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Der Knochenmann

Der Knochenmann

Titel: Der Knochenmann
Autoren: Wolf Haas
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trotzdem so lange nicht erwischt wird, ist es dem Brenner jetzt durch den Kopf gegangen. Weil zuerst hat er die Knochen vom Söldner-Vermittler nicht ordentlich beseitigt. Und dann ist er mit seiner Schwiegertochter erst abgefahren, nachdem sie ihm den Detektiv schon ins Haus bestellt hat.
    Und wie er den Erpresser Ortovic zerlegt hat, hat er geglaubt, er kann den Verdacht auf den eben erst verschwundenen Milovanovic lenken, indem er den Kopf beim Fußballverein deponiert. Aber da hat der Wirt die Rechnung ohne den Milovanovic gemacht, ist es dem Brenner schnell noch durch den Kopf gegangen, wie der Alte die Hacke endlich herausgerissen und schon wieder über dem Kopf gehabt hat.
    Aber interessant! Sein Kopfweh ist jetzt, wo der Alte aus einem halben Meter Entfernung genau auf seinen Schädel gezielt hat, wie weggezaubert gewesen.
    Und siehst du, darum sage ich immer, man darf im Leben nie die Hoffnung aufgeben. Da gibt es diesen alten Spruch: Wenn du glaubst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her. Das Lichtlein ist aber nur symbolisch gemeint. Weil im Fall vom Brenner wäre ein Lichtlein ja genau das falsche gewesen. Weil im Lichtlein hätte der alte Löschenkohl den Kopf vom Brenner ja wie auf dem Präsentierteller vor sich gehabt. Und das ist jetzt wirklich interessant: Das Hoffnungslichtlein für den Brenner ist ausgerechnet gewesen, daß jemand das Lichtlein im Kühlraum ausgedreht hat.
    «Laß die Hacke fallen, Vater.»
    Der Brenner hat den jungen Löschenkohl in der Dunkelheit fast nicht gesehen. Aber seine Stimme hat er sofort erkannt.
    «Und jetzt komm heraus», hat der Paul zu seinem Vater gesagt.
    Der Alte hat seinem Sohn anstandslos gehorcht. Der Paul hat jetzt das Licht wieder aufgedreht und den Brenner gefragt: «Fehlt Ihnen was?»
    «Mein Finger.»
    «Den kann man wieder annähen», sagt der Paul. «Ich rufe gleich die Rettung an.»
    «Wo kommen Sie eigentlich her?» fragt der Brenner.
    «Aus dem
Little Joe.
Ich hab mir mein Auto holen wollen.»
    «Wenn Sie mir das Auto noch einmal borgen, brauch ich keine Rettung.»
    «Von mir aus», sagt der Paul. Er muß einen Schock gehabt haben, weil er hat seine tote Frau und die beiden anderen Toten in den Kühlregalen nur mit einem Blick gestreift, als wäre es das ganz normale Hühner- und Schweinefleisch. Und dann ist er mit seinem Vater die Stiege hinaufgegangen.
    «Oder bestellen Sie mir doch eine Rettung», sagt der Brenner.
    «Ist gut», sagt der Paul, er hat gewirkt, wie wenn er über Nacht erwachsen geworden wäre.
    Und auch der Brenner ist ganz ruhig gewesen, als ginge es gar nicht um seinen eigenen Finger. Und es ist ihm ja auch wirklich nicht um seinen Finger gegangen, weil er sagt jetzt zum Paul: «Kennen Sie den Fabrikanten Marko, den Kunstsammler?»
    «Jaja. Der da bei meiner Frau liegt.»
    «Wissen Sie, wo er wohnt?»
    «Gewohnt hat. In St. Martin. Der alte Bauernhof am Ortsausgang.»
    «Genau. Da schicken Sie mir die Rettung hin.»
    «Wieso nicht hierher?»
    Aber da ist der Brenner schon mit seinem Finger in der einen Hand und dem Porsche-Schlüssel in der anderen am Paul und seinem Vater vorbei gewesen. Er ist noch schnell in die Küche gelaufen und hat seinen Finger in eine Plastikfolie eingewickelt, in die man normalerweise das Tiefkühlfleisch verpackt.
    Dann hat er noch ein paar Eiswürfel aus dem Kühlschrank geholt, und in eine zweite Folie hat er die Eiswürfel mitsamt dem eingepackten Finger gelegt. Weil natürlich Erste Hilfe, da haben sie bei der Polizei immer wieder einen Kurs gehabt, und da hat der Brenner genau gewußt, was er tun muß, damit der Finger länger frisch bleibt und man ihn später wieder annähen kann.
    Dann ist er in den Porsche, und das Lenkrad natürlich sofort blutverschmiert, aber kann man nichts machen.
    Wie der Brenner zur Kreuzung kommt, sieht er schon von links ein Blaulicht näher kommen. Er wartet, bis die Rettung, die aus Radkersburg heraufgerast ist, an ihm vorbei ist, und dann hängt er sich hinten an.
    Jetzt, liegt es an seiner Verletzung, oder liegt es daran, daß die Rettung so schnell unterwegs ist, aber der Brenner hat mit seinem Porsche nur mit Ach und Krach das Tempo von der Rettung halten können. Er hat sich gewundert, wieso die Rettung die ganze Zeit mit Blaulicht fährt, weil weit und breit kein Auto, und da wäre das Blaulicht nicht notwendig gewesen. Aber natürlich, die Freiwilligen haben eine Freude, wenn sie einmal einsatzmäßig fahren dürfen.
    Und dann schalten sie sogar
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