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Gangster auf der Gartenparty

Gangster auf der Gartenparty

Titel: Gangster auf der Gartenparty
Autoren: Stefan Wolf
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1. Tim und Klößchen, die Schlägertypen
     
    Zum Fürchten sahen sie aus!
    Um Klößchens Hals hing eine stählerne
Hundekette. Eine zweite wickelte er sich ums Handgelenk. Seine übergroßen
Sommer-Shorts wurden von einem Ledergürtel gehalten, der mit Nieten beschlagen
war.
    Tim — früher Tarzan genannt — zog sein
Hemd aus und schlüpfte in eine ärmellose Jeans-Weste, die er sich von einem
Mitschüler aus der 12a geborgt hatte.
    Sticker mit drohenden Symbolen
panzerten die Weste. Eine geballte Faust war dabei, ein Totenkopf und ein
zähnefletschender Panther. Über die Handgelenke schob Tim sich breite
Lederstulpen. Auch die waren mit Nieten bewehrt.

    Gaby trat einen Schritt zurück, pustete
kurz, aber nachdenklich gegen ihren Goldpony und beäugte die beiden.
    „Vom Hals abwärts stimmt’s“, stellte
sie fest. „Da möchte ich euresgleichen nicht im Dunkeln begegnen. Aber die
Gesichter sind zu freundlich.“
    Tims Gesicht vereiste. Er hob einen
Mundwinkel und zahnte Gaby an. Ein wahrhaftig tückisches Grinsen.
    „Schon besser!“ lobte sie.
    „Und ich?“
    Klößchen bleckte die Zähne, kniff die
Augen.
    Er wirkte jetzt wie ein wohlgenährter
Kochlehrling, der gerade den Pudding versalzen hat und mit seinem Frust ( Enttäuschung )
ringt.
    Aber Gaby tat, als schaudere ihr.
    „Ich kriege eine Gänsehaut, Willi.“
    „Wußte ich’s doch.“
    „Und was meinst du, Oskar?“
    Tim bückte sich zu Gabys Cocker-Spaniel
und kraulte ihn hinterm Ohr.
    Der Vierbeiner wedelte. Daß er die
beiden für gefährliche Schlägertypen hielt, war nicht zu erkennen.
    Die Sonne stand hoch. Draußen war
Sommer. Ein bunter Schmetterling „falterte“ am offenen Fenster vorbei, besann
sich, kam herein und drehte eine Runde über Karls Bett.
    In seinem Zimmer befanden sie sich — und
damit, logo!, im Haus von Professor Vierstein, Karls Vater.
    Karl war zur Zeit nicht anwesend,
sondern auf Posten. Er mußte jeden Moment anrufen; die drei warteten darauf.
    Draußen im Flur schrillte das Telefon.
    „Na also!“
    Tim rannte hinaus. In Richtung
Erdgeschoß, wo er Frau Vierstein wußte, rief er: „Das wird für uns sein, Frau
Vierstein. Der Karl. Ich gehe schon ran.“
    Sie antwortete. Aber er verstand nicht,
was sie sagte, sondern nahm den Hörer ans Ohr.
    „Macht euch auf die Socken!“ keuchte
Karl durch die Leitung. „Eben ist er los. Mit Rad und Provianttasche.“
    „In Ordnung. Ende!“
    Gaby und Klößchen standen schon neben
ihm.
    Gaby reichte ihm den Rucksack, in dem
sich nichts befand — außer einer ungeladenen Tränengaspistole und einem kleinen
Tonbandgerät. Die Pistole sah einer scharfen Waffe zum Verwechseln ähnlich.
    Sie verließen das Haus. Laue Luft wehte
aus allen Richtungen. Im Garten, den Karl manchmal pflegte — manchmal auch
nicht — , summten Bienen über wogendem Unkraut.
    Oskar lief an der Leine, von Gaby
geführt.
    Die drei sprangen auf die Drahtesel und
strampelten los.
    Krätzkows Adresse war nur sechs flotte
Minuten entfernt. Freilich endete das feine Stadtrand-Viertel, in dem die
Viersteins wohnten, auf halbem Weg.
    Die Gegend um den Ottermann-Weg, wo
Krätzkow wohnte, war letztmals in den Dreißiger Jahren ein feines Viertel gewesen.
Jetzt nagte der Verfall an den alten Häusern, und auf die blühenden Gärten
hatten Baulöwen und Spekulanten-Geschäftemacher begehrliche Blicke gerichtet.
    Über Alfons Krätzkow wußte die
TKKG-Bande einiges: Zum Beispiel, daß er in dem kleinen Haus mit einer
Italienerin zusammenlebte. Sie hieß Anna Vareno und flocht ihr hüftlanges
Schwarzhaar manchmal zu sieben dicken Zöpfen. Krätzkows Auto war ein sechs
Jahre alter, roter BMW mit zwei Dellen an der Beifahrertür.
    Tim spähte voraus.
    Als sie in den Ottermann-Weg einbogen,
trat Karl hinter einer Hecke hervor.
    Er hatte seit drei Tagen Sonnenbrand.
Seine Nase schälte sich. Aber hinter der Nickelbrille blitzten die Augen.
    „Ihr holt ihn leicht ein“, verkündete
er, als die drei bei ihm hielten. „Er fährt ganz gemächlich.“
    „Weil er nicht weiß, daß wir ihm im
Genick sitzen — wie der Teufel“, gab Klößchen als Erklärung ab.
    „Jedenfalls fährt er über die
Heckenröder Landstraße in Richtung Naturschutzgebiet“, sagte Karl zu Tim.
    „Alles klar“, nickte Tim. „Ihr bewacht
die Adresse. Vor allem: Laßt diese Anna Vareno nicht aus den Augen.“
    Karl grinste. „Wir verstecken uns im
Nachbars-Garten. Nur Büsche und Bäume. Da könnten sich hundert Mann unsichtbar
machen.
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