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Der Maedchenmaler

Der Maedchenmaler

Titel: Der Maedchenmaler
Autoren: Monika Feth
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Kurzschlusshandlung versuchte. Sobald der Zeiger unter hundertvierzig sank, forderte er mich auf, schneller zu fahren.
    Ich war hellwach und konzentriert. In Gedanken spielte ich die unterschiedlichsten Möglichkeiten durch. Er hielt Ilka gefangen, so viel war klar. Brachte er mich wirklich zu ihr? Würde er mich ebenfalls dort gefangen halten?
    Du bist eine Last für ihn, hallte es in meinem Kopf. Eine Last. Eine Last.
    Aber weshalb sollte er stundenlang mit mir durch die Gegend reisen, nur um mich dann irgendwo zu ermorden? Um die Spur zu verwischen?
    Vielleicht waren wir gar nicht auf dem Weg zu Ilka. Vielleicht lebte sie längst nicht mehr.
    Ich gab Gas.
    »Nicht so schnell«, sagte er.
    Seine Stimme machte mir Angst.
     

Kapitel 25
    Ruben zwang sie, auf der Beifahrerseite auszusteigen. Er hielt sie am Arm fest. Man konnte nie wissen. Während der ganzen Fahrt hatte er überlegt, was er mit ihr anstellen sollte, doch er war zu keinem Ergebnis gelangt. Sie zunächst einmal mitzunehmen, war das kleinere ܜübel gewesen. Dadurch gewann er Zeit. Einen Plan konnte er nur mit klarem Kopf entwickeln.
    Er schloss die Haustür auf, schob das Mädchen hinein, ohne sie loszulassen, und drückte die Tür hinter sich zu. Es gab keine andere Möglichkeit. Er musste sie nach unten in die Wohnung bringen.
    In jedem Raum brannte Licht. Alle Türen standen offen. Ilka war nicht zu sehen.
    Die Badewanne war voller Wasser. Ruben fühlte, wie sein Herzschlag stolperte. Als er Ilka nicht in der Wanne fand, wurden ihm vor Erleichterung die Knie weich.
    Ein Moment der Schwäche, und das Mädchen hatte sich losgerissen. Sie lief in den Flur, orientierte sich mit einem raschen Blick und blieb dann wie angewurzelt stehen. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie zum Schlafzimmer.
    Drei lange Schritte, und Ruben war neben ihr. Aber statt sie festzuhalten, starrte er nun ebenfalls zum Schlafzimmer. In der Tür stand Ilka. Sie war ganz schwarz angezogen und ihr Haar... ihr Haar...
    Ihr Gesicht war kreidebleich. Unter ihren Augen lagen dunkle Schatten. Ihr Haar...
    Irgendwo in diesem Mädchen war die Frau verborgen, die er liebte. Aber er fand sie nicht wieder.
    Er holte aus und schlug zu.
     
    Ilka schützte sich nicht. Sie schrie nicht. Lautlos sank sie zu Boden.
    »Nein!« Ich umklammerte ihn mit beiden Armen. »Sie ist krank!«
    Er schüttelte mich ab, fuhr sich mit den Fingern durch das Haar und ging rückwärts zur Eingangstür. Das alles, ohne Ilka auch nur einen Moment aus den Augen zu lassen. Auf seinem Gesicht lag ein Ausdruck von Ekel.
    Die Tür fiel ins Schloss. Wir waren allein.
    Ich beugte mich über Ilka und strich ihr sacht über die Stirn. Sie war glühend heiߟ.
    »Jette«, flüsterte sie. »Du hättest nicht herkommen sollen.«
    »Ich konnte dich ja schlecht allein lassen«, sagte ich leise und versuchte ein Lächeln, das kläglich misslang. Behutsam half ich ihr auf und führte sie zum Bett.
    Sie schüttelte ängstlich den Kopf. »Ich will nicht schlafen.«
    »Musst du auch nicht. Leg dich nur ein bisschen hin.«
    Ihre Unterlippe war aufgeplatzt und blutete. Ich wollte ins Bad, um einen Waschlappen oder ein Handtuch zu holen.
    Sie hielt mich fest, Panik in den Augen. »Lass mich nicht allein, Jette!«
    Ich deckte sie zu, kniete mich hin und streichelte ihre Wange. Ihr Gesicht kam mir nackt vor ohne ihr wundervolles langes Haar.
    »Was hat er dir angetan, Ilka?«
    »Er ist mein Bruder.« Sie bekam schlecht Luft. Ihr Atem rasselte.
    »Ich weiߟ.«
    »Wir hatten... früher... wir waren ineinander...«
    Hatte ich es nicht geahnt? War es nicht das, was ich dunkel gespürt hatte beim Anblick von Ruben Helmbachs Bildern? Es war doch die einzig sinnvolle Erklärung dafür gewesen, dass er jedem Mädchen Silikats Gesicht gegeben hatte. Es war ungeheuerlich.
    »Und dafür hasst er dich jetzt?«
    Vorsichtig schüttelte sie den Kopf. »Er hat nur gerade begriffen, dass er mich endgültig verloren hat.«
    Das war genauso schlimm.
    »Wir müssen hier raus«, sagte ich und schaute mich um.
    »Keine Chance.« Ilka betastete ihre Unterlippe und verzog das Gesicht. »Die Fenster sind vergittert, die Eingangstür ist aus Stahl, und das einzige Werkzeug, das wir besitzen, ist eine Schere.«
    »Eine Schere kann man auch als Waffe benutzen«, sagte ich. »Wo hast du sie versteckt?«
    »Unter der Matratze.« Die Augen fielen ihr zu. Sie riss sie wieder auf, kämpfte tapfer gegen den Schlaf an. »Aber Ruben weiߟ, dass wir sie haben. Sie
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