehemann finden, der ihr alles geben konnte, was ihr Herz begehrte. Das war auch der Hauptgrund, weshalb sie nach London fuhren.
    Dorothea streckte die Hand nach einer besonders großen Beere aus, die sich fast außerhalb ihrer Reichweite befand, als sich plötzlich ein kräftiger Arm um ihre Taille legte. Sie erhaschte einen flüchtigen Blick auf ein sonnengebräuntes Gesicht, bevor sie leidenschaftlich geküsst wurde.
    Dorothea erstarrte. Da sie hoffte, auf diese Weise schneller freizukommen, zwang sie sich. dazu, sich nicht zu rühren. Leider hatte sie ihre eigenen Reaktionen unterschätzt. Ein warmes Gefühl stieg in ihr auf, und sie empfand das fast unwiderstehliche Verlangen, sich dieser Umarmung hinzugeben und den Kuss zu erwidern. Trotz ihrer Verwirrung gelangte sie zu dem Schluß, daß es sich bei dem Fremden weder um einen Vagabunden noch um einen Landstreicher handeln konnte. In ihrem Kopf drehte sich alles. Doch ebenso abrupt, wie er begonnen hatte, endete der Kuß. Dorothea blickte hoch - direkt in ein Paar nußbrauner Augen, in denen ein belustigter Ausdruck stand. Voller Zorn holte sie aus, um den dreisten Fremden zu ohrfeigen.
    Blitzschnell fing er ihre Hand ab. "Bitte schlagen Sie mich nicht", sagte er. "Woher sollte ich wissen, daß Sie nicht die Tochter des Hufschmieds sind?"
    Dorothea wunderte sich nicht, daß er sie ihrer
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