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Der große deutsche Märchenschatz

Der große deutsche Märchenschatz

Titel: Der große deutsche Märchenschatz
Autoren: Anaconda
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Vorwort
    Die Wurzeln des deutschen Volksmärchens reichen weit zurück bis in die germanische Vorzeit. Hier sind es vor allem Motive, die in der Edda überliefert sind und später im Volksmärchen allenthalben wieder auftauchen: Wettkämpfe Thors mit dem Riesen Utgardloki, die Suche Freyas nach ihrem Gatten Odin, die Riesentochter Skada oder die boshaften Zwerge. Diese in der germanischen Mythologie wurzelnden Motive finden sich märchenhaft ausgeschmückt auch in den berühmten Heldensagen um Siegfried und Diedrich und andere Recken, alles Geschichten, die gerade im Mittelalter in den höfischen Epen ihren schriftlichen Niederschlag fanden. In ihnen findet man ganze Themenstränge von Märchen. Insbesondere die Artus-Epik mit ihrem irisch-keltischen Erzählgut bereicherte, noch ins Fantastische gesteigert, die große Fülle der märchenhaften Thematik. Hier wimmelt es von Riesen, Zwergen, Drachen und weiteren dämonischen Gestalten, die der Held bekämpfen muss. Auch sind häufig in diesen Geschichten Liebesmärchen eingewoben, in denen der Held seine Geliebte aus den Fängen eines dämonischen Ungetüms befreien muss, um damit die Ordnung in der Welt wieder herzustellen. Auch darin findet sich schon ein Grundzug des Märchens schlechthin: die optimistische Weltsicht, in der das Gute letztendlich das Böse besiegt und alles wieder im rechten Lot ist.
    Auch die Geistlichkeit bediente sich im Mittelalter des Märchens. Um die christliche Lehre nicht allzu trocken und theoretisch zu vermitteln, flochten die Priester Märchen, Fabeln und Exempel in ihre Predigten ein, die Predigtmärlein. Das bezeugt, dass es neben den Märchen in der hohen Literatur auch bei der breiten analphabetischen Masse des Volkes eine Unmenge von Märchen gegeben haben muss, die von Generation zu Generation mündlich weitergegeben wurden. Darunter sind Schwankmärchen, Fabeln und Tiermärchen bezeugt, Themen also, die in der hehren Epik weniger vorkommen.
    Erst im 16. Jahrhundert treten häufiger Quellen mit schriftlich fixierten Märchen auf. So scheint das
Erdkühlein
von Martin Montanus (1557), zuerst in alemannischem Dialekt aufgezeichnet, das erste schriftlich fixierte Märchen im deutschsprachigen Raum gewesen zu sein. Goethe kannte es. Aus seinem Gartenhäuschen schrieb er 1778 an Frau von Stein: »Zum ersten Mal im Garten geschlafen, und nun Erdkülin für ewig.« Bei den Brüdern Grimm taucht dieses Märchen in einer anderen jüngeren Fassung als Einäuglein, Zweiäuglein, Dreiäuglein auf.
    Zur Zeit des Barock erschienen auch in anderen europäischen Ländern Sammlungen zumeist echter Volksmärchen. In Italien sind es die
Piacevoli Notti
(Die ergötzlichen Nächte) von Straparola (1553), dann die
Cunto de li cunti
oder
Pentamerone
von Basile (1636). In Frankreich hatte Charles Perrault Volksmärchen gesammelt und sie unter dem Titel
Contes de ma mère l’oye
(Erzählungen meiner Mutter Gans) 1697 herausgegeben. Hinzu kamen noch die Feenmärchen einer Madame d’Aulnoy und vor allem die französische Übersetzung von
Tausendundeiner Nacht
durch einen gewissen Antoine Galland. All diese Sammlungen enthielten Geschichten, die einen maßgeblichen Einfluss auf das deutsche Märchengut ausübten und aus denen auch die Brüder Grimm später schöpfen sollten.
    Im Deutschland der Aufklärung ist Johann Karl August Musäus (1735–1787) einer der ersten, der eine deutsche Märchensammlung zusammenstellte, die
Volksmärchen der Deutschen
. Es sind meist längere, novellistisch erweiterte Märchen, die sprachlich von Musäus stilisiert wurden. Obwohl die Sprache literarisch gehoben ist und in der Sammlung deutlich der Geist der Aufklärung zu spüren ist, handelt es sich doch im Kern um echte Volksmärchen. Der Weimarer Gymnasialprofessor sollte zum Wegbereiter der Brüder Grimm werden. Und die waren es auch, die dem deutschen Märchen das eigentliche Gepräge gegeben haben, und das sowohl durch den sprachlichen Stil als auch durch die Überfülle an Themen, Motiven und Varianten, die ihre Sammlung enthält. 1812 kam die erste Ausgabe der
Kinder- und Hausmärchen
der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm heraus, drei Jahre später der zweite Band. Die Absicht der beiden Brüder war es, die Märchen so rein und treu wiederzugeben, wie sie sie von ihren Erzählern und aus
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