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Der letzte Bissen

Der letzte Bissen

Titel: Der letzte Bissen
Autoren: Leo P. Ard
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Briefkasten. Sarah schaute auf die Uhr. Zeit für einen Besuch bei Eberwein.
     

69.
     
    Der Innenminister saß vor Eberweins Schreibtisch, die Schultern zusammengezogen, mit schwarzen Rändern unter den Augen in einem aschfahlen Gesicht. »Wie lange haben Sie sich gekannt?«
    Eberwein wischte sich über die Stirn. »Wir waren seit acht Jahren befreundet. Wir haben zusammen in Hamburg in einer Wohngemeinschaft gelebt.«
    »Siggi hat mir davon oft erzählt. Sie müssen viel Spaß gehabt haben.«
    Eberwein nickte.
    Der Innenminister trank einen Schluck Kaffee. »Gibt es irgendwelche Hinweise, wer es getan haben könnte?«
    Eberwein schüttelte den Kopf. »Ich habe eben noch mit dem Staatsanwalt und dem ermittelnden Kommissar gesprochen. Sie gehen von einem Raubüberfall aus, Siggis Brieftasche ist geplündert worden.«
    »Was für ein Tod! Er hatte eine große Zukunft vor sich.«
    »Wir haben gestern Abend noch zusammen gegessen. Er hat mir erzählt, dass er Ihre Rücktrittserklärung formuliert hat.«
    »Ja. Und wie immer brillant.«
    »Sie glauben nicht mehr an eine Wende?«
    Der Innenminister hob die Hände. »Ich glaube nicht an Wunder. Wollweber und sein Sohn sind zwar tot, aber heute Morgen kam eine Mitteilung, die uns daran erinnerte, dass das Ultimatum um zwölf Uhr abläuft. Wir rechnen damit, dass der Film abends veröffentlicht wird. Wir haben uns zwar mit allen Intendanten kurzgeschlossen und alle haben uns versichert, dass sie den Film nicht zeigen werden, aber Sie kennen doch die Brüder! Für Quote verbünden die sich sogar mit dem Teufel.«
    »Was werden Sie danach machen?«
    »Meine Memoiren schreiben, Vorträge halten, Rosen züchten. Verhungern werde ich nicht, ich sitze in vier Aufsichtsräten.« Der Innenminister erhob sich. »Ich muss jetzt wieder in die Krisensitzung. Und anschließend tagt die Fraktion. Was halten Sie davon, wenn ich Sie für meinen Job ins Gespräch bringe?«
    »Halten Sie das für eine gute Idee?«
    Der Innenminister nickte. »Sie sind zwar noch nicht lange in der Partei, aber dafür haftet Ihnen auch kein Stallgeruch an. Das könnte Sie auch für die Opposition wählbar machen.«
    Eberwein reichte dem Innenminister die Hand. »Ich danke Ihnen für Ihr Vertrauen!«
    »Schade, dass Siggi das nicht mehr erlebt«, sagte der Innenminister und nahm Kurs auf die Tür. »Er hätte sich bestimmt gefreut!«
    Eberwein wartete, bis sich die Tür geschlossen hatte, dann drückte er den Knopf zur Wechselsprechanlage. »Frau Semper. Kommen Sie mal bitte.«
    Kurz darauf trat die Sekretärin in das Büro. Sie schien geweint zu haben.
    »Ich habe eine Bitte.«
    »Was kann ich tun?«
    »Fahren Sie zur Staatsanwaltschaft und besorgen Sie mir Kopien von den Ermittlungsakten im Fall Jungclausen. Der leitende Staatsanwalt weiß Bescheid.«
    Frau Semper war schon auf dem Rückzug, da hielt sie in-ne. »Aber dann ist niemand im Sekretariat. Gleich kommt doch Herr Alt.«
    »Kein Problem, mit dem werde ich allein fertig.« Er zwinkerte seiner Sekretärin zu.
     
    Zehn Minuten später enterte ein korpulenter Anzugträger das Büro. Er war genauso alt wie Eberwein, aber seine grauen, stoppellangen Haare, die wie gemeißelt über seiner hohen Stirn saßen, ließen ihn wie einen Mittfünfziger aussehen.
    »Tag, Bruno.«
    »Grüß dich, Reinhard.«
    Die beiden Männer begrüßten sich mit einer Umarmung.
    »Wenn du ein paar Minuten eher gekommen wärst, hättest du den Innenminister getroffen. Er hat ein paar unschöne Sachen über euch Fernsehleute abgesondert. Für eine gute Quote würdet ihr euch mit dem Teufel verbünden.«
    »Ein wahrer Satz aus einem verlogenen Mund.«
    Eberwein setzte sich wieder auf seinen Platz. »Ich weiß noch, was Werner gesagt hat, als du damals beim Fernsehen angefangen hast: Exklusiv ist ab jetzt das, was Reinhard erfindet!«
    Der Fernsehmann ließ sich auf dem Stuhl vor Eberweins Schreibtisch nieder und seufzte. »Unser Werner. Schade, dass er nicht mehr sehen kann, was wir aus seiner Geschäftsidee gemacht haben.«
    »Er sitzt bestimmt auf Wolke sieben, Harfe in der einen Hand, Currywurst in der anderen und schaut zu uns herunter.«
    Alt lehnte sich zurück. »Kann ich jetzt endlich den Film sehen, der die Welt verändern wird?«
     

70.
     
    Bastian ging zur Theke des Internetcafes und bestellte sich die vierte Tasse Kaffee.
    Nach seinem Gespräch mit Harder war er wie benommen mit dem Wagen durch die Stadt gefahren. Er konnte einfach nicht glauben, was der Anwalt ihm
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