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Tödliches Lachen

Tödliches Lachen

Titel: Tödliches Lachen
Autoren: Andreas Franz
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standen, und er ging auch nicht gerne in die Disco oder machte all die andern Sachen mit, die Jungs in seinem Alter eben so machten. Selbst Mädchen waren für ihn noch kein wirkliches Thema, auch wenn es ein paar in seiner Klasse gab, die ihn schon interessiert hätten. Aber sie waren für ihn unerreichbar, hatten alle schon feste Freunde, coole Jungs mit Mopeds, Motorrädern oder gar Autos. Sie waren außerdem alle mindestens ein, manche sogar zwei oder drei Jahre älter, und er wurde von ihnen gar nicht wahrgenommen, es sei denn, eine von ihnen hatte Probleme in einem der naturwissenschaftlichen Fächer und brauchte dringend Nachhilfe. Aber für die meisten in seiner Klasse war er ein Streber, einer, mit dem man sich nicht abgab.
    Nur ein Mädchen unterschied sich vom Rest. Auch sie war hübsch, sehr hübsch sogar, und sie war überaus intelligent, wie er fand, und auch sie schwamm nicht mit dem’ Strom. Sie war eben anders, sie war besonders.
    Louise war ein Einzelkind wie Mike. Der Vater hatte sich kurz nach ihrer Geburt aus dem Staub gemacht, und nun lebte sie allein mit ihrer Mutter in einem Reihenhaus am Stadtrand von Düsseldorf, nur wenige Minuten von ihm entfernt. Sie war schon einige Male bei ihm zu Hause gewesen, sie hatten sich unterhalten und festgestellt, dass es niemanden sonst gab, mit dem sie über Themen sprechen konnten, die für das Gros der anderen Jugendlichen langweilig waren. Sie war siebzehn, fast so groß wie er und hatte etwas, das ihn magisch anzog. Doch er traute sich nicht, ihr seine Gefühle zu zeigen, denn schließlich lagen zwei Jahre inzwischen ihnen.
    Dennoch träumte er immer wieder von ihr, wenn er wie jetzt allein in seinem Zimmer war und keiner ihn störte.
    Sie gingen fast jeden Tag gemeinsam zur Schule, sie telefonierten recht häufig miteinander - aber sie hatten sich noch nie berührt. Er hätte sie gerne einmal angefasst, einfach um zu spüren, wie sie sich anfühlte, ihre Haut, ihre Hände, wie ihr Haar duftete. Er träumte auch davon, sie einmal zu umarmen, und wenn seine Träume noch weiter gingen, dann hielt er sie ganz fest im Arm und streichelte und küsste sie. Bisweilen dachte er: Vielleicht wartet sie nur darauf, dass ich den Anfang mache. Doch dann verwarf er den Gedanken sofort wieder und sagte sich, wie bescheuert er doch sei, auch nur zu denken, sie könnte sich für ihn interessieren. Für Mike, einen mutterlosen, pickligen Jungen von fünfzehn Jahren, mit einer dicken ‘Brille auf der Nase.
    Mike hatte Louise zu seinem Geburtstag eingeladen, aber sie hatte bedauernd abgelehnt, da sie am Samstag mit ihrer Mutter nach Frankfurt fahre, um ihre Tante zu besuchen. Er hatte das Gefühl, dass es ihr wirklich leidtat, nicht kommen zu können.
    Er war auch noch nie bei ihr zu Hause gewesen, und ihre Mutter kannte er nur vom Sehen, eine unscheinbare Frau, in deren Gesicht sich tiefe Gräben gezogen hatten, obwohl sie erst Mitte dreißig war. Und es gab auch keinen Mann in ihrem Leben. Louise hatte ihm einmal anvertraut, dass ihre Mutter einen Hass auf Männer habe und sie ihr gerne helfen würde, aber jedes Mal, wenn sie das Thema anschneide, blockte ihre Mutter ab. Und einmal erzählte sie ihm traurig, dass sie nicht nur Kettenraucherin sei, sondern auch regelmäßig zur Flasche greife. Louise war überhaupt ein ernstes. trauriges Mädchen, auch wenn sie oft lachte, aber sie fühlte sich einsam, von der Mutter im Stich gelassen und von den Mitschülern unverstanden. Mike war der Einzige, zu dem sie noch Vertrauen hatte, dem sie viele Dinge erzählte, die niemand außer ihr wusste, nicht einmal ihre Mutter, die ohnehin das Leben um sich herum kaum noch wahrzunehmen schien.
    Sein Vater war ganz anders. Er führte seit dem Verlust von Mikes Mutter ein recht lockeres Leben. Immer wieder brachte er neue Bekanntschaften ins Haus, meist junge Damen, mit denen er sehr schnell im Schlafzimmer verschwand, aus dem kurz darauf Stöhnen und Schreie drangen. Mike wusste, was dieses Stöhnen und diese Schreie bedeuteten, und setzte sich entweder Kopfhörer mit lauter Musik auf oder verließ das Haus, um spazieren zu gehen oder sich auf die Terrasse zu setzen.
    Noch während er in Gedanken versunken war, klingelte das Telefon erneut. Louise. Sie teilte ihm mit, dass die Fahrt nach Frankfurt am Samstag abgesagt wurde, da ihre Tante krank geworden sei. Ob die Einladung noch gelte. Er freute sich wie ein kleines Kind, sie am Samstag zu sehen, auch wenn es ihn schon jetzt nervte,
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