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Luzifers Kathedrale

Luzifers Kathedrale

Titel: Luzifers Kathedrale
Autoren: Jason Dark
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Der Mann mit dem wilden Vollbart wusste ungefähr, wohin die Tiere gelaufen waren. Er hatte noch Glück im Unglück gehabt. Die beiden verstörten Schafe hätten auch zur Klippe hin laufen können. In ihrer Panik wären sie darüber hinweggerannt und in das kochende Meer gestürzt.
    Der Sturm heulte. Der Sturm pfiff. Er produzierte Töne, die nicht mal ein Musikinstrument schaffte. Mal schrie er regelrecht auf, dann wieder war ein Donnern zu hören, dazwischen auch ein Winseln, aber das alles wurde von dem ohrenbetäubenden Rauschen überdeckt. McBell hatte das Gefühl, als wären die Wellen an den Steilwänden in die Höhe geschleudert worden, um über die Klippen zu schäumen.
    Zu allem Unglück fing es auch noch an zu regnen. Das Wasser fiel aus den Wolken, als hätten sich dort wahre Duschen geöffnet. Der Regen wurde ebenfalls vom Sturm erfasst, der ihn fast waagerecht peitschte und gegen den einsamen Wanderer schleuderte.
    McBell fluchte. Er war wütend. Er hasste das Wetter, und er kämpfte verzweifelt gegen den Sturm und Regen an, ohne eine richtige Chance zu bekommen.
    Die Stürme auf den Orkneyinseln waren berühmt für ihre Kraft. Das bekam der Schäfer jetzt zu spüren.
    Der Regen hörte nicht auf. Es goss wirklich wie aus Eimern. McBell war nicht mehr in der Lage, etwas zu sehen. Die Flut peitschte gegen sein Gesicht. Sein Umhang flatterte so stark, als sollte er ihm im nächsten Augenblick vom Körper gerissen werden.
    Es hatte keinen Sinn mehr, nach den Schafen zu suchen. Er musste sie aufgeben. Das Wetter machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Er konnte nur darauf hoffen, dass es seine Tiere geschafft hatte, Schutz zu finden. Er brach die Suche ab. Es brachte nichts mehr. Es war auch dunkler geworden. Der starke Wind hatte die mächtigen Wolkenberge herangetrieben und den Himmel düster gemacht.
    McBell blieb stehen und brüllte seinen Frust heraus. Er kam nicht gegen die Geräusche der Natur an, und er kam sich plötzlich noch kleiner vor. Nahezu winzig im Vergleich zu den Mächten der Natur.
    Die Böen erwischten ihn mit unterschiedlicher Stärke und auch immer wieder aus verschiedenen Richtungen. Eine war so stark, dass sie ihn von den Beinen riss.
    Der Schäfer landete auf dem nassen Boden und verlor für einen Moment die Orientierung. Er sah vor sich das Wasser gurgeln, das in kleinen Bächen über die Hügel floss und gegen ihn schäumte.
    Der Schäfer raffte sich wieder auf. Er schrie seinen Fluch in das Tosen hinein und kämpfte sich weiter vor. Er wusste nicht, wie lange der verdammte Orkan noch andauerte. Manchmal eine Nacht lang und noch weit in den Tag hinein. Die Orkney’s hatten eben ihre eigenen Gesetze. So lange konnte und wollte er auf keinen Fall im Freien bleiben. Er musste irgendwo Unterschlupf finden.
    Der Stall und sein Wohnhaus waren zu weit entfernt. Die Suche hatte ihn tief in das leere Gelände hineingetrieben, und so überlegte er, wie es weitergehen sollte.
    Zum wiederholten Male wischte er das Wasser aus seinem Gesicht, und zum wiederholten Male wurde er erneut von den Regengüssen überschüttet, so dass es keinen Sinn hatte, sich von den Massen befreien zu wollen. Zwei Sekunden später war er schon wieder nass.
    Aber der Kampf ging weiter. Er führte ihn fort. Er dachte daran, dass es auf halbem Weg zu seinem Haus noch einen Unterschlupf gab.
    Es war die alte Kirche, die Kathedrale, wie sie die Bewohner der Insel nannten. Sie hatte bisher allen Stürmen und Unbilden der Natur getrotzt, und das würde auch bei diesem Orkan so sein. Hin und wieder hatte der Sturm mal von den Seiten und von der Spitze der Kirche Brocken abgerissen und in die Umgebung geschleudert, und das würde auch in der folgenden Zeit noch so bleiben.
    Sie befand sich von seinem Standpunkt nicht mal weit entfernt. Bei normalem Wetter wäre sie längst sichtbar gewesen, aber nicht in dieser stürmischen Hölle, in der alles anders war.
    Nass bis auf die Haut machte sich Julian McBell wieder auf den Weg. Er schlug jetzt eine andere Richtung ein und bewegte sich mit schwerfälligen und rutschigen Schritten eine Hügelseite hoch. Er musste diesen Buckel einfach überqueren, denn es war der schnellste Weg für ihn, um ans Ziel zu gelangen.
    Wieder duckte sich McBell so tief wie möglich. Der Wind packte ihn jetzt von der rechten Seite und hämmerte auch in seinem Rücken. Die Hölle hatte die Erde erreicht. Um den einsamen Schäfer herum tobten und schrien unzählige Teufel, die der Orkan aus der
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