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Der Mann mit den zwei Gesichtern

Der Mann mit den zwei Gesichtern

Titel: Der Mann mit den zwei Gesichtern
Autoren: Runa Winacht , Maria G. Noel
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Vorbereitung ist die halbe Miete
     
     
    „Warum ausgerechnet unsere Klinik?“ Die Frau, deren Name sich Franziska nicht gemerkt hatte, sah sie über den Rand der Brille hinweg an. „Sie leben in München. Da gibt es doch sicher genug Krankenhäuser.“
    „Für eine gute Stelle nimmt man einen Ortswechsel in Kauf.“ Nervös sah Franziska ihr Gegenüber an. Dies hier lief nicht gut, die Frau war ihr nicht wohlgesonnen. Was sich äußerst hemmend auf ihre Spontaneität auswirkte. Sie fühlte sich schwer, unflexibel und uninteressant. Wenn sie diese Gefühle vermittelte, konnte sie gleich einpacken. Also zusammengerissen und aufgepasst! Verstohlen rieb Franziska ihre feuchten Handflächen auf ihrer Hose trocken. Da kam schon die nächste Frage.
    „Man nimmt?“
    Man … was? Erst mit einer kleinen Verzögerung verstand sie endlich. „Ich ...ich nehme einen Ortswechsel in Kauf. Gerne sogar.“
    Ihr Gegenüber nickte knapp.
    Uff. Das war also richtig gewesen. Doch die Qual war noch nicht zu Ende.
    „Sie haben meine Frage von vorhin trotzdem noch nicht ausreichend beantwortet.“ Die Brille wurde über die Stirn geschoben, nun stachen die Augen der Frau völlig ohne Barriere auf Franziska ein. „Direkt vor Ihrer Haustür gibt es ein ausgezeichnetes Herzzentrum. Warum also ausgerechnet unser Haus?“
    „Ich ...“ Franziska brach der Schweiß aus. „Professor Schultheiß ist eine Koryphäe auf dem Gebiet der ...“
    „Was der Herr Professor macht, tut hier doch gar nichts zur Sache. Es geht darum, was Sie von ihm wollen.“
    „Äh … meine Promotion ' Dosisabhängige Wirksamkeit von intrakoronar appliziertem Trimeter..., äh Trimetra…'“ Jetzt fehlte nur noch, dass sie das Thema ihrer eigenen Doktorarbeit nicht mehr flüssig herausbrachte. Aber statt der erwünschten Fähigkeit sich deutlich zu artikulieren, bescherte ihr der Kreislauf einen Schweißausbruch der besonderen Sorte. Franziskas Oberlippe fühlte sich bereits feucht an. Jetzt war sie gar nicht mehr in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen.  
    Worauf ihr Gegenüber gehofft zu haben schien.
    „Ja?“, kam langsam und gedehnt. Die Brille klappte auf die Nase zurück, verdeckte die Gnadenlosigkeit in den Augen allerdings nur wenig.
    Eilig begann Franziska von Neuem: „Dosisabhängige Wirksamkeit von inka...“
    „Inka? Kann es sein, dass Ihre Dissertation etwas mit Peru zu tun hat? Was haben Sie studiert? Ethnologie? Archäologie?“
    „Schluss jetzt.“ Franziska war aufgesprungen. Bereit zur Flucht.
    Wenn es denn etwas zu Fliehen gegeben hätte. Aber so … Entmutigt ließ sie sich auf den Stuhl zurück fallen. Ihr war nur noch zum Heulen. „Ich kann das nicht.“
    Prompt zog sich die gestrenge Frau vor ihr die dicke Hornbrille vom Gesicht – und verwandelte sich wieder zurück in Andrea, die beste Freundin.
    „Du warst doch ganz gut, bis ich wirklich zu fies geworden bin“, beteuerte diese sofort. „Solche Fragen werden die dir morgen bestimmt nicht stellen.“
    „Meinst du?“ Franziska war sich ganz und gar nicht sicher. Die Angst, dem Jüngsten Gericht gegenübertreten zu müssen, war im Moment überwältigend.
    „Ja, allerdings meine ich auch, dass du zumindest den Titel deiner Doktorarbeit fehlerfrei aufsagen können solltest.“
    Das war in der Tat ein Haken. Wenn sie nervös war – und, gelinde ausgedrückt, das war sie –  setzte ihr Gehirn regelmäßig aus. Die einfachsten Dinge wurden dann zu einer schier unüberwindbaren Hürde. Das hatte alle bisher angestandenen Prüfungen bereits im Vorfeld zu einem Albtraum werden lassen. Dem sie nur durch allergründlichste Vorbereitung einigermaßen begegnen konnte. Das Physikum und auch das Hammerexamen hatte sie auf diese Weise bestanden. Deshalb war Franziska mit der gleichen Entschlossenheit an die Vorbereitung ihres ersten Vorstellungsgespräches gegangen. Mit Andrea als ultrastrenger Prüferin.
    Und dennoch … sie war so nervös! „Dosisabhängige Wirksamkeit von intrakoronar appliziertem Trimetazidine ...“ Jetzt, ohne Druck, kam ihr der Titel ihrer Promotionsarbeit wieder leicht über die Lippen. „Weißt du was, ich nehme meine Unterlagen einfach mit ins Vorstellungsgespräch, dass ich notfalls ablesen kann.“
    „Eine ausgezeichnete Idee“, bestätigte Andrea auch sofort. „Und vielleicht legst du auch eine kleine Zusammenfassung deiner bisherigen Ergebnisse dazu, damit du on der Lage bist, Professor Schultheiß schlüssig zu erklären, warum du nur bei ihm
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