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Der kleine Dämonenberater

Der kleine Dämonenberater

Titel: Der kleine Dämonenberater
Autoren: Christopher Moore
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THE BREEZE
     
    The Breeze rauschte auf dem Schleudersitz von Billy Winstons Pinto nach San Junipero. Der Pinto beschrieb eine abenteuerliche Schlangenlinie und driftete auf den Mittelstreifen zu, was daran lag, daß Billy versuchte, mit einer Hand einen Joint zu drehen, während er gleichzeitig eine Halbliterdose Coors in der anderen Hand hielt und zu einem Bob Marley Song, der aus der billigen Stereoanlage schepperte, im Takt wippte.
    »Jetzt geht die Post ab, Mon!« sagte Billy und prostete The Breeze so enthusiastisch zu, daß diesem das Bier aufs Hemd schwappte.
    The Breeze schüttelte entnervt den Kopf. »Halt die Dose runter, paß auf, wo du hinfährst, und laß mich den Joint bauen«, sagte er.
    Billys Bewunderung für The Breeze kannte keine Grenzen. The Breeze war cool, ein Partyhecht der alten Schule. Er verbrachte seine Tage am Strand und die Nächte eingehüllt in eine Wolke von Sinsemilla. The Breeze konnte die ganze Nacht durchkiffen und dazu eine Flasche Tequila niedermachen, ohne daß man ihm das Geringste anmerkte. Anschließend fuhr er dann die vierzig Meilen nach Pine Cove zurück, ohne auch nur den Funken eines Verdachts oder das geringste Mißtrauen eines Cops auf sich zu ziehen, um am nächsten Morgen Punkt neun wieder am Strand auf der Matte zu stehen und den Anschein zu erwecken, als sei der Begriff »Kater« in seinem Vokabular inexistent. In Billy Winstons Hitliste der größten Helden aller Zeiten rangierte The Breeze auf Platz zwei unmittelbar hinter David Bowie.
    The Breeze rollte den Joint, steckte ihn an und reichte ihn Billy zum Anrauchen.
    »Was feiern wir denn?« krächzte Billy in dem verzweifelten Versuch, den Rauch unten zu halten.
    The Breeze streckte den Zeigefinger in die Luft, um ihm zu bedeuten, daß er der Frage auf den Grund gehen würde, und kramte in der Tasche seines Hawaiihemdes nach dem Dionysischen Kalender: Gelegenheiten und Anlässe für Parties an allen Tagen des Jahres. Er blätterte so lange, bis er das aktuelle Datum gefunden hatte, und verkündete dann: »Unabhängigkeitstag in Namibia.«
    »Astrein«, sagte Billy. »Ein dreifaches Hoch auf die namibische Unabhängigkeit.«
    »Hier steht«, fuhr The Breeze fort, »daß die Namibier ihre Unabhängigkeit feiern, indem sie eine ganze Giraffe am Stück grillen und verspeisen und dazu eine Mixtur aus fermentiertem Guavensaft und dem Extrakt bestimmter Baumfrösche trinken, denen magische Kräfte nachgesagt werden. Auf dem Höhepunkt der Feierlichkeiten werden alle Jungen, die ein bestimmtes Alter erreicht haben, beschnitten, und zwar mit einem scharfen Stein.«
    »Vielleicht können wir ja 'n paar Techies beschneiden, wenn's uns zu langweilig wird«, sagte Billy.
    Mit Techies bezeichnete The Breeze im allgemeinen die männlichen Studenten des San Junipero Technical College – zum größten Teil ultrakonservative Grünschnäbel mit Bürstenhaarschnitten, deren höchstes Ziel offenbar darin bestand, in der gesichtslosen Masse der Erfüllungsgehilfen der amerikanischen Industrie aufzugehen, nachdem sie in der Tretmühle des San Junipero Tech durch die Mangel gedreht, zurechtgebogen und wieder ausgespuckt worden waren.
    Das Denken der Techies war The Breeze so fern und fremd, daß er noch nicht einmal Verachtung für sie aufbrachte. Sie waren einfach Nichtexistenzen. Andererseits gab es auch weibliche Studenten am S. J. Tech, und diese lagen The Breeze erheblich mehr am Herzen. Die Aussicht darauf, zwischen den weichen Schenkeln einer jungfräulichen Ingenieurstudentin abtauchen zu können, und sei es auch nur für kurze Zeit, war der einzige Grund, warum The Breeze sich überhaupt auf das zweifelhafte Vergnügen einer vierzig Meilen langen Fahrt mit Billy Winston eingelassen hatte.
    Billy Winston war groß und so spindeldürr, daß einem sein Anblick schon fast weh tat. Darüber hinaus war er häßlich und übelriechend, und er hatte das Talent, in nahezu jeder Situation genau das Falsche zu sagen. Zu allem Überfluß hatte The Breeze ihn auch noch im Verdacht, daß er schwul war. Dieser Gedanke hatte eines Abends neue Nahrung bekommen, als er Billy Winston auf seiner Arbeitsstelle als Nachtportier in einem Hotel besucht und ihn dabei überrascht hatte, wie er eine Ausgabe des Playgirl durchblätterte. Bei den Geschäften, die The Breeze betrieb, war es nichts Ungewöhnliches, wenn man gelegentlich über die Leichen im Keller anderer Leute stolperte, und so machte es ihm auch nichts weiter aus, wenn die Leichen
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