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Der goldene Thron

Titel: Der goldene Thron
Autoren: Katia Fox
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Ottos größten Rivalen.« John bedeutete seinem Pagen, dass er ein weiteres Stück Braten wünschte, und nickte so oft, bis drei große Scheiben vor ihm lagen. »Raymond de Toulouse schützt die Albigenser«, sagte er mit vollem Mund und kaute. »Der Papst hat sie zu Häretikern erklärt und lässt sie mit einem kostspieligen Kreuzzug unter der Führung von Simon de Montfort verfolgen. Ein Friedensschluss mit Rom scheint da unmöglich.«
    Marguerite und William hörten ihm aufmerksam zu und nickten bestätigend. Um aber zu begreifen, wie schwierig Johns Lagewar, verbrachten sie nicht genügend Zeit in seiner Nähe, kannten seine Gemütsschwankungen nicht und wussten nicht, was noch auf ihn zukommen konnte. Nur wer viel bei Hof weilte und mit all den wichtigen Einzelheiten wie Familienverflechtungen, alten und neuen Bündnissen, Animositäten und Affinitäten, politischen Zwängen, geografischen Besonderheiten, Ehrgeiz und Machtbestrebungen vertraut war, konnte ahnen, wie schwer John es haben würde, die Probleme in seinem Reich zu lösen. So sehr Guillaume auch auf die Rückeroberung der Normandie hoffte, er zweifelte, dass es je dazu kommen würde. England hatte sich unter die Herrschaft des Papstes gestellt, darum würde das Bündnis mit Ferrand und Toulouse nicht ewig halten. Guillaume glaubte nicht daran, dass es ausgerechnet John gelingen würde, zwischen Ferrand, Toulouse und dem Heiligen Stuhl zu vermitteln, doch nur so hätte er sie auf längere Sicht an sich binden können.
    Was denkt Ihr darüber, Vater?, schien der Blick zu fragen, den William ihm hin und wieder zuwarf. Doch Guillaume ließ sich seine Zweifel nicht anmerken. Niemals. Das Höflingsgesicht, das er sich schon früh zugelegt hatte, um bei Hof überleben zu können, verbarg seine wahren Gefühle hinter einer Maske aus gleichbleibender Freundlichkeit.
    »Ich habe bereits Schiffe ausgesandt, die Unruhe und Angst an Frankreichs Küste verbreiten sollen«, fuhr John grinsend fort, riss den Mund auf und pulte mit dem Finger ein Stück Fleisch aus seinen Zähnen. »Philippe wird schon bald erzittern!« Er hob den silbernen Pokal, den man ihm als höchstem Gast des Hauses großzügig mit Wein gefüllt hatte, und trank den anderen zu. »Auf England und die Normandie! Tod dem König der Franzosen!«, rief er.
    Ein frommer Wunsch, dachte Guillaume, doch ein weit entfernter. »Auf England!«, rief er jedoch im Chor mit den anderen und nickte John lächelnd zu.

Gloucester, 28. Oktober 1216
    G uillaume sah gedankenverloren aus dem Fenster des Palastes. Ein traumhaft blauer Himmel überspannte die Stadt. Sonne und eine frische Brise hätten auf Frühling hoffen lassen, wären da nicht die bunten Blätter im Hof gewesen, mit denen der Wind zu spielen versuchte. Bald würden die kurzen Tage wieder grau, kalt und regnerisch sein und der Aufenthalt am Feuer einer Halle umso köstlicher. Guillaume presste die Hand ins Kreuz und streckte sich. Steif wurde man mit dem Alter, und die Knochen schmerzten. Doch er beschwerte sich nicht. Es gab größere Sorgen als diese kleinen Leiden.
    Der König hatte sich den Nöten seiner Barone zu lange verschlossen. Beherrscht einzig von dem Gedanken, den französischen König zu besiegen, hatte er immer mehr Abgaben, Männer und Dienste von ihnen gefordert, ihre Privilegien aber weiter beschnitten. Doch jede Gans konnte man nur einmal ausnehmen. Und so war es zum Unvermeidlichen gekommen. Die Revolte, die Guillaume bereits vor langer Zeit am Horizont hatte aufziehen sehen, war ausgebrochen.
    Vor drei Jahren, zwölf Monate nach Baudouin, war auch Guillaumes lieber Freund Geoffrey FitzPeter, der Justiziar von England, gestorben. Der König hatte bei der Neubesetzung seines Amtes auf keine Warnung gehört und allem Widerstand der Barone zum Trotz Peter des Roches, den Erzbischof von Winchester, zu seinem Nachfolger erklärt.
    John hatte in den vergangenen Jahren nur selten Erfolge erzielt. Die Zerstörung eines Großteils der französischen Flotte in Flandern durch seinen Halbbruder, den Earl of Salisbury, hattezu den wenigen Höhepunkten gehört. Die Enttäuschungen, die John hatte hinnehmen müssen, überwogen und hatten erneut Schatten auf sein Reich geworfen. Eine große Zahl seiner Barone hatte ihm unter fadenscheinigen Erklärungen den Gehorsam verweigert, als er sie erneut um Hilfe gebeten hatte, und nur wenige Getreue waren ihm aufs Festland gefolgt.
    Auch Guillaume hatte ihn nicht begleiten können, weil er noch immer an
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