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Der Gluecksmacher

Der Gluecksmacher

Titel: Der Gluecksmacher
Autoren: Thomas Sautner
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war Irene Großburg fortgefahren, und er habe Ewigkeiten für die Secur AG gearbeitet, was ja auch kein Wunder sei, ihr Vater habe ihn seinerzeit eingestellt. Aber das sei sozusagen im Paläolithikum der Versicherung gewesen. »Ein Hausbote!«, hatte sich die Vorstandsvorsitzende amüsiert, »nein, Eva. Richte ihm liebe Grüße aus. Wenn er will, kriegt er aus alter Verbundenheit eine Versicherung zu Freundschaftskonditionen, aber die Zeiten eines Hausboten sind bei uns ganz einfach vorbei.«

    Eva bat Rainer mit einer knappen E-Mail zu sich ins Büro.
    Sie wartete sitzend auf ihn, mit geradem Rücken.
    Als Rainer schwungvoll eintrat und hinter sich die Tür schloss, wie es cooler kaum ging, wandte sie ihm ruhig den Kopf zu.
    »Ich habe dich gebeten, mir beim Job für Peng zu helfen.Du aber hast mich damit nicht nur alleingelassen, sondern dich auch noch über mich lustig gemacht. Nun, Rainer … das war’s.«
    Sie hatte ruhig gesprochen, und als sie ihr
»Das war’s«
gesagt hatte, staunte Eva über ihre Entschlossenheit. Außerdem: wie filmreif sie es rübergebracht hatte, echt cool! Die Überraschung über sich hielt auch den Moment danach an. Und eine Sekunde später wurden nicht etwa ihre Knie doch noch zittrig, sondern es mischte sich Stolz in ihre Empfindung. Sie hatte es geschafft, endlich hatte sie es geschafft! Eva lächelte.
    Rainer sah sie an. »Das war’s? Was meinst du damit?«, fragte er und wusste es schon. Zum ersten Mal würde nicht er, sondern eine seiner Affären mit ihm Schluss machen. Eva blickte ihm direkt ins Gesicht. Was für eine Ironie, dachte Rainer. Ausgerechnet in sie habe ich mich – er unterbrach den Gedanken, sah rasch zur Decke, dann zu Eva, zwinkerte ihr zu und sagte: »Das trifft sich gut, ich wollte es dir auch schon vorschlagen.«
    Er küsste sie auf die Wangen, schaffte ein Lächeln, wirkte so gefasst, wie ein Schauspieler es nur hätte spielen können, drehte sich um und verließ ihr Büro.
    Keine Niederlage hatte er einstecken müssen, gerade noch ein Remis herausgeholt.

13
    Dimsch hatte noch nie mit einem Journalisten zu tun gehabt. Als er den Anruf aus dem Redaktionssekretariat der größten Zeitung des Landes entgegennahm, wurde sein Verstand deshalb in Gedankenschnelle von zwei Emotionen erschlagen: neugieriger Aufgeregtheit und – gleich dahinter – Angst.
    Dabei war die Dame überaus freundlich gewesen.
Lieber Herr Dimsch,
hatte sie ihn genannt, und von
Ehre
gesprochen, würde er der Zeitung ein Interview
gewähren
. Nein, nein, mit dem Marketingleiter und Pressesprecher wollten sie keinesfalls reden, sondern ausschließlich mit ihm, ihm ganz persönlich.
    Nachdem ihn die Lawine aus Hochachtung, Schmeichelei und Höflichkeit kuschelweich niedergewalzt hatte, vermochte Dimsch am Ende des Gesprächs nur noch zwei Worte hervorzubringen: »Na gut.«
    Das Lokal, das als Treffpunkt vereinbart worden war, betrat er mit einem flauen Gefühl – und einem neuen Pulli. Dimsch hatte ihn tags zuvor eigens erworben, nicht ohne sich selbst während des viel zu langen Kaufvorgangs peinliche Eitelkeit vorzuwerfen. Die nette Dame am Telefon hatte angekündigt, dass auch ein Fotograf dabei sein werde.
    Ein In-Lokal war es, in das er geladen worden war, irgendwie eine Mischung aus Café und Bar, und es war schon jetzt, um halb sechs Uhr abends, gesteckt voll. Dimsch versuchte, an den kleinen, silbrig glänzenden Tischchen zwei Menschen zu erkennen, die in etwa so aussahen, wie er sich einen Journalisten und einen Fotografen vorstellte. Als er in die Menge blickte, konnte er kein Gesicht vom anderen unterscheiden, eine homogene Masse waren die Gäste, ineinander verschmolzen kraft Dimschs Nervosität. Er erinnerte sich an den Zettel, den er am Vormittag in seine Hosentasche gesteckt hatte. Nur eine einzige Zahl stand darauf, die Nummer des Tisches, an dem die beiden Herren von der Zeitung auf ihn warten würden. Bis Büroschluss um siebzehn Uhr hatte er das Zettelchen gewiss ein Dutzend Mal aus der Jeans geholt, um sich zu vergewissern, dass er sich die Zahl korrekt eingeprägt hatte. Von den ersten zwei, drei Versuchen abgesehen, hatte er auchstets richtig gelegen, doch nun, da Dimsch im Gewühl des Eingangsbereichs stand, schien ihm die Möglichkeit, dass er sich an die simple Nummer würde erinnern können, derart illusionär, dass er es erst gar nicht versuchte. Erleichtert atmete er durch die Nase, als er den abgegriffenen Zettel in der Hosentasche ertastete. Dimsch nahm ihn
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