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Der kleine Dämonenberater

Der kleine Dämonenberater

Titel: Der kleine Dämonenberater
Autoren: Christopher Moore
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Toten, außer man legt Wert darauf, als nächster eingetütet zu werden.
    Jenny war ihre Rettung. »Seinen Chrysler hat er jedenfalls immer tipptopp in Ordnung gehalten, oder?«
    »Aber hallo.«
    »Blitzsauber war der.«
    »Sah aus wie neu, da gibt's nix zu rütteln.«
    Vance lächelte zufrieden über die allgemeine Beklommenheit, die er ausgelöst hatte. »Bis später, Jungs.« Er wandte sich zum Gehen und rasselte mit dem kleinen Mann zusammen, der unmittelbar hinter ihm stand.
    »Verzeihung, Kollege«, sagte Vance.
    Niemand hatte ihn hereinkommen sehen oder gehört, daß die Glocke über der Tür geklingelt hatte. Der Mann war Araber. Seine Haut war dunkel und seine Nase lang und krumm wie ein Haken. Außerdem war er alt – die Tränensäcke unter seinen stechenden, graublauen Augen waren von Falten und Runzeln zerfurcht. Er trug einen Anzug aus grauem Flanell, der mindestens zwei Nummern zu groß war, und dazu eine Strickmütze, die auf seinem kahlen Hinterkopf thronte. Seine verschrumpelte Erscheinung in Verbindung mit seiner geringen Körpergröße ließen ihn wie die Handpuppe eines Bauchredners wirken, die eine Ewigkeit in einem kleinen Koffer gesteckt hatte.
    Der kleine Mann fuchtelte mit seiner knochigen Hand unter Vances Nase herum und stieß einen Schwall arabischer Verwünschungen aus, der durch die Luft zu streichen schien wie ein blauer Krummsäbel. Vance stolperte rückwärts zur Tür hinaus, sprang in seinen Krankenwagen und machte sich schleunigst aus dem Staub.
    Der wütende Zornausbruch des kleinen Mannes machte jedermann im Raum sprachlos. Hatten sie da eben wirklich blaue Rauchwirbel gesehen? Waren die Zähne des Arabers wirklich nadelspitz zurechtgefeilt? Und hatten seine Augen in diesem Augenblick tatsächlich weißglühend gefunkelt? All diese Fragen wurden niemals ausgesprochen.
    Augustus Brine war der erste, der sich wieder von seinem Schrecken erholte. »Kann ich Ihnen mit irgend etwas dienen, mein Herr?«
    Der unnatürliche Schimmer in den Augen des Arabers verglomm, und er fragte höflich, ja beinahe unterwürfig: »Entschuldigen Sie bitte, doch kann ich Sie um ein klein wenig Salz angehen?«
     

-3-
TRAVIS
     
    Travis O'Hearn saß am Steuer seines fünfzehn Jahre alten Chevy Impala, den er in L.A. mit dem Geld gekauft hatte, das der Dämon einem Zuhälter abgenommen hatte. Der Dämon stand keuchend und sabbernd wie ein Irischer Setter auf dem Beifahrersitz, hatte den Kopf zum Fenster hinausgestreckt und ließ sich den Seewind um die Nase wehen. Von Zeit zu Zeit zog er den Kopf zurück, schaute hinüber zu Travis und sang wie ein bockiges kleines Kind: »Deine Mutter lutscht Schwänze in der Hö-hölle, deine Mutter lutscht Schwänze in der Hö-hölle.« Damit das Ganze besser zur Geltung kam, ließ er seinen Kopf nach jedem Vers ein paarmal um die eigene Achse rotieren.
    Die beiden hatten in einem billigen Motel nördlich von San Junipero übernachtet, wobei sich der Dämon im Kabelfernsehen die ungeschnittene Version des Exorzisten angeschaut hatte, was sein Lieblingsfilm war. Wenigstens war das besser, so dachte Travis, als beim letzten Mal, wo der Dämon Der Zauberer von Oz sehen wollte und danach den ganzen Tag lang einen fliegenden Affen nachgemacht und geschrien hatte: »Das gilt auch für deinen kleinen Hund.«
    »Catch, jetzt bleib gefälligst ruhig sitzen«, sagte Travis. »Ich versuche zu fahren.«
    Seit er in der Nacht zuvor den Anhalter gefressen hatte, stand der Dämon irgendwie unter Strom. Der Kerl mußte auf Koks oder Speed gewesen sein. Wie kam es nur, daß Drogen bei ihm Wirkung zeigten, wenn man ihm mit Gift nicht beikommen konnte? Es war ein Rätsel.
    Der Dämon tippte Travis mit seiner langen Reptilienklaue auf die Schulter. »Ich will auf der Motorhaube fahren«, sagte er. Seine Stimme klang wie eine Dose rostiger Nägel.
    »Nur zu«, sagte Travis und machte eine einladende Handbewegung.
    Der Dämon kletterte zum Fenster hinaus auf die Vorderpartie des Wagens und saß da wie eine höllische Kühlerfigur, und seine gespaltene Zunge flatterte im Wind wie eine sturmgepeitschte Standarte, die die Windschutzscheibe mit Schleim einsabberte. Travis schaltete den Scheibenwischer ein und war froh, als er feststellte, daß der Chevy eine Intervallschaltung hatte.
    Er hatte in L.A. einen ganzen Tag gebraucht, bis er einen Zuhälter gefunden hatte, der so aussah, als ob er so viel Geld mit sich herumschleppte, daß sie sich einen Wagen kaufen konnten. Danach hatte es einen
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