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Der kleine Dämonenberater

Der kleine Dämonenberater

Titel: Der kleine Dämonenberater
Autoren: Christopher Moore
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werfen einen mißtrauischen Blick hinüber zu der kleinen Bucht, als ob sie damit rechneten, daß das blutige Gemetzel jeden Augenblick wieder anfängt.
    Nach dem Abzug der Walfänger verlegte sich die verbliebene Bevölkerung auf Viehzucht und den Abbau von Quecksilber, das in den Hügeln der Umgebung entdeckt worden war und dessen Vorkommen sich just zu jenem Zeitpunkt dem Ende zuneigten, als die Küstenstraße durch Big Sur fertiggestellt wurde und Harpooner's Cove zu einem Touristenort wurde.
    Findige Geschäftsleute, die sich ein kleines Stück vom großen Kuchen der aufblühenden Tourismusindustrie Kaliforniens sichern wollten, ohne sich dem aufreibenden Leben in San Francisco oder Los Angeles auszusetzen, ließen sich hier nieder und bauten Motels oder eröffneten Souvenirläden, Restaurants und Maklerbüros. Die Hügel der Umgebung wurden aufgeteilt. Aus Kiefernwäldern und Weiden wurden Apartmentkomplexe mit Seeblick, die für ein Butterbrot Touristen aus der kalifornischen Hochebene als Altersruhesitze angedreht wurden.
    Wieder wuchs der Ort. Neben Pensionären waren es vor allem junge Ehepaare, die vor der Hektik der Großstädte geflohen waren, um hier ihre Kinder in der Beschaulichkeit einer Kleinstadt an der Küste großzuziehen. Harpooner's Cove wurde zu einer Stadt der Frischvermählten und Leute, die mit einem Fuß im Grab standen.
    In den sechziger Jahren gelangten die jüngeren, umweltbewußten Einwohner des Ortes zu der Überzeugung, daß der Name Harpooner's Cove zu sehr an eine unselige Epoche gemahnte und daß der Name Pine Cove dem bukolischen Bild der Idylle, von dem der Wohlstand des Ortes abhing, wesentlich eher entsprach. Und so wurde mit einem Federstrich und dem Aufstellen eines neuen Ortsschildes – Willkommen in Pine Cove, dem Tor zum Big Sur – die Geschichte entsorgt.
    Das Geschäftsleben spielte sich auf einem acht Blocks langen Abschnitt der Cypress Street ab, die parallel zur Küstenstraße verlief. Die Häuser hatten Fachwerkfassaden im Pseudo-Tudor-Stil, was Pine Cove aus der Mehrzahl der Städte an der kalifornischen Küste heraushob, die von spanisch-maurischer Architektur geprägt waren. Einige der alten Häuser standen noch immer, und der Hauch des Wilden Westens, der diese rohen Holzbauten umwehte, bereitete den Honoratioren der Handelskammer einige Kopfschmerzen, für sie konnte der Ort gar nicht englisch genug sein, um ihn für Touristen attraktiv zu machen.
    Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, eröffneten an der Cypress Street schließlich diverse pseudo-authentische altenglische Restaurants, die Touristen mit der Aussicht auf geschmacklose englische Küche zu ködern versuchten. (Seitens eines findigen Unternehmers wurde sogar der Versuch unternommen, eine echt englische Pizzeria aufzuziehen, doch scheiterte dieses Unterfangen an der Einsicht, daß gekochte Pizza ihren Eigencharakter weitgehend einbüßte.)
    Die Bewohner von Pine Cove hielten sich von jenen Restaurants fern – ähnlich wie ein hinduistischer Viehzüchter, der zwar die Profite einstreicht, selbst jedoch seine Ware nicht anrührt. Die Einheimischen aßen in den wenigen, etwas abseits gelegenen Cafés, die sich mit gutem Essen und Service einen Namen gemacht hatten und von daher ein bequemes Nischendasein inmitten der aufgeblasenen und überteuerten Touristenläden führten.
    Die Läden auf der Cypress Street erfüllten in erster Linie einen Zweck – Geld aus den Taschen der Touristen in die lokale Wirtschaft zu pumpen. Vom Standpunkt der Ortsbewohner aus betrachtet gab es dort nichts zu kaufen, das auch nur den geringsten praktischen Nutzwert besessen hätte; die Touristen, die hierhergekommen waren, um abzuschalten, fanden eine ganze Palette absonderlichster Geschenke und Andenken, mit denen man den Leuten zu Hause beweisen konnte, daß man irgendwo gewesen war. Und zwar irgendwo, wo man offensichtlich jeden Gedanken daran verdrängt hatte, daß man jemals wieder nach Hause zurückkehren würde, wo Zahnarztrechnungen und Hypotheken auf einen warteten und am Ende des Monats die Abrechnung von American Express eintrudeln würde wie ein Racheengel, der einen ins finanzielle Nichts stürzt.
    Also kauften sie. Sie kauften Wale und Seeotter aus Holz geschnitzt oder in Plastik, Messing oder Zinn gegossen. Wale und Seeotter auf Schlüsselanhängern, Postkarten, Postern, Buchumschlägen und Kondomen. Und sie kauften – vom Lesezeichen bis zur Seife – allen möglichen Unfug mit dem Aufdruck Pine Cove, das
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