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Der heilige Erwin und die Liebe

Der heilige Erwin und die Liebe

Titel: Der heilige Erwin und die Liebe
Autoren: Jasna Mittler
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gibt es sogar eine Schaukel und ein Baumhaus!«
    Bald darauf sitzen die beiden Seite an Seite in dem Häuschen, das Gott an die Holzhütte auf dem Spielplatz erinnert. Nur dass dieses hier mit seinem fröh­lichen Anstrich viel einladender aussieht.
    Â»Jetzt erzähl schon!«, fordert Jesus ihn auf.
    Gott seufzt. Dann berichtet Er von den Brüdern, die keine Gelegenheit auslassen, ihn zu schikanieren. Von der Mutter, die erst am frühen Morgen von ihrer Nachtschicht zurückgekehrt ist und den größten Teil des Tages verschlafen hat. Dass es anscheinend keinen Vater in der Familie gibt und die Brüder tun und lassen, wozu sie Lust haben. Und das heißt vor allem: Olli-Lolli ärgern. »Und ich dachte, diesmal sei das Leben auf der Erde für mich einfacher als damals, als ich Erwin war!« Zwar hat Gott genug zu Essen und ein Dach über dem Kopf, aber allein der Gedanke an die Brüder lässt ihn erschaudern. »Und bei dir?«
    Jesus weiß gar nicht, wo er anfangen soll, so viel hat er als Erbse bereits erlebt. Seine erste Autofahrt. Der Schwimmbadbesuch, bei dem er sich sogar getraut hat, vom Einmeterbrett zu springen. Das Schwimmen hatte er zum Glück auch nach über zweitausend Jahren nicht verlernt gehabt. Das Gefühl, sich in dem warmen Wasser zu bewegen, war einfach wunderbar. Und die angenehme Müdigkeit, als er schließlich unter der Dusche stand! Das fantastische Mittagessen, das zu Hause auf ihn gewartet hat! Und wie er dann nach dem Essen drei Runden Mensch-ärgere-dich-nicht mit Erbses Eltern gespielt hat und tatsächlich jedes Mal gewann – alles das ist großartig gewesen. Aber der traurige Ausdruck auf Olli-Lollis Gesicht bremst seine Euphorie. »Och, bei mir ist’s ganz okay«, sagt er daher nur und reibt Erbses Hände gegeneinander, um sie zu wärmen.
    Â»Erbse!«, ertönt in diesem Augenblick eine Stimme vom Haus her. »Erbse, wo bist du?« Im nächsten Moment wird die Tür zum Garten aufgerissen. Eine Frau tritt heraus und sieht sich um.
    Â»Das ist Erbses Mutter«, flüstert Jesus seinem Vater zu. »Sie ist Arkti-, äh, Archti- … Also sie entwirft Häuser.«
    Â»Erbse?!«, ruft die Frau noch eindringlicher.
    Jesus streckt seinen Kopf zum Fenster des Häuschens heraus und antwortet mit seiner Mädchenstimme: »Hier bin ich, Mama!«
    Gott wundert sich darüber, wie natürlich Jesus’ Verhalten wirkt – er spielt die Rolle des kleinen Mädchens sehr überzeugend, während Gott selbst sich in dem Kinderkörper linkisch und unbeholfen fühlt. Was das betrifft, ist Er zurzeit ganz froh, dass niemand von Olli-Lolli Notiz zu nehmen scheint.
    Erbses Mutter stemmt die Hände in die Hüften. »Mensch, Erbse, du musst doch Bescheid sagen, wenn du rausgehst!«, sagt sie ärgerlich. »Ich habe dich schon überall gesucht.«
    Â»â€™tschuldigung, Mama«, erwidert Jesus kleinlaut.
    Die Mutter seufzt. »Tja, wenn die Pfannkuchen jetzt kalt geworden sind, ist das jedenfalls nicht meine Schuld.«
    Im Baumhaus wechseln Gott und Jesus einen schnellen Blick. »Ich habe Besuch, Mama!« Jesus zieht seinen Vater ebenfalls ans Fenster. »Das ist Olli!«
    Â»Olli-Lolli«, fügt Gott hinzu und deutet eine kleine Verbeugung an, »sehr erfreut.«
    Erbses Mutter wirkt überrascht. »Hatten wir nicht ver einbart, dass du uns erst fragst, bevor du jemanden einlädst?« Jesus lächelt entschuldigend.
    Â»Aber wo du schon mal da bist«, sagt die Mutter nun in versöhnlicherem Ton zu Gott, »kannst du natürlich gerne mitessen.« Und zu Erbse gewandt fügt sie hinzu: »Dann können Papa und ich deinen neuen Freund gleich mal kenn en­lernen.«
    Das lassen sich Gott und Jesus nicht zweimal sagen. Flink klettern sie die Leiter hinunter und folgen Erbses Mutter ins Haus, aus dem ihnen bereits ein köstlicher Duft entgegenweht.





urz nachdem die Mutter sie ins Haus gerufen hat, sitzen Gott und Jesus mit Erbses Eltern bei Kakao und Pfannkuchen am Abendbrottisch.
    Â»Na, dir schmeckt’s wohl?«, fragt die Mutter Gott, der gerade dabei ist, seinen fünften Pfannkuchen in Olli-Lollis Mund zu befördern.
    Â»Ausgezeichnet!«, antwortet Er kauend und wischt sich mit dem Handrücken einen Klecks Apfelmus vom Kinn. Gott kann sich nicht erinnern, bei seinem ersten Erdenbesuch etwas so Köstliches probiert zu
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