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Tödliches Lachen

Tödliches Lachen

Titel: Tödliches Lachen
Autoren: Andreas Franz
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Prolog
    März bis April 1988
    Mike war um kurz nach zwei nach Hause gekommen und hatte sich eine Packung Spaghetti gemacht, ein Fertiggericht, das sich schnell zubereiten ließ und keine Kochkünste erforderte. Sechs Stunden Schule hatten ihre Spuren hinterlassen, vor allem die Lateinarbeit, die er sicher nicht schlecht geschrieben hatte, aber dennoch hasste er dieses Fach, denn er fragte sich, wozu er diese Sprache später einmal brauchen würde. Doch sein Vater und auch sein Großvater hatten ihn geradezu gedrängt, es statt Französisch als zweite Fremdsprache zu wählen, obwohl ihm Französisch, das etwas Sanftes, Beschwingtes und Sinnliches hatte, viel besser gefiel. Außerdem hatte Mike ein konkretes Ziel vor Augen - er wollte Mathematiker oder Physiker werden. Schon jetzt war er in diesen Fächern seinen Mitschülern um Lichtjahre voraus, konnte Aufgaben lösen, vor denen selbst die besten Abiturienten, die meisten Studenten und sogar einige Professoren kapitulierten. Und es war erst ein halbes Jahr her, dass er einen internationalen Mathematik-Wettbewerb für Schüler und Studenten gewonnen hatte.
    Noch maximal zwei Jahre, dann war der Schulstress vorbei; aber im Moment dachte Mike nur an heute und den restlichen Tag mit noch einer halben, höchstens einer Stunde Hausaufgaben, die er jedoch erst später, irgendwann gegen Abend, erledigen würde. Sein Vater war noch in der Firma, und die Putzfrau hatte wie immer das Haus um Punkt eins verlassen. Sie kam zweimal in der Woche, um sauber zumachen, eine junge Spanierin, die nur gebrochen Deutsch sprach, aber ihre Arbeit hervorragend erledigte. Er mochte sie, auch wenn er sie nicht oft sah und lediglich von ihr wusste, dass sie verheiratet war und zwei Kinder hatte.
    Mike ging mit dem Teller auf sein Zimmer, setzte sich an den Schreibtisch und las beim Essen ein Asterix-Heft. Ein paar mal musste er schmunzeln, und er war gerade bei der letzten Gabel, als das Telefon klingelte. Großmutter. Sie fragte ihn wie jeden Tag, wie es ihm gehe, wie die Schule gewesen sei. Das Übliche. Mike antwortete brav und beendete das Gespräch nach wenigen Sätzen. Er legte sich aufs Bett und machte den Fernseher an, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und starrte an die Decke, während im Hintergrund eine billige Talkshow lief.
    Sein Blick ging nach einer Weile zur Wand; wo ein großes Foto seiner Mutter hing. Zehn Jahre waren seit ihrem Tod vergangen, die Erinnerung an sie war vollständig verblasst. Das Einzige, was ihm geblieben war, war dieses Foto, das in einem großen Rahmen über seinem Schreibtisch hing. Er betrachtete sie lange - eine schöne Frau, mit fast mystischen und doch auf seltsame Weise traurigen Augen, die ihn ansahen, als wollten sie ihm etwas mitteilen.
    Manchmal meinte er, dass sie ihm sagen wollte, wie traurig sie sei, ihn allein mit dem Vater zurückgelassen zu haben.
    Von einem Tag auf den andern war sie verschwunden, daran konnte er sich noch vage erinnern, und irgendwann hatte ihm sein Vater auf seine ständigen Fragen hin, wo Mama sei, geantwortet, sie sei jetzt oben im Himmel. Er war auch noch nie an ihrem Grab gewesen, denn sein Vater hatte erst vor Kurzem gesagt, sie habe eine Seebestattung gewollt, doch das solle er niemandem erzählen, nur er wisse davon und seine Eltern.
    Also liegt deine Asche jetzt irgendwo im Meer verteilt, dachte Mike und lächelte der hübschen jungen Frau zu. Er hatte seinen Vater gefragt, woran sie gestorben sei, worauf dieser antwortete, sie habe einen Unfall gehabt. Jedes Mal. wenn er das Gespräch auf seine Mutter brachte, wurde sein Vater kurz angebunden und bisweilen auch unwirsch, einmal hatte er Mike sogar angebrüllt und gesagt, das sei alles lange her und er solle sich auf sein eigenes Leben konzentrieren.
    Mike setzte sich nach einer halben Stunde auf, fuhr sich ein paar mal durch das kurz geschnittene Haar, schob die Brille zurecht, die er seit seiner frühesten Kindheit tragen musste, und überlegte, was er tun konnte. Er war gestern fünfzehn geworden, und sein Vater hatte gemeint, er sei nun auf dem besten Weg, ein richtiger Mann zu werden. Die Feier sollte in drei Tagen am Samstag stattfinden, im kleinen Kreis, Großeltern, Vater, sein Onkel und seine Tante und vielleicht zwei Mitschüler, die auch nichts weiter als das waren, denn Mike hatte keine Freunde. Dafür gab es mehrere Gründe. Er interessierte sich nicht für Sport, während fast alle Jungs und auch etliche Mädchen in seiner Klasse auf Fußball
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