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Der kleine Dämonenberater

Der kleine Dämonenberater

Titel: Der kleine Dämonenberater
Autoren: Christopher Moore
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weiteren Tag gedauert, bis der Dämon ihn an einem abgelegenen Ort in die Krallen bekam, um ihn in Ruhe verspeisen zu können. Travis bestand darauf, daß Catch beim Essen auf Gesellschaft verzichtete. Zum einen wurde er in diesen Augenblicken auch für andere Menschen sichtbar, und außerdem wuchs er dabei auf das Dreifache seiner Normalgröße heran.
    Travis hatte einen immer wiederkehrenden Alptraum, daß er in eine Situation kam, in der er die seltsamen Eßgewohnheiten seines Reisegefährten erklären mußte.
    In diesem Traum ging Travis eine Straße entlang, und plötzlich tippte ein Polizist ihm auf die Schulter.
    »Entschuldigen Sie, Sir«, sagte der Polizist.
    Wie in einer Zeitlupensequenz aus einem Pekinpah-Film drehte Travis sich herum. »Ja bitte«, antwortete er.
    Der Polizist sagte: »Ich möchte Ihnen keine Unannehmlichkeiten bereiten, aber dieser große, schuppige Kerl da drüben, der gerade den Bürgermeister verputzt – kennen Sie den?« Und dabei deutete der Polizist auf den Dämon, der in diesem Augenblick gerade einem Mann in einem Nadelstreifenanzug aus Polyester den Kopf abbiß.
    »O ja, in der Tat«, sagte Travis. »Das ist Catch. Er ist ein Dämon. Er muß alle zwei Tage jemanden auffressen, oder er wird stinkig. Ich kenne ihn jetzt schon seit siebzig Jahren. Ich kann mich für seine Charakterlosigkeit verbürgen.«
    Der Polizist hatte all das schon tausendmal gehört. Er sagte: »Es gibt eine Verwaltungsvorschrift, die es untersagt, gewählte Volksvertreter dieser Stadt zu verspeisen, es sei denn, Sie können einen Berechtigungsschein vorweisen. Kann ich Ihren Berechtigungsschein sehen?«
    »Das tut mir leid«, sagte Travis. »Ich habe keinen Berechtigungsschein, aber ich würde mir sofort einen besorgen, wenn Sie mir sagen, wohin ich mich wenden muß?«
    Der Polizist stieß einen Seufzer aus, nahm einen Block mit Strafzetteln zur Hand und begann zu schreiben. »Den bekommen Sie nur vom Bürgermeister, und Ihr Freund scheint gerade den letzten Rest von ihm zu schlucken. Wir mögen hier keine Fremden, die unseren Bürgermeister fressen. Leider muß ich Sie dafür haftbar machen.«
    Travis protestierte: »Aber wenn ich noch einen Strafzettel bekomme, ist mein Punktekonto so hoch, daß mir die Versicherung kündigt.« Dieser Teil seines Traumes war ihm immer ein Rätsel geblieben. Der Polizist ignorierte seinen Protest und schrieb ungerührt weiter seinen Strafzettel aus. Sogar in seinem Traum machte er nur seinen Job.
    Travis fand es ziemlich fies, daß Catch sich sogar in seine Träume einschlich. Wenigstens im Schlaf wollte er seine Ruhe vor dem Dämon haben, mit dem er nun schon seit siebzig Jahren zusammen war und vielleicht bis in alle Ewigkeit zusammenbleiben würde, wenn er nicht eine Möglichkeit fand, ihn zur Hölle zurückzuschicken.
    Für einen Mann von Neunzig hatte sich Travis erstaunlich gut gehalten. Um genau zu sein, wirkte er kaum älter als Zwanzig, und so alt war er gewesen, als er den Dämon gerufen hatte. Travis hatte dunkles Haar und dunkle Augen. Er war drahtig, und sein scharf geschnittenes Gesicht hätte bösartig gewirkt, wäre da nicht jene Verwirrung gewesen, die aus seinem Blick sprach, als gäbe es eine Antwort, die ihm völlige Klarheit über das gesamte Leben verschaffen würde, wenn er sich nur an die Frage erinnern könnte.
    Er hätte sich nie träumen lassen, daß er jemals endlose Tage unterwegs in Gesellschaft eines Dämonen verbringen und sich den Kopf darüber zerbrechen würde, wie er dem Töten ein Ende bereiten konnte. Manchmal aß der Dämon täglich, dann wiederum hielt er es gelegentlich wochenlang ohne Nahrung aus. Travis konnte weder einen Grund, einen Zusammenhang noch ein Muster erkennen, das dem Ganzen zugrunde lag. Manchmal konnte er dem Dämon das Töten ausreden, bei anderen Gelegenheiten konnte er ihn lediglich auf bestimmte Opfer lenken. Dann ließ er ihn Zuhälter oder Drogendealer fressen, auf die die Menschheit auch verzichten konnte. Bei anderen Gelegenheiten allerdings war er gezwungen, Landstreicher und Vagabunden auszuwählen, deren Verschwinden nicht weiter auffallen würde, weil niemand sie vermißte.
    Es hatte Zeiten gegeben, da hatte Travis bittere Tränen vergossen, wenn er Catch einem Landstreicher oder einer Pennerin auf den Hals hetzte. Als er mit dem Dämon noch in Güterwagen durchs Land zog, hatte er sich mit etlichen Tramps angefreundet. Das war in jenen Tagen gewesen, als es noch nicht so viele Autos gab, und es war
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