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Der letzte Bissen

Der letzte Bissen

Titel: Der letzte Bissen
Autoren: Leo P. Ard
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betrat Liebisch etwas zögernd den Raum und nickte dem Staatssekretär verlegen zu. Als Bastian hinter ihm auftauchte und lässig die Hand zum Gruß hob, spürte Eberwein ein Grummeln in der Magengegend, das sich zu einem Tornado entwickelte, als Sarah hereinspazierte.
    Eberwein fühlte sich wie damals, als er das erste Mal Gast in einer Live-Talkshow gewesen war. Er war zweiundzwanzig und zufällig Zeuge eines Banküberfalls. Helfen oder gaffen lautete der unbeholfene Titel der Show, in der er auf Wunsch des Redakteurs seine Gewissensnöte angesichts eines Schwerverletzten am Tatort schildern sollte. Alle Spots und Kameras waren auf Eberwein gerichtet gewesen und er hatte gewusst, dass nicht nur Millionen, sondern auch seine Eltern, Freunde und Bekannten zuschauten. Vom Hals abwärts wurde sein ganzer Körper gefühllos, schien nicht zu ihm zu gehören. Er hätte sich in die Hose machen können, er hätte es nicht gespürt.
    Und nun, zwanzig Jahre später, hatte er ein Déjà-vu.
    Sarah ging auf Eberwein zu, holte aus und schlug zu.
    »Aua!«
    Sie drehte sich zum verblüfften Innenminister um. »Das hat mit der Sache nichts zu tun. Das war rein privat.«
     

74.
     
    Bastian stand am Herd. Im Backofen brutzelte ein Nudelauflauf mit Erbsen und Safran vor sich hin, die Kruste hatte bereits eine bräunliche Färbung angenommen. Vorweg würde es einen gemischten Salat geben, Sarah war dabei, eine Salatsoße aus Olivenöl, Dijonsenf, Weißweinessig, Honig und frischen Kräutern zuzubereiten.
    Bastian warf ihr einen verstohlenen Blick zu. Seine Kollegin hatte sich für ihren letzten gemeinsamen Abend in Schale geworfen, sie trug ein hautenges, tief geschnittenes Kleid. Eine Perlenkette verzierte ihr freizügiges Dekolletee, dezente Ohrringe klimperten im lauwarmen Wind, der durch das offene Küchenfenster hereinwehte.
    Ab morgen würden sich ihre Wege wieder trennen. Sarah ging zurück in die Soko Fleisch, um sich mit den Nachfolgern von Wollweber und Co. herumzuschlagen. Und Bastian würde sich wieder zusammen mit seinem Kollegen Rippelmeyer mit dem Grässlichen beschäftigen, das anständige Menschen nur in Träumen begehen, Mord und Totschlag.
    Vor zwei Stunden hatten sie die Bescheide über die Einstellung der Ermittlungsverfahren gegen sie und einen warmen Händedruck vom Polizeipräsidenten erhalten. Sarah war vom Kempinski in die kleine Pension in der Kantstraße umgezogen und hatte sich vorgenommen, am Wochenende auf Wohnungssuche zu gehen. Bastian hatte schweren Herzens seinen Kühlschrank von Willis Nachlass befreit und das Zeug im Hinterhof verbuddelt. Sehr zum Ärger diverser Hundehalter, die von ihren Vierbeinern zu dem nicht wirklich sehenswerten Grabungsplatz gezerrt wurden. Sarah hatte Bastian nicht mehr auf ihren Streit und dessen Ursache angesprochen und er hielt es für das Beste, die Sache auf sich beruhen zu lassen.
    Um neunzehn Uhr hatten sie zusammen die Nachrichten angeschaut. Die Kanzlerin war vor die Presse getreten und hatte erklärt, dass die Regierung von den Plänen Abstand nehmen würde, dass Bundesbürger nur noch mit einer Ausreisegenehmigung Fahrten nach Russland unternehmen durften. Man wolle die Beziehungen zu Russland nicht weiter belasten. Der Vorstand des Deutschen Fußballbundes hatte beschlossen, gegenüber des FC Bayern Gnade vor Recht ergehen zu lassen - der Verein durfte in der Bundesliga bleiben. Die Strafe in Form eines Abzuges von sechs Punkten für »unsportliches und unsittliches Verhalten« war von der Vereinsspitze akzeptiert worden. Waldbrände in Spanien hatten zahlreiche Todesopfer gefordert, Olli Dittrich war zum Vorsitzenden der Goethe-Stiftung ernannt worden.
    Erst dann wurde von einer Pressekonferenz des Innenministeriums berichtet. Der Innenminister gab bekannt, dass der Versuch »krimineller Elemente«, die Bundesregierung mit gefälschtem Bild- und Filmmaterial zu diskreditieren, hatte vereitelt werden können. Im Rahmen der Ermittlungen sei Staatssekretär Eberwein von seinen Aufgaben entbunden worden und befinde sich in Untersuchungshaft. Der Innenminister kündigte eine brutalstmögliche Aufklärung an.
    Bastian und Sarah hatten herzhaft gelacht und beschlossen, sich den Abend nicht verderben zu lassen.
    Nun nahm Bastian einen Schluck aus seinem Weinglas und wischte sich die Hände an seiner Küchenschürze ab.
    »Probierst du bitte mal das Dressing.« Sarah schob sich an ihn heran und hielt ihm einen Teelöffel vor das Gesicht.
    Bastian öffnete den Mund,
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