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Der Küss des schwarzen Falken

Der Küss des schwarzen Falken

Titel: Der Küss des schwarzen Falken
Autoren: Barbara McCauley
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Blick von ihr los.
    Ärgerlich über sich selbst versuchte er, sich auf die Stimmen seiner Brüder und seiner Mutter zu konzentrieren, die gedämpft zu ihnen herausdrangen. Es war fast wie in alten Zeiten, mit dem bedeutenden Unterschied allerdings, dass Edward Sloans polternde Stimme nicht dazwischenfuhr, jetzt, da er anderthalb Meter unter der Erde ruhte.
    Zufrieden streckte Rand die Beine aus und steckte die Daumen in die Gesäßtaschen. Rechts spürte er den Brief der Anwaltskanzlei. Seth und Lizzie sind am Leben, dachte er erneut. Wo waren sie? Was taten sie jetzt? Sein Lächeln verschwand.
    “Was hat es mit diesem Geburtstagsgeschenk auf sich?”
    Rand brauchte einige Sekunden, bis er seine Gedanken zurückgeholt und Grace’ Frage begriffen hatte. “Der Fernseher war Sams Idee. Wir wussten, dass sie sich schon lange einen gewünscht hat.”
    “Heißt das, dass Sie vorher nie einen hatten?”
    “Genau das.” Rand stieß sich mit dem Stiefelabsatz ab, sodass die Hollywoodschaukel leicht hin- und herschwang. “Um es mit Edward Sloans Worten zu sagen: ‘Fernsehen ist ein Dreck, und man bekommt nur eine weiche Birne davon.’“
    “Dann hat Ihr Vater …”
    “Er ist nicht mein Vater! Edward und Mary haben mich adoptiert, als ich neun war, nachdem ich meine Eltern durch einen Autounfall verloren hatte. Edward Sloan ist, weiß Gott, nicht mein Vater!”
    Die Heftigkeit, mit der Rand sie korrigierte, überraschte Grace. Dann fiel ihr ein, was Mary gesagt hatte. Dass er heute einen schwierigen Tag habe. “Und Sam und Matt?”, fuhr sie vorsichtig fort. “Sind sie auch adoptiert?”
    “Nein. Sam kam zur Welt, ein Jahr nachdem ich ins Haus gekommen war, und Matt ein weiteres Jahr später. Es ist fast ein Witz”, sagte er, klang aber ernst. “Jahrelang hatten die Ärzte Mary und Edward erzählt, sie könnten keine Kinder bekommen. Und kaum war ich da, wurde sie schwanger.”
    Grace blickte ihn aus den Augenwinkeln an und konnte trotz des schwachen Lichts erkennen, dass sich Rands Gesichtszüge verhärtet hatten. Gern hätte sie die Hand ausgestreckt und sein Gesicht berührt. Aber sie kannte ihn schon gut genug, um zu wissen, dass er einen solchen Trost nicht würde haben wollen.
    “Sie haben Ihre Zeit hier vergeudet”, sagte er unvermittelt.
    Auch das passt ins Bild, dachte Grace. Kein Wort des Bedauerns. Kein: Es tut mir leid. Oder: Schade, dass nun nichts daraus wird. Er kam direkt zur Sache. “Nein, das stimmt nicht”, erwiderte sie und lachte leise. “Allein der Kuchen hier war es wert. Ihre Mutter sollte ein Restaurant aufmachen, wenn Sie nach Las Vegas geht. Sie würde ein Vermögen verdienen.”
    Rands Züge entspannten sich für einen Augenblick. Dann fragte er: “Warum interessieren Sie sich so für diese Pferde?”
    Die Frage war Grace nicht neu. Aber so oft sie ihr auch gestellt worden war, sie war sich noch immer nicht sicher, was sie darauf antworten sollte. Aus der Ferne hörte sie das Heulen eines Kojoten, und sie stellte sich vor, wie einsam es dort draußen sein musste.
    “Kennen Sie dieses Gefühl nicht, dass etwas Sie ganz tief in Ihrem Innern berührt, ohne dass Sie sich genau erklären können, was es ist?”
    Da Rand schwieg, fuhr sie fort: “Ich habe einen Onkel, der eine Ranch in Austin besitzt. Früher bin ich jede Sommerferien zu ihm gefahren und durfte mich dann dort um die Pferde kümmern. Schon mit acht Jahren war ich vernarrt in Pferde und nutzte jede Gelegenheit zum Reiten. Irgendwann habe ich dann mal einen Filmbericht über eine Organisation in Nevada gesehen, die eine Patenschaft für eine Herde von Wildpferden in der Nähe von Reno übernommen hatte. Ich klemmte mich ans Telefon und habe mit einem Mann namens Mitch Tanner gesprochen, der mich dann nach Reno eingeladen hat. Ich war von dieser Arbeit so begeistert, dass ich nach meiner Rückkehr sofort meine eigene Stiftung gegründet habe.” Grace schob sich das letzte Stück Kuchen in den Mund. “Der Rest ist Geschichte.”
    Rand sah sie an. “Und was hat Sie ausgerechnet hierher geführt?”
    “Das, worum es jetzt geht, ist etwas …”, Grace zögerte, “… etwas komplizierter.”
    “Wieso?”
    “Es geht um eine Gruppe von Mustangs, die sich von einer Herde abgesondert hat, die wir schon zusammengetrieben hatten, um sie umzusiedeln. Diese versprengte Gruppe hat sich in den Black River Canyon verirrt. Das könnte für die Tiere zur Falle werden, denn der Black River schwillt bei Regen stark an, und wie
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