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Der Goldkocher

Der Goldkocher

Titel: Der Goldkocher
Autoren: Roland Adloff
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alchemistischen Zeichen voll geschrieben hatte, am Talglicht. »Jetzt pumpen, Herr Pfarrer! Etwas weniger… Ja, so.«
    Die Flammen loderten auf und fraßen sich langsam in die Späne. Pfarrer Porstmann beugte sich vor und pumpte behutsam. Einen Augenblick sah Lips das Flackern des Feuers in seinem Gesicht. »Wir brauchen sehr große Hitze, Herr Pfarrer! Wir brauchen noch mehr Holzkohlen! Ich hole noch einen Sack oben vom Hof! Nur einen Moment! Und weiterpumpen, Herr Pfarrer! Ganz gleichmäßig!!«
    »Ja, ja! Lauf nur!«
    Lips griff ein Talglicht und ließ die Tür hinter sich zufallen. Er stand einen Augenblick lang und lauschte, dann griff er nach der Zange, die er am Aufgang abgelegt hatte, und hastete hoch. Als er über den Hof lief, sprang ihm der Bluthund entgegen und wollte mit ihm spielen. Er riss die Tür zum Gesindehaus auf und hastete die Treppe hoch; er war schon in der oberen Etage, da zündete die Bombe: Ein gewaltiger Schlag ließ selbst das Gesindehaus erzittern, und Lips hörte entfernt Fensterscheiben entzweibersten. Er sprang weiter die Treppe hoch, bis er vor der Tür zum Dachboden stand. Von unten hörte Lips die ersten Rufe. Mit dem Griff der Zange hebelte er das Vorhängeschloss aus und lief über den Dachboden den Weg entlang, den er damals öfter mit Böttger geschlichen war. Der Schrank stand noch an der gleichen Stelle. Mit einem Ruck rückte Lips ihn vorsichtig von der Wand weg. Er horchte, dann griff er auf der anderen Seite nach den Brettern der Rückwand des Schrankes und hob diese vorsichtig heraus, ohne irgendwo anzustoßen.
    Lips horchte nochmals. Entfernt hörte er Rufe und panische Schreie, dann kroch er hinüber in den Schrank und drückte die Tür einen Spalt breit auf. In der Kammer flackerte ein Dämmerlicht. Er musste die Tür ein wenig mehr öffnen, da sah er ihn: Der Schwarze Frieder stand an der Tür, die er ein wenig geöffnet hatte, und lauschte in den Aufgang. Auf dem Bett vom dummen Heinrich lag Anna. Man hatte ihr Arme und Beine gebunden und den Mund geknebelt.
    »Frieder!«, flüsterte Lips und öffnete ganz die Schranktür.
    Frieder fuhr herum und starrte ihn fassungslos an.
    »Ich bin's, Lips!«, flüsterte er und ging auf Frieder zu, der ihn noch immer verdattert ansah. »Wir müssen abhauen!« Unten im Haus schrien Stimmen gegeneinander, und der Bluthund kläffte wild. »Schnell Frieder, es ist eine Falle. Sie wollen dich umbringen, wenn sie dich nicht mehr brauchen! Wir hauen über den Dachboden ab!« Lips zog die Tür zu und kniete sich zu Anna. »Wir müssen schnell machen!« Er wollte den Knebel in Annas Mund lösen, da fasste Frieder ihn an der Schulter und riss ihn zurück. Lips fiel auf den Boden, und Frieder stürzte sich auf ihn.
    »Du musst mir glauben!«, rief Lips.
    »Hab dir noch nie geglaubt!«, rief Frieder und versuchte Lips zu würgen. Lips fasste seine Handgelenke und versuchte die Hände wegzudrücken.
    »Glaub mir doch!«, keuchte Lips. »Sie bringen dich um!« Er wand sich unter Frieder, spürte, wie seine Kräfte nachließen. Frieders Hände schlossen sich um seinen Hals und drückten unbarmherzig. Der Atem ging Lips aus, da nahm er all seine Kraft zusammen, bäumte sich auf und zog ein Bein an, er ließ Frieders Handgelenk los, tastete nach dem Messer in seinem Stiefel und stieß es ihm in den Leib. Frieder bäumte sich auf, sah ihn einen Augenblick erstaunt an und drückte weiter. Lips stieß wieder; Frieder atmete schwer und drückte weiter; Lips stieß zu, ihm wurde schwarz vor Augen; er stieß immer wieder und spürte warmes Blut auf seiner Hand, da lockerte sich endlich Frieders Griff, und er ließ von ihm ab. Lips wälzte ihn zur Seite und rang nach Atem. Frieder lag gekrümmt neben ihm, sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an und röchelte.
    Einen Augenblick besann Lips sich, dann wischte er das Messer an Frieders Wams ab. Er hörte Anna winseln und kroch zu ihr hinüber. »Hab keine Angst!« Seine Hand zitterte, als er Anna über das Haar strich und das Tuch mit dem Knebel löste. Sie wimmerte weiter vor sich hin. »Leise, Anna! Leise!« Lips schnitt die Seile an Händen und Füßen durch und half ihr, sich aufzusetzen. »Ich bring dich in Sicherheit! Hab Vertrauen!« Unten vom Hof hörte er Rufe nach Eimern. Die Knechte mussten zwischen Brunnen und Keller hin und her laufen. Frieder hielt seine Hände auf den Bauch gepresst und stieß den Atem wie ein verendendes Tier aus. Ungläubig sah er Lips an, als dieser seine Kleidung
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