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Nick Perfect – Bruder per Post

Nick Perfect – Bruder per Post

Titel: Nick Perfect – Bruder per Post
Autoren: Evan Kuhlmann
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3.
    Der Tag, an dem Nick eintraf, begann eigentlich ganz normal. Ich wachte auf, ging zur Schule, versuchte was zu lernen. Aber als ich nach Hause kam, wurde alles völlig irre.
    Ich hatte gerade mal wieder eine gruslige Begegnung mit dem verrückten Beagle zwei Häuser weiter überlebt– der blöde Köter hält sich für einen Pitbull– und war gerade aus dem Aufzug rausgekommen; ich hatte Hunger, auf einen Snack und das, was Ma meine » tägliche Portion« Fernsehen nennt. Und wen seh ich da neben einer großen Kiste stehen und an unsere Wohnungstür hämmern? Leon, den Hausmeister.
    » Hallo?«, rief er. » Ich schleppe diese Kiste nicht noch mal rauf! – Hallo? – Jemand da?«
    Dann bemerkte mich Leon. » Hier«, schnaufte er. » Paket für euch.«
    Das hatte ich mir schon fast gedacht. Ich kramte meine Schlüssel raus, schloss die Tür auf und starrte die Kiste an. Sie war fast so groß wie ich und schien sehr schwer zu sein. Eigentlich hoffte ich, es wäre ein Geschenk für mich, aber wahrscheinlich hatten Ma und Pa nur irgendwas für die Wohnung bestellt, Möbel oder ein Haushaltsgerät. » Könnten Sie es reintragen?«, bat ich den Hausmeister.
    Leon zog einen Flunsch. » Hab ich dir nicht von meiner Rückenoperation erzählt?«, fragte er, massierte seine Wirbelsäule, zuckte zusammen und streckte die Hand aus. » In solchen Fällen ist ein Trinkgeld durchaus üblich.«
    Ich kramte in meinen Taschen, fand aber nur meine MetroCard, fünfzehn Cent und einen Kaugummi. » Könnten Sie meinen Pa anhauen, wenn Sie ihn das nächste Mal sehen?«, fragte ich.
    Leon verzog das Gesicht und stampfte Richtung Lastenaufzug. Dieser Mann sieht einfach nie glücklich aus. Der Ärmste.
    Ich zog die Schlüssel ab, taxierte die Kiste, umschlang sie mit den Armen und begann, sie in die Wohnung zu zerren, als wären meine Muskeln groß wie Wassermelonen und so eine Kiste zu schleppen das reinste Kinderspiel. Aber das Ding war vielleicht schwer! Was zum Teufel mochte da drin sein, ein Automotor?
    Eine Bronzestatue von irgendjemand Berühmtem?
    Ein Elefantenbaby?
    Ein Elefantenbaby wohl eher nicht.
    Als ich die Kiste endlich in der Wohnung hatte, schob ich sie noch ein paar Meter ins Wohnzimmer rein, stemmte mich dagegen und kippte sie– rums! – der Länge nach auf den Teppich. Hoffentlich war nichts kaputtgegangen!
    » Aie!«
    Unheimlich. Es klang, als hätte die Kiste »aie!« gesagt. Hörte sich wie ein Mensch an. Aber da es wahrscheinlich verboten ist, Menschen in Kisten zu verschicken, musste ich mir das Geräusch wohl eingebildet haben. Ma und Pa sagten ja immer, ich hätte eine hyperaktive Fantasie. Ihr könnt mir glauben, dass ist das einzig Hyperaktive an mir.
    Also. Später hab ich dann erfahren, dass » aie!« das französische Wort für » aua!« ist. Aber in dieser Geschichte ist es noch nicht später.
    Ich schlich um die Kiste herum und überlegte, was diese fremdartigen Worte bedeuteten, die auf das Holz gestempelt waren. Dann beugte ich mich vor und las das Adressetikett. Was auch immer das Paket enthalten mochte, es kam vom Institut de Intelligence Artificielle in Paris, Frankreich, per internationalem Expressdienst versandt an Dr. Matthew Rambeau, 224 West 83rd Street, Apt.10C, New York, New York, 10024.
    Stimmt, ich wohne in Manhattan, aber denkt jetzt bitte nicht, ich sei so ein eingebildetes Reicheleutegör. Erstens bin ich kein bisschen eingebildet. Und zweitens trag ich nie besonders viel Geld mit mir rum, wie der Hausmeister bestätigen kann. Mein Pa ist Uni-Professor und meine Ma Sozialarbeiterin, wir sind also nicht stinkreich, nagen aber auch nicht am Hungertuch.
    Was wollte ich…
    Ach so. Der Matthew auf dem Adresssetikett ist mein Pa, und das Dr. bedeutet, dass er studiert und einen Doktor in Computerwissenschaften hat.
    Schöne Pleite. Ich hatte schon Hoffnung geschöpft, in der Kiste wäre vielleicht ein verspätetes Geburtstagsgeschenk von einem meiner Verwandten in Frankreich, wo Pa herkommt. Dort wird sein Name anders buchstabiert– Mathieu – und ausgesprochen, als würde man mittendrin niesen: Ma- tjööhh. Ein neues Fahrrad oder gar ein Motorschlitten wären cool gewesen, aber stattdessen war es sicher nur Zubehör für meinen Pa, der ein absoluter Computerfreak ist. Ma sagt manchmal, wir besitzen genug PC -Motherboards, Bildschirme und Speichermodule, um ein Raketenabwehrsystem zu lenken.
    Da die Kiste nicht für mich war, wollte ich in die Küche, um mir ein Käsesandwich heiß zu
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