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Der Gott seiner Vaeter

Der Gott seiner Vaeter

Titel: Der Gott seiner Vaeter
Autoren: Jack London
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oder schäkerten mit den jungen Mädchen, während die älteren Frauen, die von allem ausgeschlossen waren, weil sie ihre Bestimmung im Leben bereits mit der Fortpflanzung des Geschlechts erfüllt hatten, schwatzend Stricke aus den grünen Wurzeln der Weinranke flochten. Zu ihren Füßen spielte ihre nackte Nachkommenschaft, zankte sich oder wälzte sich mit den gelbbraunen Wolfshunden im Schmutz. Auf der einen Seite des Lagers und deutlich von ihm getrennt, befand sich ein anderes, aus zwei Zelten bestehendes. Aber es war das Lager eines weißen Mannes. Wenn sonst nichts, so war die Wahl der Lage ein schlagender Beweis hierfür. Im Falle eines Angriffs konnte man von hier aus das hundert Schritt entfernte Indianerlager beschießen, zur Verteidigung machten den Platz die Hebung des Bodens und der freie Raum zwischen den beiden Lagern geeignet; und für den Fall einer Niederlage waren es schließlich nur zwanzig Schritt den kurzen Hang hinab bis zu den Kanus am Fluß.
    Aus einem der Zelte erklangen das Wimmern eines kranken Kindes und das leise Summen der Mutter. Draußen saßen zwei Männer bei der schwelenden Glut eines Lagerfeuers und sprachen miteinander.
    »Was! Ich liebe die Kirche als ein guter Sohn! Bien! So groß ist meine Liebe, daß ich mein ganzes Leben damit verbracht habe, vor ihr zu fliehen, und daß ich alle meine Nächte von einem Strafgericht träume. Sieh!« Die Stimme des Mischlings hob sich zu einem gereizten Knurren. »Ich bin am Red River geboren. Mein Vater war weiß – ebenso weiß wie du. Aber du bist Yankee, und er war von britischer Herkunft und der Sohn eines vornehmen Mannes, und meine Mutter war die Tochter eines Häuptlings, und ich war ein Mann. Ja, und man brauchte mich nur einmal anzusehen, um zu wissen, was für Blut in meinen Adern rann; denn ich wohnte mit den weißen Männern zusammen und war einer von ihnen, und das Herz meines Vaters pochte in meiner Brust. Es geschah, daß ein junges Mädchen – sie war weiß – mich mit milden Augen ansah. Ihr Vater hatte viel Land und viele Pferde; er war auch ein großer Mann unter den Seinen, und in seinen Adern rann französisches Blut. Er sagte zu dem jungen Mädchen, daß sie ihr eigenes Herz nicht kenne, und er sprach lange, lange mit ihr und war ergrimmt, daß so etwas geschehen konnte.
    Aber sie kannte ihr Herz, und wir standen bald vor dem Pfaffen. Aber ihr Vater war uns zuvorgekommen, mit Lügen oder falschen Versprechungen, was weiß ich. Der Pfaffe machte sich hart und wollte uns nicht zu Mann und Frau machen, so daß wir miteinander leben konnten. Wie die Kirche zuerst meine Geburt nicht hatte segnen wollen, so verweigerte die Kirche mir jetzt die Heirat und befleckte meine Hände mit Männerblut. Bien! Also habe ich allen Grund, die Kirche zu lieben. Und so schlug ich denn den Pfaffen auf seinen weibischen Mund, und wir nahmen schnelle Pferde, das Mädchen und ich, und ritten nach Fort Pierre. Dann schlugen wir den Weg nach Osten ein, das Mädchen und ich, nach den Bergen und Wäldern, und wir lebten zusammen und waren nicht verheiratet – und an alledem war die gute Kirche schuld – sie, die ich wie ein Sohn liebe.
    Aber beachte es wohl, denn so seltsam ist das Weib, dessen Wege kein Mann verstehen kann. Einer der Sättel, die ich leerte, war der ihres Vaters, und die Hufe derer, die nach ihm kamen, traten ihn in den Boden. Das sahen wir, das Mädchen und ich, doch das würde ich vergessen haben, hätte sie mich nicht daran erinnert. Und in der Stille des Abends, als die Jagd beendet war, trat es zwischen uns, und in der Stille der Nacht, wenn wir unter den Sternen lagen und eins hätten sein sollen. Immer war es da. Sie sprach nie davon, aber es saß an unserm Feuer und war immer zwischen uns. Sie versuchte, es beiseite zu schieben, aber in solchen Stunden konnte es sich zwischen uns erheben, bis ich es in dem Ausdruck ihrer Augen, ja, in ihrem Atem las.
    Zuletzt gebar sie mir ein Kind, ein Mädchen, und starb. Da zog ich zum Volk meiner Mutter, um Nahrung und Leben für das Kind an einer warmen Brust zu finden. Aber meine Hände waren mit dem Blut von Männern befleckt, ja, und das alles war die Schuld der Kirche. Und die berittene Polizei des Nordens kam, mich zu fangen, aber der Bruder meiner Mutter, der damals Häuptling über alles Volk war, versteckte mich und gab mir Pferde und Essen. Und dann zogen wir fort, meine Tochter und ich. Bis in das Land an der Hudson-Bucht, wo es wenig weiße Männer gab und wenig
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