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Der kleine Dämonenberater

Der kleine Dämonenberater

Titel: Der kleine Dämonenberater
Autoren: Christopher Moore
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Tor zum Big Sur.
    Im Laufe der Jahre machten sich die Geschäftsleute von Pine Cove einen Sport daraus, endlich ein Andenken zu entwickeln, das so bescheuert war, daß es sich nicht verkaufen ließ. Augustus Brine, der Inhaber des örtlichen Gemischtwarenladens, hatte einmal bei einer Sitzung des Wirtschaftsrates den Vorschlag gemacht, daß die Ladenbesitzer, ohne ihre hohen Ansprüche aufzugeben, vielleicht Kuhfladen in Einmachgläser abfüllen sollten, um diese mit Etiketten Pine Cove , das Tor zum Big Sur versehen als echten Grauwalkot zu verkaufen. Wie so oft, wenn eine Sache nach Geld riecht, wurde der ironische Unterton von Brines Vorschlag überhört und der Antrag angenommen, woraufhin ein Plan ausgearbeitet wurde, dessen Verwirklichung nur daran scheiterte, daß es an freiwilligen Helfern mangelte, die das eigentliche Abfüllen erledigten, ansonsten wären in den Regalen der Läden an der Cypress Street einzeln numerierte Einmachgläser Echter Grauwaldung zu bestaunen gewesen – allerdings wegen der begrenzten Stückzahl nur, solange der Vorrat reicht.
    Die Bewohner von Pine Cove betrieben das Melken der Touristen mit einer langsamen, methodischen Gelassenheit. Sie ließen sich Zeit und warteten ab. Das Leben in Pine Cove war ohnehin nicht von allzugroßer Hektik geprägt. Selbst der Wind, der allabendlich vom Pazifik herwehte, kroch gemächlich zwischen den Bäumen hindurch und ließ den Dorfbewohnern genügend Zeit, um in Ruhe Feuerholz einzusammeln, ihre Kaminfeuer in Gang zu bringen und sich so die feuchte Kälte vom Leib zu halten. Der Zeitpunkt, zu dem die Geöffnet -Schilder in den Läden auf der Cypress Street morgens umgedreht wurden, hatte nur gelegentlich etwas mit den auf einem weiteren Schild angegebenen Öffnungszeiten zu tun – manche der Läden öffneten früher, andere später, besonders dann, wenn es ein schöner Tag war, den man auch prima mit einem Spaziergang am Strand verbringen konnte. Es war, als würden die Dorfbewohner, zufrieden mit dem friedlichen Dasein, das sie führten, einfach darauf warten, daß etwas passierte.
    Und das geschah dann auch. Etwa gegen Mitternacht in jener Nacht, als The Breeze verschwand, fingen alle Hunde in Pine Cove an zu bellen. In den folgenden fünfzehn Minuten wurden Schuhe durch die Gegend geschleudert, Flüche ausgestoßen, und beim Sheriff stand das Telefon nicht mehr still. Frauen wurden geschlagen, Pistolen geladen und Kissen verdroschen. Mrs. Feisteins zweiunddreißig Katzen würgten alle gleichzeitig Haarknäuel auf ihre Veranda. Der Blutdruck stieg, Aspirintabletten wurden aufgelöst und Milo Tobin, der örtliche Immobilienhai und Baulöwe, schaute zu seinem Vorderfenster hinaus und erblickte seine junge Nachbarin, Rosa Cruz, wie sie splitternackt ihre beiden Spitze über den Rasen vor ihrem Haus verfolgte. Dieser Anblick war zu viel für sein vom Kettenrauchen strapaziertes Herz, und so klatschte er wie ein Fisch auf den Boden und starb.
    Auf einem anderen Hügel riß Van Williams, dem Baumdoktor, endgültig der Geduldsfaden. Er hatte die Nase voll von seinen wiedergeborenen Nachbarn und ihrer Hundezucht – zumal deren sechs Labrador Retriever ohnehin die ganze Nacht hindurch bellten, ob nun ein übernatürlicher Anlaß vorlag oder nicht. Also schnappte er sich seine Motorsäge, die er sonst zur Arbeit benutzte, und kappte eine fünfunddreißig Meter hohe Monterey-Kiefer, die wie geplant haargenau auf dem neuen Dodge Evangeline der Nachbarn landete.
    Einige Minuten darauf wurde eine Waschbärfamilie, die normalerweise die Mülltonnen von Pine Cove durchstöberte, von einer seltsamen Anwandlung gepackt, und sie ließ von ihrem üblichen Tun ab, um die Stereoanlage aus dem zertrümmerten Dodge zu stehlen und sie in ihrem Bau im Inneren eines hohlen Baumstumpfes zu installieren.
    Eine Stunde, nachdem die Kakophonie begonnen hatte, hörte sie wieder auf. Die Hunde hatten ihren Spruch aufgesagt, aber wie es nun einmal so geht, wenn Hunde von nahenden Erdbeben, Tornados oder Vulkanausbrüchen warnen, wurde diese Warnung gründlich mißverstanden. Das Resultat dieser Nacht war eine allgemeine Übermüdung und schlechte Laune, eine Unzahl von Anzeigen und Schadensmeldungen an die Versicherungen, jedoch nicht der geringste Schimmer, daß irgendwas im Anmarsch war.
    Um sechs Uhr an jenem Morgen versammelte sich ein Trupp alter Männer vor dem Gemischtwarenladen und diskutierte die Ereignisse der vergangenen Nacht. Dabei ließen sie sich zu keinem
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