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Der König der Narren

Der König der Narren

Titel: Der König der Narren
Autoren: Tanja Kinkel
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Gründe auszuhorchen, doch der Junge von den Grasleuten schwieg sich aus.
    » W enn ihr m i ch fragt«, erklärte der Dschinn Linus abends beim Lagerfeuer den neuesten Anköm m l i ngen, die er von früher her kannte, »liegt es an Xayide.« Er schaute sich u m , ob irgendwo einer der schwarzen Panzerriese n , die Xayide dienten, zu sehen waren, entdeckte keinen und fuhr bedeutsam fort: »Mein Vetter Illuán steht vor Bastians Zelt W ache, und er schwört, dass Xayide unserer verschwundenen Fürstin gleichkom m t .«
    Seine alten Bekannten blickten s i ch an und erklärten beunruhigt, dann sei es u m so wichtiger, dass sie m it d e m Re t t er sprächen.
    »Das schla g t euch lie b er gleich aus dem Kopf, ihr zwei. Zum einen seid ihr nicht die E i nzigen, die m it ihm sprechen wollen. Das will h ier j e der. Zum anderen wü r de m ir Illu á n nie v e rg e ben, wenn ich zwei Mi tglieder ei ne s«, er senkte die Stimme so sehr, dass m a n ihn nur m it größter Anstrengung noch verstehen konnte, »Mördersyndikats auch nur in die Nähe seines Herrn lasse.«
    »Lässt er d i c h denn in die Nähe des Retters ? «
    »Schschsch«, sagte der Dschinn, u n d seine Fingerspitzen wurden zu blauem Rauch, als er aufgere g t m it den Händen in der Luft heru m wedelte. »Nie m and weiß hier von den, äh, nicht so rüh m lichen Teilen m einer Ver g ang e nheit. Und bit t e versucht nicht, m i ch zu erpressen. Als Illuán m ir g est a tt e t h a t, hier m itzureisen, m usste ich i h m schwören, alles zu tun, um Mörder von Bastian fern zu halten, und unter uns Dschinn ist ein Eid bindend. Ich würde m i ch sofort für im m er in Rauch verwa n deln und v ermutlich in X ayides W asserpfeife landen, wenn ich ihn bräche. Ich flehe euch an, lasst m i r doch m ein neues Leben. Haben wir nicht alle n o ch ein m al eine Chance b eko mm en ? «
    Die beiden Besucher schwiegen. »Nun gut«, sagte einer von ihnen schließlich. »Aber ein Geschenk üb e rgeben darfst du dem R e tter bestim m t . Es ist ganz und gar nicht schädlich, das kann jeder Zauberer hier im Zug überprüfen, einschließlich Xayides.«
    »Das lässt sich m achen«, entgegnete der Dschinn Linus sichtlich erl e ichtert.
    »Dann haben wir nur noch eine Fra g e: Hast du irgendwo in dieser Karawane eine Katze gesehen ? «
     
    Das Zelt, in dem Bastian lebte, war das prächtigste des Zuges, und die edle Seide, die feinen goldenen und silbernen Stickereien, aus denen es bestand, hatten sein Auge so verwöhnt, dass es eine W eile dauerte, bis ihm ein neuer Teppich auffiel, der über den weichen Kissen im Zeltinneren ausgebreitet lag. Dann allerdings sah er ihn sich näher an, denn der Teppich zeigte nicht einfach nur Mu s t er, er zeigte Gestalten. E i nige erkannte er wieder; da war Mondenkind auf der Leiter des Alten vom Wandernden Berge, dort je m and, d e r ein Silbergr e is od e r ein Sassa fr anier s e in musste. Ande r e waren ihm völlig unbekannt; Sandstür m e, die Gesichter besaßen, Wale m it Inseln auf ihren Rücken, eine Stadt aus Kristallpyra m iden. Immer wieder tauchten drei Figuren auf, m it denen er überhaupt nichts anfangen konnte: ein Mann, ein Mädchen und eine K a tze, die aus unerfindlichen Gründen alle in einem e i genartigen Blau erschienen. Auf einem Abschnitt des Teppichs st a nden die dr e i in m itten äußerst m erkwürdig e r Gebäude neben einem Affen. Er ver s uchte gerade, sich einen Reim auf das Ganze zu m achen, als der D schinn Illuán eintrat und Xayide ankündigte.
    »Ah«, sagte sie m it ihrer verschleierten Stim m e, w obei sie mit einem Blick den Teppich streifte, »wie ich sehe, hast du ein Geschenk der W eberinnen von Siridom erhalten, Herr und Meister.«
    »Ich habe noch nie von ihnen gehört«, antwortete Bastian neugierig.
    Xayide u m s chritt den Teppich u n d m einte: » Sie sind f ür ihre handwerkliche Kunst berüh m t, a b er nicht für ihren Verstand. Man stelle sich vor: ein Teppich über die Bedrohung durch das Nichts und über Phantásiens Errettung, und du bist nirgend w o darauf zu sehen!«
    »Das stellt der Teppich dar ? «, fra g te Bastian und spürte l e ise Enttäuschung und einen Hauch von Empörung in sich aufsteigen. Gewiss, er konnte sich nicht m ehr an alle Kleinigkeiten der Unendlichen Gesc hi chte erinnern; aus irgendeinem Grund gab es, je länger er in Phantási e n weilte, im m er mehr Lücken in seinem Gedächtnis, was seine W elt betraf. Aber ihn ein f ach wegzulassen war unerhört und undankbar, das
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