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Der König der Narren

Der König der Narren

Titel: Der König der Narren
Autoren: Tanja Kinkel
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Gängen begegneten sie anderen W eberinnen, aber im Gegensatz zu den Leuten auf der Stra ß e sprach n ie m and ihre Mutter an; m an begrüßte sich nur durch ein r e spektvolles Nicken und glitt aneinander vorbei. W erde ich in ein paar J ahren auch so s ei n ?, fragte sich Res.
    Endlich kamen sie in einen Bereich, in dem sie nie zuvor gewesen war; das Herz des Gebäudes, den B l ütenkelch. Hier gab es so gut wie überhaupt kein Licht mehr, doch ihre Mutter be wegte sich s o sicher, als stünde m an i m hellsten Sonnensc h ein. Res fühlte sich m it einem Mal an das Wageninnere ge m ahnt. Das half ihr nicht; es erinnerte sie an das lockende Geheimnis, das dra u ßen auf sie wartete.
    Da ihre Mutter im m er noch ihre Hand festhielt, m erkte Res, dass sie niederkniete, und tat das Gleic h e. Der Teppich unter ihren Knien fühlte sich dünn und hart an.
    »Ehrwürdi g e Pall a s«, s agte i h re M utt e r l e ise, »ich b r inge m eine Tochter, Res.«
    Aus d e m Dunkeln drang eine Sti mm e, und all m ählich erkannte Res, dass je m and dort saß, m it m ilchigen Augen und schlohweißem Haar.
    » W as hat sie getan, dass du sie m i r bringst, Krin?«
    »Sie besitzt das Talent«, erwider t e ihre Mutter, »aber ihr Herz bleibt verstockt, und sie vergeudet lieber ihre Zeit, als es zu nutzen.«
    »Ich vergeude nicht m eine Zeit«, u n terbrach Res sie. »Ich verstehe nur nicht, warum ich m i ch j e tzt schon hinsetzen soll, um genau das Gleiche zu tun, was alle anderen W eberinnen seit der Entstehung der Ebene von Kenfra getan haben.
    Warum kann ich nicht etwas and e res tun? W arum kann ich die Welt nicht sehen, bevor ich sie darstelle?«
    Ihre Mutter seufzte. Die Gesta l t im Dunkeln dagegen lachte.
    »Ich habe Siridom nie verlassen, Kind«, sagte sie, »und doch weiß ich m ehr von Phantásien als alle A ngehörigen der Kauf m a nnsgilde zusam m en. Nun gut, Krin, ich werde sehen, was sich m it der Kleinen tun lässt.«
    »Die Kleine« genannt zu werden, w o sie doch bereits fast so groß wie ihre Mutter war, fand Res so de m ütigend wie den gesa m t en Gang hierher. Die Hand ihrer Mutter öffnete sich, und Res g l aubte zu begreifen, worauf das Ganze hinaussollte. Das also würde ihre Strafe sein; hier gelassen zu werden, im Dunkeln m it der unhei m lichen Pallas, um sich weitere Reden über die Pflichten einer W eberin von Siridom anzuhören. Oder darüber, was für eine Ehre es war, als künftige W eberin auch nur in Erwägung gezogen zu w erden.
    Sie hatte heute einen K orb geöffnet, obwohl sie darauf gefasst gewesen war, dass sich darin e i n U ngeheuer befinden könnte, keine har m lose Katze. Eine alte Frau und endlose Reden konnten sie gewiss nicht einschüchtern. Sie hoffte nur, dass die Katze nicht auf die Idee ka m , vor ihrer Rückkehr zu verschwinden oder einem anderen ihre Geschichte zu erzählen.
    »Sei würdig, Res«, sagte ihre Mutter in drängendem Ton, dann entfernten sich ihre Sc h ritte.
    » W oran denkst du, Kind ? «, fragte Pallas, und Res beschloss, so nahe an der Wahrheit wie m öglich zu bleiben.
    »An den leeren Tross, der heute anka m . Daran, dass die Marktfrau Dazu m al behauptet, Ähnliches sei bereits häufiger geschehen und die Kauf m annsgilde hätte es verhei m li c ht. Daran, was das alles zu bedeuten hat.«
    »Und in keinem Winkel deines Herzens ist ein Gedanke für das Hier und Jetzt ? «
    »Aber das, was geschieht, das, was verhei m licht wird, das ist das Hier und Jetzt«, entgegnete Res heftig. »Und wenn m eine Mutter keine W eberin wäre und nicht wollte, dass ich auch eine werde, dann wüsste ich schon längst m ehr.«
    »H m . Weißt du, was ich hier tue, Kind ? «
    »Nein«, antworte Res ehrlich.
    »Dann ist es ein Geheimnis für dich Sag m i r, ist es nicht einfacher, das Gehei m nis zu ergründen, das vor dir liegt, als einem hinterherzujagen, an dem du doch nichts ändern kannst ? «
    » W er sagt, dass ich nichts ändern kann ? «, m u r m elte Res, dann gab sie sich einen Ruck und f r agte: »Was tust du hier ? «
    »Hätte s t du m i ch eher g efragt«, e r widerte Pallas, »hätte ich es dir vielleicht verraten. Da es dir jedo c h nicht wic h tig ersch e int, wirst d u es selbst herausfinden müssen durch das, was ich dich tun lasse. Und nun«, endete sie, »gib m i r deine Hand.«
    Res zuckte zusam m en, als s i ch d ie weißen Finger über den ihren schlossen. S i e hatte Pallas für eine alte Frau gehalten und eine ausgedörrte, sehnige Hand erwartet. Stattdes
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