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Der Goldkocher

Der Goldkocher

Titel: Der Goldkocher
Autoren: Roland Adloff
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wusste, dass ich dir vertrauen kann. Obwohl ich nach deiner Goldprobe unsicher war! Wie hast du's denn hingekriegt?« Böttger gab ihm einen Bruderkuss und sah ihn mit Tränen der Rührung an. Er musste mächtig auf die Flasche gekommen sein, denn sein verrußtes Gesicht war ganz verquollen. »Willst du wohl nicht verraten?«, flüsterte Böttger. »Alle Achtung! Tausend Taler haben sie auf dich ausgesetzt.«
    »Tausend?«, fragte Lips entsetzt. Wie er befürchtet hatte, war ihm die Kunde über die Goldprobe vorausgeeilt.
    »Ja, besser, das Soldatengeschmeiß da hinten kriegt das nicht mit!«
    Böttger zog ihn am Ärmel in eine Ecke. »Die Zeit drängt. Der König hat mir eine letzte Galgenfrist gegeben. Wenn's bis dahin nicht klappt, dann bin ich dran. Also, ich hab mir das so vorgestellt. Ich…«
    »Ich brauche 2.070 Taler«, unterbrach Lips. »Gleich!«
    »Geld ist kein Problem. Das lässt sich bis morgen besorgen. Der Tschirnhaus, mit dem ich hier forsche, der besorgt mir alles, was ich brauche. Weißt du, es geht hier nicht um kleinliche Pusseleien… Na ja, lassen wir das besser. Besser, du weißt nicht zu viel. Also, ich hab mir das so mit der Goldprobe vorge…«
    »Und Opiumpillen brauch ich.«
    Böttger sah ihn fragend an.
    »Gleich!«, sagte Lips.
    »Gleich?« Böttger lächelte. »Bist wohl auf Theriak gekommen! Gut, du kannst es morgen bekommen.«
    »Nein, ich brauch sie gleich. Fünfzig Kugeln, sonst…«
    »Schon gut, schon gut! Was ist denn auf einmal mit dir los. Kenn dich so ja gar nicht! Bist ja so gereizt! Brauchst du noch was?«
    Lips schüttelte mit dem Kopf.
    Böttger winkte einen Laborknecht heran und wies ihn an, aus dem Materiallager fünfzig Opiumkugeln zu holen. »Aber beeil dich!«, rief er hinterher. »Also, ich hab mir das so vorgestellt«, flüsterte er. »Ich brauch da einen, der in der Hofapotheke einsteigt und unter die Bleispäne…«
    Es war der Trick, den auch Lips angewendet hatte. »Erst die 2.070 Taler«, unterbrach Lips. »Und von guter Münze müssen sie sein. Dann helf ich Ihm bei allem, was Er will.«
    »Das ist ein Wort.« Böttger schlug ihm freundschaftlich auf die Schulter. »Ich wusste doch, dass ich mich auf dich verlassen kann! Aber wieso grad so eine krumme Summe?«
    Der Laborknecht kam mit einem Päckchen angelaufen und sah Lips einen Augenblick neugierig an.
    »Was glotzt du so?«, raunzte Böttger ihn an und holte aus, als wollte er ihm eine Maulschelle verpassen. »Hau schon ab! … Afterknecht, verfluchter!«, flüsterte Böttger und sah dem Knecht hinterher. »Trau dem nicht!«
    »Ich muss jetzt gehen«, sagte Lips. »Ich komm morgen mittag wieder.«
    »Gut, dann hab ich die Münzen. Und wir müssen unbedingt über die alten Zeiten sprechen. Was die Anna macht…« Böttger winkte dem Laborknecht, der Lips in die Festung geführt hatte. Er umarmte ihn noch einmal, dann wurde Lips wieder auf dem gleichen Weg hinausgeführt. Draußen sagte Lips, dass er alleine weitergehen wolle, und wartete, bis der Laborknecht verschwunden war. Dann fragte er sich durch zur Salomonbastei und verlangte dort am Wachhäuschen nach dem Kerkermeister. Während er wartete, drehte er sich so, dass er die Soldaten noch im Blick hatte. Tausend Taler waren auf ihn ausgesetzt! Ein Vermögen!
    Ein Mann trat auf ihn zu, der ihn an den Hausvater im Armenhaus erinnerte. Er ging etwas gebeugt, war von sehniger Gestalt und hatte den lauernden Blick eines Schlägers. An seinem Gürtel baumelte eine kurze Peitsche.
    »Und?«
    »Ich muss zu Tullian«, sagte Lips leise.
    »Du bist der…?«
    »Ja. Ich will ihm eine Arznei mitbringen.«
    »Gib her!« Der Kerkermeister drehte den Soldaten kurz den Rücken zu, griff nach dem Päckchen Opiumpillen und steckte es unter seine Jacke. »Komm. Du bist der Friedrich Müller, ein Neffe vom Christian Sahrberg, verstanden?!«
    Am Wachhäuschen trat ein Soldat vor.
    »Besuch für den Gefangenen Sahrberg«, sagte der Kerkermeister. »Ist ein Verwandter von dem! Lasst ihn durch, kenne ihn!«
    Lips gab seinen Namen mit Friedrich Müller an. Er musste die Arme anheben, und seine Kleidung wurde gründlich abgeklopft, dann durfte er passieren. Kühl-feuchte Luft wie aus einer Grabeskammer schlug ihm entgegen. Er folgte dem Kerkermeister einen Gang entlang, der immer tiefer führte. Von irgendwoher klang ein verzweifeltes, müdes Jammern. Sie kamen an einer Trinkstube vorbei, in dem Zuchtknechte bei Dämmerlicht vor einem Krug saßen. Der Kerkermeister griff dort
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