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Der Hintermann

Der Hintermann

Titel: Der Hintermann
Autoren: Daniel Silva
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Vecellio«, sagte Isherwood und führte damit ihren Gedanken zu Ende. »Besser als Tizian bekannt.«
    »Glückwunsch, Julian«, sagte Gabriel lächelnd. »Du hast für lachhafte zwanzigtausend Pfund einen Tizian an Land gezogen. Jetzt musst du nur noch einen Restaurator finden, der es wieder in Form bringen kann.«
    »Wie viel?«, fragte Isherwood.
    Gabriel runzelte die Stirn. »Es braucht schrecklich viel Arbeit.«
    »Wie viel?«, wiederholte Isherwood.
    »Zweihunderttausend Dollar.«
    »Ich könnte jemanden finden, der’s für die Hälfte macht.«
    »Das stimmt. Aber wir wissen beide, was passiert ist, als du das letztes Mal probiert hast.«
    »Wie bald kannst du anfangen?«
    »Bevor ich irgendwelche Verpflichtungen eingehe, muss ich in meinem Terminkalender nachsehen.«
    »Ich zahle hunderttausend als Vorschuss.«
    »Dann kann ich sofort anfangen.«
    »Ich schicke dir das Bild übermorgen nach Cornwall«, sagte Isherwood. »Die Frage ist nur: Wann bekomme ich es wieder zurück?«
    Gabriel gab keine Antwort. Er starrte kurz auf seine Armbanduhr, als verdächtige er sie, falsch zu gehen, dann sah er nachdenklich zu dem Oberlicht auf.
    Isherwood legte ihm eine beruhigende Hand auf die Schulter. »Nicht mehr dein Problem, mein Lieber«, sagte er. »Jetzt nicht mehr.«

4
    C OVENT G ARDEN
    Eine Straßensperre der Polizei kurz vor dem Leicester Square hatte den Verkehr auf der Charing Cross Road zum Erliegen gebracht. Gabriel und Chiara hasteten durch eine Nebelbank aus Auspuffgasen und gingen auf der Cranbourn Street weiter. Diese Straße war von Pubs und Coffee Bars für die Touristenhorden gesäumt, die unabhängig von der Jahreszeit Tag und Nacht ziellos durch Soho zu wandern schienen. Diesmal bemerkte Gabriel sie anscheinend gar nicht. Er hatte nur Augen für das Display seines Handys. Die Zahl der Opfer in Paris und Kopenhagen stieg weiter an.
    »Wie schlimm ist’s?«, fragte Chiara.
    »Achtundzwanzig auf den Champs-Élysées und weitere fünfunddreißig im Tivoli.«
    »Weiß man schon, wer dafür verantwortlich war?«, fragte Chiara.
    »Dafür ist’s noch zu früh«, sagte Gabriel, »aber die Franzosen glauben, es könnte die al-Qaida im islamischen Maghreb gewesen sein.«
    »Traust du ihr zu, zwei Anschläge dieser Art zu koordinieren?«
    »Sie hat Zellen in ganz Europa und Nordamerika, aber die Analysten am King Saul Boulevard haben ihr eigentlich nie recht zugetraut, spektakuläre Anschläge à la Bin Laden auszuführen.«
    Am King Saul Boulevard in Tel Aviv hatte Israels Auslandsgeheimdienst seine Zentrale. Er trug einen langen und absichtlich irreführenden Namen, der nur sehr wenig mit seinem eigentlichen Tätigkeitsbereich zu tun hatte. Für alle, die dort arbeiteten, war er »der Dienst«, sonst nichts. Selbst im Ruhestand lebende Agenten wie Gabriel und Chiara benutzten niemals seinen richtigen Namen.
    »Meinem Gefühl nach sind das keine Bin-Laden-Nachahmer«, sagte Chiara. »Ich tippe eher auf …«
    »Bagdad«, sagte Gabriel. »Für Anschläge im Freien sind die Opferzahlen hoch. Das lässt auf einen erfahrenen Bombenbastler schließen. Wenn wir Glück haben, hat er seine Signatur hinterlassen.«
    »Wir?«, fragte Chiara.
    Gabriel steckte sein Mobiltelefon wortlos ein. Sie hatten den chaotischen Kreisverkehr am Ende der Cranbourn Street erreicht. Dort gab es zwei italienische Restaurants – das Spaghetti House und das Bella Italia. Er forderte Chiara auf, sich für eines der beiden Lokale zu entscheiden.
    »Ich habe keine Lust, mein langes Wochenende in London im Bella Italia zu beginnen«, sagte sie mit düsterer Miene. »Du hast mir einen richtigen Lunch versprochen.«
    »Meiner Ansicht nach kann man’s in London weit schlechter treffen als mit dem Bella Italia.«
    »Außer man ist in Venedig geboren.«
    Gabriel lächelte. »Für uns ist ein Tisch in einem hübschen Restaurant namens Orso in der Wellington Street reserviert. Es ist sehr italienisch. Ich dachte, wir könnten über den Covent Garden dorthin gehen.«
    »Hast du überhaupt noch Lust dazu?«
    »Wir müssen etwas essen«, sagte er, »und ein Spaziergang im Park tut uns beiden gut.«
    Sie hasteten über den Kreisel in die Garrick Street, auf der zwei Beamte der Metropolitan Police in limonengrünen Jacken den arabisch aussehenden Fahrer eines weißen Kastenwagens kontrollierten. Die Besorgnis der Fußgänger war fast mit Händen greifbar. Auf einigen Gesichtern sah Gabriel blanke Angst. Auf anderen spiegelte sich grimmige
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