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Der letzte Bissen

Der letzte Bissen

Titel: Der letzte Bissen
Autoren: Leo P. Ard
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Wagen die Sporen. Er nutzte vorwiegend die Bus- und Taxispur und war froh, dass Lynchjustiz auch in Berlin aus der Mode gekommen war. An der Siegessäule rannte ihm ein Betrunkener vor den Kotflügel. Farben und Muster seines T-Shirts, die sich mit Fuselresten und Erbrochenem zu einem Gesamtkunstwerk vermischt hatten, wiesen ihn als Angehörigen eines Staates aus, in dem Elche und bekennende Alkoholiker keine Seltenheit waren. Der routinierte Wirkungstrinker akzeptierte einen Zwanzig-Euro-Schein als Schmerzensgeld für einen blauen Fleck am Oberschenkel und torkelte weiter.
    Die Friedrichstraße war bevölkert mit Menschen, die es geschafft hatten und ihre Beute aus den Boutiquen von Armani und Versace vorführten, und denen, die es nie schaffen würden und in den Containern nach den abgelegten Klamotten ihrer Landsleute suchten. Touristenbusse aus Arhus, Nijmegen und Rottach-Egern verstopften die Straße, Stadtneurotiker führten ihre Golden Retriever aus, Internisten ihre zwanzig Jahre jüngeren Frauen. Es war Freitagmorgen, zehn Uhr und kein Schwein schien zu arbeiten.
    Bastian fragte sich einmal mehr, wie viele Jahre dieses Deutschland noch existieren würde, bis es einen großen Knall gab.
    Auf der Suche nach einem Parkplatz fuhr er dreimal um das Innenministerium herum, bis ihn ein freundlicher, älterer Herr zwischen einen Jaguar und einen Smart einwinkte.
    Bastian legte einen Euro in die ausgestreckte Hand und musste sich als Geizhals beschimpfen lassen.
    Während er vor der Pförtnerloge seinen Dienstausweis zückte, sah er, dass Sarah aus einem Nebenausgang trat. Er wollte sie mit einem Ruf begrüßen, doch dann wurde ihm bewusst, dass sie nicht allein war und auch nicht allein gehen konnte. Ein Mann hatte ihre Taille umfasst und hielt sie aufrecht. Sarahs Kopf sackte im Sekundentakt auf ihre Brust, ihr Begleiter versuchte, sie mit leichten Schlägen auf die Wange wach zu halten.
    Bastian hatte den Mann schon mal gesehen. Zuletzt im Krankenhaus. Und zuvor - jetzt fiel es ihm wieder ein - in der Nacht, als Bergmanns Leute die Fabrik geräumt hatten. Der Typ hatte neben Anwalt Harder gestanden und Kommandos erteilt. Dass er nun Sarah wie eine Marionette zu einem Lieferwagen dirigierte, ließ bei Bastian alle Alarmsirenen erklingen.
    Bastian kürzte den Weg ab und erreichte den Wagen vor dem seltsamen Paar. »Kann ich helfen?«
    Krischka nahm sofort eine Abwehrhaltung ein. »Nein, danke. Meine Bekannte fühlt sich unwohl. Ich bringe sie nach Hause.«
    »Ihre Bekannte?«
    Bastian suchte Sarahs Blick.
    Krischka begriff, dass er einen Fehler gemacht hatte. Er hatte den Mann schon an Harders Krankenbett gesehen und wusste, dass er Polizist war. Eberwein hatte ihm von Sarah und Bastian erzählt und es bedurfte keiner gedanklichen Höchstleistung zu schlussfolgern, wer da vor ihm stand.
    »Nun ja, Staatssekretär Eberwein hat mich um diesen Gefallen gebeten. Ich selbst kenne die Dame nicht.«
    Bastian bemerkte Angst in Sarahs verschleierten Augen. Ihr Sprachzentrum war gelähmt, aber ihr Blick sendete tonlose Botschaften aus.
    Den beiden Männern wurde im selben Augenblick klar, dass jeder weitere Satz zwischen ihnen überflüssig war.
    Krischka griff nach seiner Smith & Wesson, die im Holster unter seiner linken Achsel klemmte. Bastian wusste, dass er gegen diesen Django im Duell der Waffen keine Chance hatte. Er zog das Knie an und traf Krischka an der Stelle, wo es Männern wehtut. Krischka klappte zusammen. Bastian schmetterte ihm die Faust ins Gesicht und schrie selbst vor Schmerz auf. Sein kleiner Finger war steif wie der eines snobistischen Champagnertrinkers.
    Krischka hatte alle viere von sich gestreckt, Sarah hielt sich trotz des Verlustes ihrer Stütze schwankend aufrecht.
    Bastian klaubte die Waffe aus Krischkas Schulterholster und steckte sie ein.
    Dann zog er Sarah zu sich heran und nahm sie in die Arme. »Alles ist gut. Alles ist gut.«
    Sarah antwortete nicht, aber Bastian glaubte zu sehen, wie die Angst in ihren Augen einem Lächeln Platz machte. Er blickte sich um. Kein Mensch hatte von ihrem Schlagabtausch Notiz genommen. Der Pförtner saß etwas entfernt in seiner Loge und war offenbar mit einer spannenden Lektüre beschäftigt.
    Bastian parkte Sarah an der Beifahrertür des Lieferwagens, drehte Krischka auf den Rücken und legte ihm Handschellen an. Dann zerrte er ihn auf die Ladefläche des Transporters und half Sarah beim Einsteigen.
    Kurz darauf passierten sie die Pförtnerloge. Der Pförtner
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