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Der König der Narren

Der König der Narren

Titel: Der König der Narren
Autoren: Tanja Kinkel
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weißt, dass du es möchtest.
    » W o warst du ? «, fragte Res, während sie ihre Finger in dem weichen Fell der Katze vergrub und b e gann, sie zu streicheln. Das Tier fing an zu schnurren, und sie spürte den warmen Körper unter ihren Fingern vibrieren.
    Ich komme und gehe, wie es mir gefällt. Ich bin eine Katze, erwiderte d ie K a tze, a ls s e i n ichts s elb s t v erstän d lich e r.
    »Kannst du m i r verraten, was genau m it d e m Tross geschehen ist? Hast du es m iterlebt, d a s Nicht s ? W as ist e s ?«
    Fragen, Fragen. Du weißt, was du weißt.
    Res hörte mit dem Kraulen auf, und die Schwanzspitze der Katze zuckte unwillig.
    Mach weite r .
    »Das Nichts«, beharrte Res.
    Wenn ich es wirklich erlebt hätte, sagte die Katze, dann wäre ich jetzt nicht hier. Es ist eine ganz und gar unkätzische Angelegenheit und fühlt sich an, als sei man ein blindes Neugeborenes. Früher oder später kommt es a u ch z u euch. B r ing mich weg von hier. Ich brauche jemanden, der für meine Weiterreise sorgt, und du scheinst nicht ganz so hundedumm zu sein wie der Rest in diesem Ort.
    »Du m achst dir wohl nur um dich selbst S o rge n ?«, fragte Res anklagend.
    Die Katze d rehte ihr den Kopf zu und m usterte s ie aus inzwischen halb geschlossenen Augen. Natürlich. Ich bin eine Katze.
     

KAPITEL 3
     
    Res spürte die dünnen Seidenfaden unter ihren Fingerspitzen und erinnerte sich gerade daran, dass Seide bei Teppichen für gewöhnlich nur zur Darstellung von Wundern ver w endet wurde, als ihr klar wurde, m it wel c her Au f gabe Pall a s im Arachnion b etra u t war. I hre Augen hatten sich zwar ein wenig an das Dunkel gewöhnt, doch noch im m er konnte sie kaum m ehr als das schlohweiße Haar von Pallas’ vorgebeugtem Kopf erkennen.
    Sie räusperte sich. »Du betreust d i e ältesten Te p piche, nic h t wahr? Diejenigen, die so alt sind, dass sie im Licht zu Staub zerfallen würden. Du findest heraus, welche A r t von Fäden bei ihrer Erschaffung benutzt wurde, und besserst sie a u s, da m it sie weiterleben können.«
    Das unsichtbare Lächeln drang durch Pallas’ Stim m e wie eine dunkle Glocke. »Und ich dachte, du sch m ollst zu sehr, um deinen Verstand zu gebrauche n . Ja, das stimmt, Res.« Ihr weißes Haupt hob sich. »Niemand sonst darf die ältesten Gewebe berühren. Sie sind unser Erbe. Wenn ich einen Fehler beginge, auch nur einen, würde sich das nie m ehr gu t m a chen lassen.«
    Das Vertrauen, das die Weberinnen in Pallas haben m ussten, die Ehre, die i h r zuteil wurde, all das b r eitete sich vor Res aus wie ein prächtiger T eppich, der entr o llt wu r de. Doch ihr W iderspruchsgei s t trieb sie dazu, Pallas herauszufordern.
    »Aber hast du dir nie gewünscht, etwas zu verändern ? « fragte sie in die Dunkelheit hinein. » W enn du spürst, dass ein Baum ursprünglich braun d argestellt w urde, a b er d ir d enkst, d a ss er in Pu r pur i n teressa n ter w äre? Oder wenn du Ygra m ul, die Viele, zum zwölften Mal durch schwarze Seidenknöpfchen gezeich n et findest, h ast du dir nie überlegt, dass graues Taugespinst viel unhei m licher wirken würde? Und wer könnte dich daran hindern, etwas zu verändern, wenn du es will s t?«
    Noch ehe das letzte W o rt ihrem Mund entflohen war, wurde Res bewusst, dass ihre Beispiele an Pallas abperlen würden. W as konnten Pallas einzelne Farben bedeuten? N u r ein etwas anderes Gefühl unter ihren F i ngern. Trotzde m , auf das Prinzip kam es ihr an, und sie wartete gespannt, ob Pallas wütend w e rden und sie hinauswerfen würde.
    »Mein eigenes Gewissen würde m i ch daran hindern«, gab Pallas ruhig zurück.
    Res war enttäusc h t . Sie wusste nicht, waru m , aber es war i h r m it einem Mal wichtig zu b eweisen, d a s s Pallas die Gedu l d verlieren und aufbrausen konnte wie jeder andere Phantasier auch. »Aber hast du dir nie, wirklich nie ge w ünscht, etwas zu verändern ? «, beharrte sie.
    Eine weitere Frage kam ihr in den Sinn, die Pallas gewiss ihre Beherrschung kosten würde, die Frage, ob Pallas sich nie danach gesehnt hatte, sehen zu können. Aber diese Frage zu stellen w äre g rausam g e wesen, und Res wollte Pallas nicht verletzen. Sie w ollte nur diese überlegene, eherne Ruhe du r chbrechen. Ihre eigenen G edanken liefen hierhin und dahin, von der gehei m nisvollen Bedrohung durch das Nichts zu der Furcht, die G ilde könnte Lesterfeld und eine Menge ander e r g l eich ihm in ihr Ver d erben geschickt haben, bis zu d e m alltäglichen
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