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Der Gesang von Liebe und Hass

Titel: Der Gesang von Liebe und Hass
Autoren: Cordes Alexandra + Horbach Michael
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um die Felskante zum Kloster hinlugte.
    »Das ist ein alter Trick. Sie hängen weiße Fahnen raus, und wenn wir darauf reinfallen, massakrieren sie uns, wie sie unsere Leute bei Valencia massakriert haben.«
    Bull tippte sich an die Baskenmütze. Er trug keinen Stahlhelm, und er war auch nicht dazu zu bewegen, einen zu tragen. Selbst der General hatte das nicht fertiggebracht.
    Bull ging in die Hocke, glitt dann durch das Gras. Brenski verfolgte auf seiner Armbanduhr die Zeit. Bull brauchte genau die Hälfte der Zeit, welche die anderen gebraucht hatten.
    »Gut gemacht von Bull«, sagte er zu Ed Burrows, dem Engländer mit den pechschwarzen Haaren, Erbe seiner eurasischen Mutter, die sich in Singapur in einen Major Clifton Burrows verliebt hatte.
    Ed nickte, er wischte sich den Schweiß mit dem Handrücken von der Oberlippe, er schlenderte in diesem unnachahmlichen Gang der Briten zu seinem Ausgangspunkt, verschwand im Gras, und Brenski konnte ihn erst wieder sehen, als er im Hain angelangt war, einem Stück Buschwerk aus Korkeichen, Weiden und Stechginster. Doch darunter blinkte es hell. Das war der Bach, und wenn die Nationalisten das Wasser nicht vergiftet hatten, konnten sie endlich trinken, soviel sie wollten, und ihre Feldflaschen auffüllen. Und heute abend – ja, heute abend, da würden sie sich vielleicht schon am Meßwein aus den Kellern des Klosters delektieren können.
    »Gino!«
    Der Italiener trat vor, küßte das silberne Medaillon, das seine Frau in Pisa ihm geschenkt hatte, ehe er nach Spanien ging, sank in die Hocke, kroch durch das Gras, genauso flink wie Ed, aber er hinterließ eine deutliche Spur.
    »Kriecht etwas höher«, sagte Brenski zu den anderen, »sonst können die im Kloster die Spur erkennen.«
    »Glaubst du wirklich, daß in dem Kloster Soldaten sind?« fragte Pablo, dessen Heimat das Fischerdörfchen Torremolinos war, ein paar Hütten an einem heißen Strand.
    »Ja, unser Nachrichtendienst hat es bestätigt. Also los.« Es ging jetzt schneller als erwartet. In einer guten halben Stunde waren alle drüben, außer Brenski.
    Er ging als letzter. Er schaute noch einmal mit dem Fernglas zum Kloster hin, zu den rötlichen Steinmauern und dem hohen Turm, in dem die Glocke in einer schmiedeeisernen Kuppel hing, schwarzes Filigranwerk gegen den blauen Himmel, und Brenski dachte: im Frieden hierher kommen, auf die Mesa, im Gras liegen und nur das Kloster anschauen in all seiner Grazie und Würde, den durchsichtigen Glockenstuhl, und dann das Läuten zur Vesper hören.
    Er räusperte sich, spuckte aus. Er wollte schon den Feldstecher in sein Lederfutteral zurückstecken, als er ein Aufblinken auf dem Mauerrand des Klosters bemerkte.
    Er stellte die Okulare scharf ein, aber jetzt war nichts mehr zu sehen. Lange blieb er stehen. Dann zuckte er mit den Schultern, glitt ins Gras, den Hang hinunter zum Hain hin.
    Als er auf der Mitte zwischen Fels und Hain war, hörte er das saugende, platschende Geräusch von Granatwerfern. Meistens hörte man zuerst den Einschlag, aber der Wind stand vom Kloster her gegen ihn, und so konnte er das saugend platschende Singen vernehmen. Er blieb steif liegen, versuchte sich mit den Nägeln in die Erde zu krallen, so tief wie möglich.
    Die Einschläge lagen alle um den Felsen herum, davor, dahinter, an den Seiten. Der Stein barst knallend, Metall- und Felssplitter schwirrten wie giftige Grillen durch die Luft, der beizende Geruch von Pulver drang in Brenskis Nase, aber das spürte er nicht einmal. Er dachte nur: Laß mich raus hier, laß mich noch einmal raus. Er wußte, daß er das immer dachte, doch jedesmal war sie neu für ihn: die Angst.
    Der Feuerüberfall dauerte genau eine Minute, aber Brenski erschien es wie ein Stunde.
    Als das Schießen aufhörte, lachte er leise vor sich hin. Sie wußten also nicht, daß sie schon längst im Hain waren. Die Nacionales hatten irgend etwas am Felsen beobachtet und drauflosgeschossen.
    Schnell kroch er weiter.
    Seine Leute empfingen ihn mit Händedrücken und Auf-die-Schulter-Schlagen, und Gino gab ihm eine flache Metallflasche in die Hand. Er trank. Es war scharfer Grappa aus Italien.
    Brenski prustete. »Wo hast du denn den her?«
    »Von einem Kerlchen, das Mussolini rübergeschickt hat, um dem kleinen, dicken Francisco zu helfen.«
    Brenski gab die Flasche zurück. »Alles herkommen!« befahl er.
    Sie versammelten sich um ihn, nur die beiden MG-Posten nicht, die das Gelände vor dem Kloster durch die dicht
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