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Der Goldkocher

Der Goldkocher

Titel: Der Goldkocher
Autoren: Roland Adloff
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heute versuchen Forscher, Böttgers alchemistische Aufzeichnungen zu entschlüsseln.
    Johann Konrad Dippel (1673-1734) war als Arzt, Chemiker, Alchemist und Pietist eine grell schillernde Persönlichkeit seiner Zeit. In Gießen immatrikulierte er sich 1691 unter dem Namen Frankenstein von der Bergstraße und überwarf sich bald mit den Gelehrten, als er ihnen nachweisen wollte, dass ihr Verstand nicht ausreiche, irgend etwas wirklich zu erkennen. Selbst die Mathematiker träfen nur die Schale der Dinge. Gerüchte kamen immer wieder auf, Dippel hätte sich an Leichenfleddereien auf dem Friedhof beteiligt. Zeitlebens trieb ihn die Suche nach einem umherschweifenden Lebengeist. Mit Fleiß betrieb er die Zergliederung tierischer Körper. Sein verschwenderisches Leben brachte ihm Schulden. Durch Alchemie verlor er ungeheure Summen. Zeitlebens war er auf der Flucht vor Kerkerhaft, Gläubigern und Duellanten. Auch in Berlin wurde er wegen der Behauptung, den Stein der Weisen gefunden zu haben, eingekerkert.
    In seiner Berliner Zeit entdeckte Dippel 1704 das Berliner Blau. Berühmt wurden auch seine Polychrestischen Universalpillen, die er kostenlos unter den Armen verteilte. Sie waren von einem durchdringenden Gestank und halfen u.a. gegen Epilepsie, Frostbeulen, unterdrückten Monatsfluss und bei hysterischen Beschwerden der Damen. Dem Adel, der oft an Fettleibigkeit litt, riet er: »Lasset ab von Völlerei und Sauferei!« Seine Patienten setzte er einige Wochen auf Wasser und Brot, wodurch diese dann erstaunlich munter wurden. Sein bewegtes Leben beschloss er völlig überraschend auf dem Schloss seines Förderers Graf August von Wittgenstein, mit dem ihn die Alchemie über Jahrzehnte verband. Zuvor hatte Dippel noch angekündigt, dass er die Formel gefunden habe, mit der er sein Leben auf 135 Jahre verlängern könnte.
    Johann Kunkel (1630-1702) stammte aus einer Glasmacherfamilie und bildete sich autodidaktisch in der Chemie aus. Sachsens Kurfürst Johann Georg II. hatte Kunkel zum Aufseher seines geheimen Laboratoriums gemacht, des Goldhauses. In diese Jahre fällt die von Kunkel entwickelte Methode der Phosphordarstellung, die ihm großen Ruhm einbrachte. Seit 1678 war er mit Unterbrechungen in Diensten des Kurfürsten von Brandenburg Friedrich Wilhelm. Kunkel gelang die Fabrikation eines hochwertigen Kristallglases und ein Verfahren zur Herstellung des Goldrubinglases. Er schrieb ein Lehrbuch (von Böttger mit Randbemerkungen versehen) über die Herstellung von Gläsern, Email und porzellanähnlichen Massen und verfasste Übersichten über Farbrezepte, Gerätschaften, Brennöfen. Zeit seines Lebens hat Kunkel an die Möglichkeit der Umwandlung der Metalle in Gold geglaubt.
    Lips Tullian (etwa 1673-1715). Die Lebensdaten sind unsicher. Lips Tullian war nur sein Räubername. Seinen wahren Namen verheimlichte er vermutlich bis in den Tod, um seine Familie zu schützen. Es wird vermutet, dass er in Straßburg als Sohn eines kaiserlichen Leutnants geboren wurde. Sein Vater war als Offizier bei der Belagerung Wiens durch die Türken gefallen. Der Analphabet Tullian wurde Wachtmeister in einem Dragonerregiment, bevor er als 27-jähriger nach einer Körperverletzung mit Todesfolge desertierte. Er zog nach Prag, wo er seine Banditenkarriere mit Kirchendiebstählen begann. Mit seinen verwegenen Raubzügen sorgte er für großes Aufsehen – auch wegen der großen Brutalität, mit der er als ›Kavalier mit der Brechstange‹ sowohl gegen die Opfer als auch gegen Kumpane vorging. Überliefert sind seine enormen Körperkräfte. Geltungsbedürfnis und Größenwahn ließen ihn immer wieder Pläne schmieden, wie die Befreiung sämtlicher (!) Insassen des Leipziger Zuchthauses, um dann anschließend dem Rat der Stadt brieflich mitteilen zu lassen, dass er, Lips Tullian, diese jacta begangen habe. Mitte November 1702 verlegte er sein Arbeitsgebiet von Prag und Umgebung nach Sachsen. Wiederholt wurde er eingekerkert, in Hand-, Hals- und Fußeisen gelegt, mehrfach erfolglos bestialisch gefoltert und mehrfach von Kumpanen befreit, u.a. aus der als ausbruchsicher geltenden Festung in Dresden. Als Bilanz seiner Räuberzeit wurde errechnet, dass er weniger als 30 Monate in Freiheit war, elf Jahre hingegen in Kerkern, teilweise in schlimmster Isolationshaft und beim Festungsbau an die Schubkarre geschmiedet dahinvegetierte.
    Die letzten Wochen seines Lebens waren bitter: Ein Briefwechsel aus dem Kerker mit einem in Freiheit befindlichen
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