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Der kleine Dämonenberater

Der kleine Dämonenberater

Titel: Der kleine Dämonenberater
Autoren: Christopher Moore
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War er nicht immer fair gewesen – niemand mußte bei ihm die Katze im Sack kaufen, jeder konnte erst mal probieren, was er am Start hatte. Außerdem, wer gab denn seinen Stammkunden schon mal bis zum Zahltag eine Unze auf Kredit? In diesem Business, wo es angeblich so rauh und heftig zuging, war er da nicht ein Musterbeispiel von Rechtschaffenheit? Ein wahrer Fels in der Brandung? Aufrecht und unbeugsam? Klar und wahr wie die Lehren von …
    Ein Wagen hielt etwa zwanzig Meter hinter ihm an und schaltete das Fernlicht ein. Er drehte sich nicht um. Er wußte aufgrund jahrelanger Erfahrung, daß diese Masche nur eins zu bedeuten hatte – eine Freifahrt hinter schwedischen Gardinen. The Breeze setzte seinen Weg fort, als ob er den Wagen gar nicht bemerkt hätte. Er vergrub seine Hände tief in den Taschen seiner Surfershorts, als ob ihm fürchterlich kalt wäre, fand das Kokain und steckte es samt dem Briefchen in den Mund. Seine Zunge wurde augenblicklich taub. Er hob die Hände über den Kopf, als würde er sich ergeben, und drehte sich um. Er rechnete fest damit, daß vor ihm das Blaulicht eines Streifenwagens aufleuchtete.
    Aber es waren keine Bullen. Es waren bloß zwei Typen in einem alten Chevy, die ihn verarschen wollten. Obwohl die Scheinwerfer ihn blendeten, konnte The Breeze ihre Silhouetten im Inneren des Wagens ausmachen. Er schluckte das Papier, in welches das Koks eingepackt gewesen war, herunter und stürmte wutentbrannt auf den Chevy zu. Er war stinksauer, und das Koks tat ein übriges, um die schiere Mordlust in ihm auflodern zu lassen.
    »Kommt schon raus, ihr verfickten Komiker!«
    Jemand kletterte zur Beifahrertür heraus. Es sah aus wie ein Kind, doch, nein, dafür war es zu dick – es war ein Zwerg.
    The Breeze tönte weiter: »Schnapp dir 'n Schraubenschlüssel, du kleines Stück Scheiße. »Den wirst du brauchen.«
    »Falsch«, sagte der Zwerg, und seine Stimme war tief und bedeutungschwanger.
    The Breeze ging weiter und blinzelte in das Licht der Scheinwerfer. Es war gar kein Zwerg, sondern ein ziemlich großer Kerl – ein richtiger Riese. Der sich nun auf ihn zubewegte und mit jedem Schritt noch größer wurde. Außerdem war er schnell – zu schnell. The Breeze drehte sich um und versuchte wegzurennen, doch er kam gerade mal drei Schritte weit, bevor sein Oberkörper zwischen zwei mächtigen Kiefern verschwand, die seine Knochen zermalmten, als seien es Salzstangen.
     
    Als der Chevy wieder auf den Highway fuhr, war das einzige, was von The Breeze noch übrig war, ein einzelner neongelber Segelschuh, der von den Vorbeifahrenden allenfalls mit leichtem Erstaunen zur Kenntnis genommen wurde, bis ihn zwei Tage später eine hungrige Krähe einsammelte und wegtrug. Niemandem war aufgefallen, daß noch ein Fuß darinsteckte.
     

Teil 2
Sonntag
     
    Jede mystische Erfahrung ist schierer Zufall. Natürlich gilt umgekehrt das gleiche.
     
    Tom Stoppard, Jumpers
     

-2-
PINE COVE
     
    Der Ort Pine Cove, eingerahmt von einem Kiefernwald an der Küste unmittelbar südlich der Wildnis des Big Sur an einem natürlichen Hafen. Der Ort war um 1880 von einem Farmer aus Ohio gegründet worden, dem die grünen Hügel, die die Bucht säumten, als ideales Weideland für seine Milchkühe erschienen. Die Siedlung – und mehr konnte man es bei einer Bevölkerung, die gerade mal aus zwei Familien und hundert Kühen bestand, kaum nennen – blieb zunächst namenlos, bis in den späten neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts Walfänger den Ort entdeckten und ihn Harpooner's Cove tauften.
    Die Bucht bot ihren kleinen Walfangbooten Schutz vor Wind und Wetter, und von den Hügeln aus hatte man einen guten Ausblick auf das offene Meer, wo die Grauwale vorbeizogen, so daß der Walfang florierte und mit dem Wohlstand, der sich nun einstellte, auch der Ort zu wachsen begann. Dreißig Jahre lang wehte der ölige Hauch des Todes über den zweitausend Liter fassenden Trankesseln, in denen die Wale zu Lampenöl verkocht wurden.
    Als die Wale immer weniger wurden und sich Kerosin und Elektrizität immer mehr gegen Waltran durchsetzten, kehrten die Walfänger Harpooner's Cove den Rücken und ließen nichts weiter zurück als Berge ausgebleichter Walgerippe und die riesigen Trankessel, die nun langsam vor sich hinrosteten. Selbst heute sind noch viele der Auffahrten im Ort eingerahmt von mächtigen, bleichen Rippenknochen, und bis zum heutigen Tage heben die großen Grauwale im Vorbeiziehen den Kopf aus dem Wasser und
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