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Blutaxt: Die Eingeschworenen 5 - Roman (German Edition)

Blutaxt: Die Eingeschworenen 5 - Roman (German Edition)

Titel: Blutaxt: Die Eingeschworenen 5 - Roman (German Edition)
Autoren: Robert Low
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Finnmark, A. D. 981
    Ihre Haut war bereits wächsern und schlaff und wirkte doch verstörend lebendig, denn das Schmelzwasser, ihre letzte Abkühlung, stand ihnen wie Schweiß im Gesicht. Schwarze und gelbe Blutergüsse, klaffende Wunden wie Münder ohne Lippen, schwarzes Blut, in der Kälte verkrustet.
    Besonders eines der Gesichter schien alle anzusehen, die es betrachteten, eine verwirrte Frage in den gläsernen Augen. Die Hände auf den Bauch gepresst, hatten sich seine Finger in den struppigen Pelz verkrallt, den er trug, als wollte er die klaffende Wunde, aus der sich seine bläulichen Eingeweide drängten, mit aller Gewalt geschlossen halten. Sein Haar war wirr und verklebt und seine Nase voller Rotz.
    Aber fürs Naseputzen ist es jetzt zu spät, dachte Krähenbein.
    Sie waren eine zähe Rasse, diese kleinen dunklen Samen von den Schneebergen, vor denen sich selbst die Nordmänner von Gjesvaer fürchteten, die auf den Eisschollen des Nordens Wale, Walrosse und Eisbären jagten. Sie wussten, dass die Samen jemandem auflauern konnten, ohne dass er es merkte, bis er die Knochenspitze eines ihrer Pfeile im Herzen hatte.
    Selbst im Zweikampf sind sie uns überlegen, dachte Krähenbein.
    Nicht weit von hier lagen Männer, die Arme auf der Brust verschränkt, die Gesichter mit ihren Mänteln bedeckt. Männer, die Geschick und Verstand besessen hatten, deren Prahlerei und Gelächter nun verstummt war und die jetzt nur noch tote Kleiderbündel waren, aufgereiht wie frisch gefällte Baumstämme und in dieser Kälte ebenso steif.
    Die Samen hatten sich schon oft mit diesen Jägern aus den Bergen eingelassen, doch noch nie zuvor waren so viele von ihnen gleichzeitig gefallen. Die Mannschaft ging stumm zwischen den Toten umher, nur ab und zu hörte man jemanden missmutig brummen. Hier und da kniete sich wohl auch einer hin, um zwischen Blut und zersplitterten Knochen etwas zu suchen. Insgesamt aber gaben sie sich große Mühe, diesen fremdartigen Kriegern mit ihren Tiermasken, von denen man sich furchterregende Geschichten erzählte, nicht zu viel Beachtung zu schenken.
    Schließlich brach Murrough das Schweigen. Er war gerade damit beschäftigt, die große bärtige Dal-Cais-Axt mit einer der Ledermasken zu reinigen. Er sah auf einen der Toten herab und stieß ihn leicht mit dem Fuß an.
    » Tja«, sagte er, » ich könnte wetten, den hier habe ich gestern umgebracht.«

Kapitel 1
    Insel Man, A. D. 979
    Die drei hatten in der nach Fisch stinkenden Keeill Schutz gesucht. Es war eng und die Kälte drang ihnen ins Mark – aber einen von ihnen kümmerte das nicht mehr, denn er lag im Sterben. Aber vielleicht, dachte Drostan, als er das gerötete Rattengesicht des Glaubensbruders ansah, der hier lebte, vielleicht kümmert es den Priester noch weniger als den Sterbenden.
    » Ich bin erledigt, Bruder«, sagte Sueno. Seine Stimme war nur ein heiseres Flüstern, und sein Gesicht im trüben Licht der Tranlampe glänzte vor Schweiß.
    » Unsinn«, log Drostan. » Wenn der Sturm morgen nachlässt, gehen wir zur Kirche von Holmtun und bitten dort um Hilfe.«
    » Er schafft es nicht mehr«, sagte der rattengesichtige Priester mit verächtlicher Stimme, und Drostan drehte sich wütend um.
    » Schweig!«, zischte er ihm zu. » Das sollte das Mindeste sein, was dir die christliche Nächstenliebe gebietet.«
    Ein gurgelndes Geräusch, das ein Lachen oder ein Fluchen sein konnte, und plötzlich hatte er das Rattengesicht so dicht vor sich, dass er den Kopf zurückbiegen musste. Es war kein tröstendes Gesicht. Es war von strähnigem eisengrauen Haar umrahmt, und die Haut war so ausgetrocknet, dass sie an einen aufgerissenen, dürren Ackerboden erinnerte. Die wenigen Zähne standen ihm im Maul wie schwarze Runensteine.
    » Die Nächstenliebe ist mir abhandengekommen«, nuschelte er, dann wurde sein Blick glasig, und er stand auf und kümmerte sich um das Feuer. Er ging gebeugt und humpelte stark. » Ich habe sie verloren«, sagte er und schüttelte den Kopf. » Draußen, im weißen Nichts. Dort liegt sie, eine Beute für Wölfe und Füchse und heidnische Trolle in Fellen … Aber nein, Gott wird sie schon beschützen. Ich werde sie wiederfinden. Gott wird sie beschützen.«
    Erschrocken versuchte Drostan, seine Gedanken zu ordnen. Er kannte diesen Priester nur vom Hörensagen, und was er gehört hatte, war nicht sehr vertrauenerweckend gewesen. Leicht verrückt, hatte es geheißen. Ein Pfahlsitzer, der von seinem Pfahl gefallen war, hatten
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