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Hexenkatze - Roman

Hexenkatze - Roman

Titel: Hexenkatze - Roman
Autoren: Andrea Schacht
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    »Mam, fahr etwas langsamer, da vorne läuft gleich eine Katze über die Straße!«
    Wenn Micki das so sagt, dann höre ich auf sie. Mit schlechtem Gewissen kam ich von den siebzig Stundenkilometern runter, die in dem Wohngebiet mit verkehrsberuhigtem Tempo dreißig wirklich zu viel waren. Somit konnte ich noch rechtzeitig auf die Bremse treten, als eine graugetigerte Katze mit weißen Pfoten schwerfällig über die Straße trottete. Ihr Ziel war wohl das unbebaute Grundstück gegenüber. Allerdings sträubten sich mir dennoch die Nackenhaare, und ich warnte meine Tochter: »Gleich knallt’s!«
    In diesem Moment kam ein dunkler Wagen der gehobenen Klasse um die Ecke geschossen. Gummi quietschte auf dem Pflaster, es krachte ohrenbetäubend, Glas klirrte und splitterte, und wir wurden ein ganzes Stück nach vorne geschoben. Die Tigerkatze wurde von unserer Stoßstange erfasst und flog auf den Bürgersteig.
    Micki und ich rissen gleichzeitig unsere Türen auf, um nach dem Tier zu sehen.
    Die Graugetigerte war schon recht betagt, aber dennoch sichtlich hochträchtig. Sie sah uns benommen aus wundervollen blauen Augen an, was auf eine orientalische Beimischung schließen ließ. Vertrauensvoll ließ sie sich von Micki, die ein Händchen für kranke Wesen hat, untersuchen. Unser erster Eindruck war, dass sie außer einem Schock keine Verletzung erlitten hatte. Allerdings stand die Niederkunft nahe bevor. Vermutlich war sie auf dem Weg zu ihrem Nest.
    »Wir sollten sie mitnehmen«, meinte Micki und sah mich fragend an. »Und außerdem sollten wir das Geräusch da abstellen.«
    »Das Geräusch da«, wie Micki es so feinfühlig bezeichnete, nahm ich jetzt auch wahr, da ich mich nicht mehr auf die Katze konzentrierte. Es kam aus dem Mund einer jungen Frau, die dem BMW entstiegen war. Und es war unangenehm.
    »Sind Sie eigentlich bescheuert, oder was? Einfach hier zu halten! Ich glaube, Sie ticken nicht ganz richtig. Sehen Sie sich doch mal an, was mit meinem Auto passiert ist. Ist Ihnen das denn völlig egal? Ich könnte durch die Scheibe geflogen sein und verbluten. Aber Sie knien hier einfach neben einer verwilderten Katze …«
    Ich sah so kühl wie möglich nach oben.
    »Erstens sind wir in einem Wohngebiet, da muss man damit rechnen, dass einem Haustiere, Kinder oder alte Leuteüber den Weg laufen. Und zweitens waren Sie ein bisschen hurtig unterwegs, meinen Sie nicht auch?«
    »Einen Dreck war ich, Sie miese Schnepfe! Sie haben hier einfach mitten auf der Straße angehalten, Sie gefährden hier den Verkehr. Ich werde die Polizei rufen.«
    »Nur zu«, munterte ich das zornschnaubende Geschöpf auf und betrachtete sie näher. Natürlich, die war das! Und das Auto kannte ich ebenfalls. Leider mischte sich jetzt Micki auch noch ein, die schnurrende Katze auf dem Arm.
    »Sie sollten wirklich langsamer fahren, unsere erste Katze ist auch von so einem Raser überfahren worden.«
    »Halt dich da raus, du blödes Negergör. Du hast hier überhaupt nichts zu melden. Verp …«
    Nun ist Micki ein klein wenig empfindlich, was ihre Hautfarbe anbelangt. Ich sah, wie sie sich steif machte und Xenia, unsere wildgewordene Unfallgegnerin, mit einem brennenden Blick musterte. Diese machte einen Schritt auf uns zu, stolperte über die Bordsteinkante, verlor das Gleichgewicht und setzte sich mit ihrem orangeroten Seidenhintern in eine schlammige Pfütze. Damit war »das Geräusch da« kurzzeitig abgestellt.
    Ich stellte mich zwischen die beiden, und Micki senkte verschämt die Augen.
    »Was ist denn hier passiert?«, hörte ich eine Reibeisenstimme fragen – auch diese war mir bestens bekannt. Ich wappnete mich gegen den nächsten Ausbruch wütenderAnschuldigungen, denn das Auto, das sich in das Heck meines Kleinwagens gebohrt hatte, gehörte meinem Nachbarn Alexander Harburg, zu dem mein Verhältnis höflich als »leicht gespannt« umschrieben werden konnte. Also schickte ich zuerst einmal Micki weg. Das konnte ich relativ einfach, da sich das ganze Drama unweit unseres Hauses abgespielt hatte. Ich warf ihr also den Schlüssel zu und forderte sie auf: »Bring die Katze rein und mach ihr Tigers alten Korb zurecht. Vielleicht müssen wir noch zum Tierarzt.«
    »Unsere geschätzte Nachbarin hat ihrem Tierschützer-Trieb nachgegeben und sich mir in den Weg gestellt«, fauchte Xenia und betastete stinkwütend ihr nasses Hinterteil.
    »Eine leicht übertriebene Darstellung.«
    »Es ist Ihnen sicherlich klar, dass das Parken hier
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