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VT12 - Die Rückkehr

VT12 - Die Rückkehr

Titel: VT12 - Die Rückkehr
Autoren: Dokk
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»Ich sage dir, Julien: Es sind böse Omen!«, raunte ein Soldat seinem Begleiter zu. Die beiden patrouillierten am Rand der rund gebauten, tausend Meter durchmessenden Trägerplattform. Manchmal blieben sie stehen, beugten sich über die Brüstung und sahen prüfend hinunter zu den Feldern. Der Kaiser war in der Stadt, da wurde auf höchste Sicherheit geachtet.
    »Böse Omen!«, äffte Julien den Soldaten nach und seufzte theatralisch. »Ja, ja – die Gespenster haben wieder zugeschlagen! Weißt du was? Wir rufen sie mal! Sollte eins von ihnen antworten, lasse ich es sofort verhaften!«
    »Hör auf, Julien! Du weißt genau, dass man so nicht reden darf. Besonders nicht zu dieser Stunde! Die Sonne ist fort, und bald erwachen die Dämonen. Wenn du von ihnen sprichst, ist das für sie wie eine Einladung. Dann kommen sie hoch und suchen nach dir.«
    »Du spinnst doch, Nakumbi!« Julien lachte leise. Er klang nicht ganz so sicher, wie er es gern gehabt hätte. Man hörte den Tritt seiner Stiefel, als er über die hölzerne Landeplattform davon ging, auf der die kaiserliche Roziere vertäut lag.
    Fünf, sechs Schritte, dann kam Julien wieder zurück. Sein Kamerad hatte sich nicht vom Fleck gerührt: Nakumbi stand noch immer an der Brüstung, nahe der mannshohen Haltevorrichtung, durch die das Tau eines Trägerballons lief. Mit zunehmender Dämmerung verschmolz deren Kontur zu einer unebenen Säule. Den Mann im Schatten dahinter bemerkten die Soldaten nicht.
    »Es gibt keinen Grund, beleidigt zu sein!«, sagte Julien zu Nakumbi.
    »Doch. Den gibt es! Ständig behauptest du, ich würde spinnen, wenn ich dir erzähle, was mein Vater von seinem Vater gelernt hat, und der wiederum von seinen Vorfahren!« Nakumbis Stimme klang erregt. »Du tust immer so, als hätte ich das alles erfunden. Dabei weißt du ganz genau, dass Geister und Dämonen ein Teil unseres Landes sind! Daran ändert auch der Kaiser nichts.«
    »He, Vorsicht!«, warnte Julien scharf. Einlenkend fuhr er fort: »Hör zu. Du bist neu im Regiment, und dein Vater lebt unten in den Dörfern. Kann ja sein, dass es da Gespenster gibt. Aber mein Vater hat dem Kaiser gedient, und ich wurde hier in der Wolkenstadt geboren. Deshalb war meine Erziehung anders als deine.«
    »Ja, und? Glaubst du, Dämonen hören auf zu existieren, nur weil man nichts über sie gelernt hat?«
    »Nein, Mann!« Julien stampfte gereizt mit dem Fuß auf. »Ich sage nur, dass es kein Geist war, der Matumbos Witveer hat durchdrehen lassen. Die Gruh sind schuld, das hat der Lenker selbst zugegeben. Eins von diesen Monstern hat Matumbo angegriffen, der Vogel hat ihn beschützt, und dabei wurde er durch das Blut des Gruh infiziert. Das ist alles.«
    »Und du findest es nicht… dämonisch, wie er gewütet hat? Drei Tote und fünf zerhackte Vögel, allesamt entsetzlich zugerichtet. So was machen Witveer nie, dafür sind sie viel zu sanft. Ich sage dir: Er war besessen!«
    »Nein. Er war vergiftet«, sagte Julien. »Das hat nichts mit Gespenstern zu tun.«
    »Und die Kanone?«, beharrte Nakumbi. »Die Dampfdruckkanone auf Plattformabschnitt 6, die einfach so in die Tiefe fiel?«
    »Ihre Sicherungen waren schlecht gewartet. Als Hauptmann Bambooto Feuerbefehl gab, hat der Rückstoß die Halteseile zum Reißen gebracht. Deshalb ist sie abgestürzt. Das war kein Dämon, das war schlampige Arbeit. Und jetzt komm! Wir können hier nicht den ganzen Abend herumstehen.«
    Die beiden entfernten sich, dabei murrte Nakumbi düster: »Zwei rätselhafte Vorfälle innerhalb kürzester Zeit! Der erste ging noch glimpflich aus, der zweite hat Menschenleben gekostet. Ich bleibe dabei, Julien: Das sind böse Omen! Wenn ein weiteres Zeichen kommt, trifft es vielleicht uns alle!«
    Es war bestimmt nur Zufall, dass genau in diesem Augenblick eine plötzliche starke Böe durch die Wolkenstadt fauchte.
    Als sich das Heulen und Klappern ringsum beruhigt hatte, trat der heimliche Lauscher aus dem Schatten nahe der Brüstung. Es war kein Geringerer als Prinz Akfat, Sohn des Kaisers und Herr über Brest-à-l’Hauteur. So zumindest hätte sich der junge Mann noch vor einer Stunde tituliert. Inzwischen hatte sich das geändert, und zwar auf derart tragische Weise, dass Akfat in ein Versteck geflüchtet war. Zögernd sah er sich um.
    Weiter vorn, auf der Landeplattform, waren Soldaten mit Laternen unterwegs und prüften die Seile der kaiserlichen Roziere. Der Wind hatte den Ballon angestoßen, was die unter ihm hängende Gondel in
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