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Der Krieger und der Prinz

Der Krieger und der Prinz

Titel: Der Krieger und der Prinz
Autoren: Merciel Liane
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Dornenlady, die das Massaker in Weidenfeld angerichtet hat, hat einen der dort ermordeten Männer als ihre Marionette benutzt. Caedric Alsarring. Ihr erinnert Euch vielleicht an ihn: Er diente Eurem Vater und Eurem Bruder. Sie hat ihn in ein Ungeheuer verwandelt und ausgeschickt, damit er Jagd auf Wistan machte.«
    »Ich glaube Euch«, sagte Leferic. Die Miene des Söldners veränderte sich nicht im Geringsten, aber diese drei simplen Worte schienen das Mädchen mehr zu beruhigen als alles andere, was Leferic hätte tun oder sagen können. Sie warf ihm einen dankbaren Blick zu und fuhr fort, wobei sie das Tuch ständig in den Händen drehte.
    »Wir mussten Tarnebrück verlassen, damit sie ihn nicht fand. Wir sind mit den Vis Sestani gegangen. Ich habe versucht, unter ihnen einen Heiler zu finden, aber … ich konnte nicht, Mylord, und er ist gestorben. Ich habe ihn mit einer Kerze im Schnee liegen lassen. Ich weiß, es war nicht richtig, aber wir hatten keine Zeit für einen geziemenden Scheiterhaufen. Es tut mir leid, Mylord. Ich hoffe, es reichte aus, dass seine Seele ihren Weg nach Hause fand.«
    »Wer ist dann das Kind, das du bei dir hast? Sag es mir noch einmal.«
    »Aubry. Er ist mein eigener Sohn.« Sie sprach grimmig und drehte weiter das Tuch, bis ihre Finger in dem verknoteten Leinen weiß wurden. »Sein Vater ist in Weidenfeld gestorben. Ich bin alles, was er hat, und er ist alles, was ich habe.«
    »Aber du wolltest ihn als Wistan ausgeben? Ist es das?«
    »Das hätte mehr Geld eingebracht.« Brys sprach das Geständnis unumwunden und ohne Scham aus. »Ja. Ich wollte behaupten, er wäre das Kind Eures Bruders, und auf eine Belohnung hoffen. Es war meine Idee. Wenn Ihr deswegen also in Zorn geraten wollt, seid auf mich zornig, nicht auf sie.«
    »Nein«, protestierte das Mädchen, »nein, das ist nicht wahr. Ich meine, es ist wahr … aber ich habe zugestimmt. Ich glaubte … ich habe geglaubt, es könnte für meinen Sohn eine Chance sein, ein bedeutender Mann zu werden. Wenn alle ihn für Wistan hielten. Deshalb habe ich zugestimmt. Aber ich kann es nicht. Ich kann nicht lügen, Mylord. Es tut mir leid, dass wir jemals auf die Idee gekommen sind. Ihr habt uns gerettet und uns hierhergebracht und uns von der Gesegneten heilen lassen, und ich wollte Euch belügen. Es tut mir leid.«
    »Das braucht dir nicht leid zu tun.« Leferic sprach die Worte vollkommen geistesabwesend und hörte sie nicht wirklich, weil die Konsequenzen ihres Plans endlich zu ihm durchgedrungen waren und ihn sprachlos machten.
    Seine erste Reaktion war in der Tat Zorn gewesen – aber das war töricht. Unnütz. Warum sollte er zornig sein? Weil sie daran gedacht hatten, ihn zu täuschen? Sie hatten es nicht getan. Indem sie die Täuschung eingestanden und sich seiner Barmherzigkeit ausgeliefert hatten, hatten sie ihm ein Gottesgeschenk dargebracht.
    »Wistan« zu adoptieren, das war die perfekte Lösung. Die Einfachheit der Idee war atemberaubend. Leferic verfluchte seine eigene Dummheit, dass er nicht schon früher daran gedacht hatte. Er hatte nie in Erwägung gezogen, dass Wistan überleben könnte oder sollte, doch die Adoption des Sohnes seines Bruders als sein Erbe würde so viele Probleme lösen. Mit einem einzigen Schlag konnte er seine eigene Herrschaft legalisieren, eine Anzahl sich sammelnder Möchtegern-Rebellen davonjagen und Galefrids Anhänger fester an sich selbst binden. Die Nachricht von »Wistans« Überleben könnte Marityas Eltern vielleicht sogar dazu veranlassen, das Geld herzugeben, das Bullenmark so dringend benötigte.
    Und falls das Kind jemals zu einer Bedrohung werden sollte, nun, dann konnte er das Mädchen heranschleppen und sie vor eine Gesegnete bringen, damit sie die Wahrheit eingestand, wie sie ihn getäuscht hatte, indem sie ihren eigenen Sohn als den wahren Erben des Reichs ausgab.
    Wie Leferic die Idee auch drehte und wendete, er konnte keine Mängel erkennen. Gewiss keine, die sich mit den Fallgruben seiner gegenwärtigen Zwangslage vergleichen ließen. Beide Eltern des Kindes waren tot, also gäbe es niemanden, der sagen konnte, ob der Junge ihnen ähnlich sah. Das Bauernmädchen hatte in etwa Marityas Gesichtsfarbe, wenn auch nichts von ihrer zarten Anmut. Die Ähnlichkeit mochte genügen.
    Oh, vielleicht würde der Junge eines Tages glauben, dass er in seinem eigenen Namen herrschen könne, aber bis er die Volljährigkeit erreichte, würden fünfzehn Jahre oder mehr vergehen. Bis dahin wollte
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