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Der heilige Erwin und die Liebe

Der heilige Erwin und die Liebe

Titel: Der heilige Erwin und die Liebe
Autoren: Jasna Mittler
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das ist mir noch nicht untergekommen!«
    Â»Und was sollen wir jetzt tun?«, fragt Jesus und kratzt sich an der Nase. Es macht ihn unruhig, seinen Vater so hilflos zu sehen – das stellt sein ganzes Weltbild auf den Kopf.
    Â»Ich muss da noch mal hin, da hilft alles nichts.« Gott lässt seinen Blick schweifen. Friedlich und still liegt der weite Raum vor ihm. Tiefschwarze Nacht, nur vom Funkeln der Galaxien erleuchtet. Jeder Stern eine Sonne wie die irdische, dazwischen Planeten mit Lebensformen, bei denen es ein Leichtes wäre, das Miteinander zu regeln. Und doch zieht es ihn wieder zur Erde hin. »Die Erdanziehungskraft«, denkt Er und lächelt in sich hinein. Ganz warm wird es ihm, wenn Er an Erwin und Rita denkt, seine Menschlein. Ja, Er wird noch einmal zur Erde reisen, aber diesmal wird Er besser vorbereitet sein auf das, was ihn dort erwartet. Immerhin hat Er nun Erfahrung auf dem Gebiet des Menschseins. Und apropos Erfahrung, da kommt ihm noch so ein Gedanke … »Wie wäre es, wenn du mich diesmal begleiten würdest? Deine Erfahrung als Mensch und dein Wissen in Sachen Erde, zusammen mit meiner Liebesfähigkeit – da sollten wir das doch hinkriegen, oder?«
    Jesus fallen vor Erstaunen fast die Augen aus dem Kopf. »Du meinst … ich darf mit?!«, stammelt er.
    Sein Vater nickt. »Das sag ich doch! Also, was ist, bist du dabei?«
    Â»Klar bin ich dabei!«, ruft Jesus und umarmt Gott übermütig.
    Dieser strahlt vor Freude so sehr, dass die direkte Umgebung seiner Gestalt zu funkeln beginnt. Er drück t seinen Sohn fest an sich, klatscht in die Hände, dass es wie Donner erschallt und jauchzt: » AMEN! «





it einem Tempo, das selbst die Lichtge­ schwin­digkeit in den Schatten stellt, schießt die göttliche Energie zur Erde hinab. Selten bilden Vater und Sohn eine solch innige Einheit wie in diesem entkör­perten Zustand. Sie nehmen Kurs auf Europa, auf Deutschland, auf die Stadt Köln, die sich von oben betrachtet so friedlich an den Rhein schmiegt. Sie visieren die Spitzen des Kölner Doms an, der großen Kathedrale, die vor einem Jahr bei Gottes Erdenbesuch seine erste Station war. Mit gedrosselter Geschwindigkeit schweben die beiden als unsichtbare Wolke durch die Stadt. Auf den Straßen und Plätzen tummeln sich Menschen, die mit dicker Kleidung dem feuchtkalten Wetter trotzen.
    Gott ist ganz aufgeregt. »Sieh mal, hier!«, teilt Er seinem Sohn mit. »Da bin ich auch schon langgegangen! Und da vorne, der Weihnachtsmarkt! Und dort auf der Straße, das nennt man Autos, hab ich dir davon erzählt?«
    Jesus ist erschrocken darüber, wie laut und hektisch es auf der Erde zugeht. »Die Esel damals haben mir besser gefallen«, ist sein einziger Kommentar.
    Der Plan, den die beiden entworfen haben, sieht vor, dass sie sich zunächst zwei geeignete Menschen in Erwins und Ritas Umfeld suchen, deren Körper sie sich ausleihen können. In deren Gestalt wollen sie das Paar beobachten und herausfinden, wie die Beziehung der beiden zu retten ist.
    Â»Soll ich nicht einfach noch mal in Erwin schlüpfen und dafür sorgen, dass Rita sich wieder in ihn verliebt?«, hat Gott gefragt, als sie im Himmel über ihre Mission gesprochen haben. Doch was wäre, wenn Er den menschlichen Körper wieder verlassen würde? Nach kurzer Zeit stünden Erwin und Rita vor denselben Problemen. Nein, es war notwendig, dass die beiden in ihrem menschlichen Normalzustand blieben.
    Â»Sie müssen sich bei vollem Bewusstsein lieben, sons t ist das alles Humbug!«, hatte Jesus schließlich verkündet, und Gott stimmte ihm zu.
    Das Haus, in dem Erwin seit etwa einem Jahr mit Rita lebt, ist ein unauffälliges, schmales Gebäude. Das Erdgeschoss hat Fensterscheiben aus dunkelbraunem Glas, hinter dem man die Silhouetten von Topfpflanzen sieht. Über dem Eingang prangt ein Schild mit der Aufschrift Bei Rita . Gott kann es kaum erwarten, Erwin und Rita wiederzusehen. Und auch Jesus ist gespannt darauf, die beiden Menschen kennenzulernen, die seinem Vater bei dessen Erdenbesuch so viel bedeutet haben. Plötzlich durchzuckt es die göttliche Energie wie ein Blitz.
    Â»Da!«, sendet Gott aus und lenkt die Aufmerksamkeit seines Sohnes auf einen Mann und eine Frau, die sich dem Haus nähern. Die Frau trägt eine prall ge füllte Tragetasche aus Papier, auf der Ihr frischer Gem üse­markt steht.
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