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Der Gott seiner Vaeter

Der Gott seiner Vaeter

Titel: Der Gott seiner Vaeter
Autoren: Jack London
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Hand des Herrn, und ich arbeite nur in seinem Weinberg«, antwortete er feierlich.
    »Hör bloß auf damit! Bist du besonders darauf versessen, den Märtyrertod zu erleiden?«
    »Wenn es sein Wille ist.«
    »Na ja, hier ist etwas in der Branche zu machen, aber vorher will ich dir doch einen guten Rat geben – du kannst dich danach richten oder es sein lassen. Wenn du hier bleibst, so wirst du mitten in deiner Arbeit dahingerafft. Und nicht allein, sondern deine Leute, Bill, meine Frau – «
    »Die eine Tochter Belials ist und nicht auf das wahre Evangelium schwört.«
    »Und ich selber. Du stürzt dich nicht allein ins Unglück, sondern uns auch. Du erinnerst dich vielleicht, daß wir letzten Winter zusammen eingefroren waren, und ich weiß, daß du ein guter Kerl und ein Tor bist. Wenn du es für deine Pflicht hältst, mit den Heiden zu kämpfen, schön und gut, aber dann tue es so, daß man sehen kann, daß du ein bißchen Grips hast. Dieser Mann, der Rote Baptiste, ist kein Indianer. Er ist vom selben Stamm wie du und ich, und er ist ebenso eigensinnig wie ich je gewesen, ja, und ein ebenso wütender Fanatiker nach der einen Seite wie du nach der andern. Wenn ihr beide aneinander geratet, dann ist die Hölle los, und ich habe keine Lust, mit dabeizusein, verstehst du? Und deshalb folge lieber meinem Rat und zieh weiter. Wenn du den Fluß hinunterziehst, kommst du zu den Russen. Bei ihnen müssen orthodoxe Pfaffen sein, und die werden dafür sorgen, daß du gut nach der Beringsee kommst – da hinein mündet der Yukon –, und von dort wird es dir nicht schwer werden, wieder in die Zivilisation zu gelangen. Glaub mir auf mein Wort und sorg dafür, daß du wegkommst, so schnell, wie Gott dich von hier entwischen läßt.«
    »Wer den Herrn in seinem Herzen und das Evangelium in seiner Hand führt, hegt keine Furcht vor den Künsten von Menschen oder Teufeln«, antwortete der Missionar mutig. »Ich will diesen Mann sehen und mit ihm ringen. Ein verirrtes Lamm, das in seinen Pferch zurückgeführt wird, ist ein größerer Sieg als tausend Heiden. Wer stark im Bösen ist, kann auch mächtig im Guten sein – wie Saulus, als er nach Damaskus reiste, um christliche Gefangene nach Jerusalem zu bringen. Und die Stimme des Erlösers tönte in seinen Ohren: ›Saulus, Saulus, warum verfolgst du mich?‹ Und sofort stellte Paulus sich auf die Seite des Herrn, und von dem Tage an hatte er große Macht in der Errettung der Seelen. Und genau wie du, Paulus von Tarsus, genau wie du arbeite ich im Weinberg des Herrn und finde mich in Prüfungen und Entbehrungen, in Verachtung und Hohn, in Schläge und Strafe, um seiner – des Geliebten willen!«
    »Bringt mir den kleinen Beutel mit Tee und einen Kessel Wasser«, rief er im nächsten Augenblick seinen Bootsführern zu. »Und vergeßt nicht den Rentierschinken und die Bratpfanne.«
    Und als seine Leute, die er selbst zum christlichen Glauben bekehrt hatte, das Ufer erreicht hatten, fielen alle drei mit ihrer Last in den Händen und auf dem Rücken in die Knie und dankten Gott, weil sie unversehrt durch die Wüste gekommen waren und das Ende ihres Weges erreicht hatten. Hay Stockard sah spöttisch und mißbilligend dem ganzen Auftritt zu, das Romantische und Feierliche machte keinen Eindruck auf seine nüchterne Seele. Baptiste der Rote, der immer noch zu ihnen herüberstarrte, erkannte aus alter Zeit die feierliche Handlung, und er gedachte des jungen Weibes, das sein Lager unter den Sternen im Wald geteilt hatte, und der Tochter, die irgendwo an der öden Küste der Hudson-Bucht lag.

    »Zum Teufel, Baptiste, das kann ich mir nicht vorstellen! Nein, nicht einen Augenblick! Ich will gern einräumen, daß der Mann ein Dummkopf und bedeutungslos für die Welt ist, aber deshalb kann ich ihn doch nicht verraten!«
    Hay Stockard hielt inne, während er sich bemühte, die richtigen Worte zu finden, um seine primitive Sittenlehre auszudrücken.
    »Er hat mich gequält, Baptiste, früher und jetzt. Und er hat mir auf alle mögliche Weise zu schaffen gemacht, aber kannst du nicht sehen, daß er meiner eigenen Rasse angehört – ein weißer Mann – , ja, und ich könnte mein Leben nicht für das seine erkaufen, und wenn er nur ein Nigger wäre.«
    »Wie du willst«, antwortete Baptiste der Rote. »Ich habe dir eine Frist gewährt, und ich habe dir die Wahl gelassen. Gleich werde ich mit meinen Priestern und Kriegern kommen, und wenn du deinen Gott nicht verleugnest, werde ich dich töten.
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