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Der Gesang von Liebe und Hass

Titel: Der Gesang von Liebe und Hass
Autoren: Cordes Alexandra + Horbach Michael
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herabhängenden Zweige einer Weide beobachteten.
    »Der Angriff ist für heute abend angesetzt. Um fünf Uhr bekommen wir den endgültigen Termin. Unsere Geschütze hinter den Hügeln werden das Kloster eindecken, aber mehr, um die Köpfe der Verteidiger runterzuhalten, als um eine Ruine daraus zu machen. Wir brauchen das Kloster für den Schutz der Straße nach Guevara. Von Westen her greift das erste Bataillon der Internationalen Brigade an, wir kommen, im Schutz der Dunkelheit und des Lärms, von Osten. Die Aufgabe der Estranjeros ist es, die Verteidiger abzulenken. Unsere Aufgabe ist es, das Kloster zu erobern, zu besetzen und zu halten, bis das Bataillon der Republikanischen Armee, das hinter Cortez steht, dort Stellung bezogen hat.«
    »Warum greifen die nicht an, die Einundfünfziger?« fragte El Grecho, der älteste von Brenskis Leuten, der sich nur jeden dritten Tag rasierte und stets nach Knoblauch und Wein roch. Er war klein von Statur, aber mit einem mächtigen Brustkasten. Kein Fett saß auf seinen nackten Armen, die Muskeln und Sehnen standen hervor wie bei einem viel jüngeren Mann.
    »Wir können das einundfünfzigste Bataillon für einen solchen Einsatz nicht riskieren. Es ist das einzige noch intakte Bataillon der ganzen Division.«
    »Wir sind also das Kanonenfutter, Camarada Brenski?«
    »Du hast es erraten, Amigo. Aber du hast dich ja freiwillig gemeldet.«
    »Ja, doch niemand hat mir gesagt, daß so viele Soldaten in dem Kloster sind. Ich dachte, da seien nur die christlichen Jungfrauen, und es gäbe dort nur etwas, um sich zu amüsieren, nicht aber um zu kämpfen.«
    »Drüben liegt eine knappe Kompanie. Hast du deine Cojones verloren, Alter?«
    El Grecho warf sich in die Brust. »Meine Cojones sind schwerer und besser gefüllt mit dem Saft des Lebens als die irgendeines anderen. Aber ich habe gedacht, ich brauche sie für etwas anderes als einen Tanz mit den verdammten Regulares.«
    »Wenn wir das Kloster haben, sind die alle tot.«
    »Keine Gefangenen?« fragte Ed Burrows. Brenskis Augen verengten sich. »Keine Gefangenen«, bestätigte er. »So, und jetzt ab. Eingraben, rundum Posten beziehen, stündliche Ablösung. Bull, teil die Leute ein.«
    »Yes, Sir«, grinste Bull.
    Sie tranken vom Wasser des Bachs, es war nicht vergiftet. Sie gruben wilden Lauch und wilde Zwiebeln aus und aßen sie zu ihrem trockenen Brot. Sie gruben sich ein. Francés, der Funker, hockte mit Brenski in einem Loch. Jede Stunde, so, wie es abgemacht war, stellte er das Gerät ein. Sie konnten eine Menge chiffrierter Funksprüche hören, aber es waren alles Sprüche von der anderen Seite. Einmal meldete sich eine Stimme im Klartext, und Brenski fuhr zusammen, denn sie sprach deutsch: »Flugschutz Operation Amboß genehmigt. Wiederholen Sie …«
    Dann nichts mehr.
    Das konnte einen verrückt machen. Was bedeutete ›Operation Amboß‹?
    Wo wollten die verdammten Faschisten noch angreifen? Sie griffen an allen Fronten an, nach diesen zwei Jahren Krieg. Die Republik, die stärker hätte werden sollen, war schwächer geworden. Der Feind aber, der von den Deutschen in Junkers-Maschinen aus Marokko hergekarrt worden war, wurde von Tag zu Tag überlegener. Und die Ursache war der Zwist im Republikanischen Lager.
    Keine Solidarität kannte dieses Volk. Die Kastilianer, die sich als die echten und reinen Spanier betrachteten, sahen auf die Andalusier herab, die Katalanen auf die Basken, die Basken wiederum auf die Bauern aus Galizien. Den wahren Sinn des Zwangs zur Solidarität des Internationalen Proletariats hatten sie nie kapiert. Die von Marx geforderte Umverteilung der Güter taten sie mit einer Handbewegung ab, die Verstaatlichung der Produktionsmittel machte ihnen angst. Und doch bezeichneten sie sich als Kommunisten, Sozialisten oder Anarchisten. Die letzteren wollten natürlich alles kaputtschlagen, um ›auf den Trümmern von Staat und reaktionärer Gesellschaft‹ das Paradies auf Erden zu errichten. Wer dann noch arbeiten sollte, verriet keiner dieser Spinner.
    Wofür kämpften sie eigentlich?
    Für Spanien, sagten sie stolz.
    Sie konnten sich ihr Spanien an den Hut stecken, wenn sie so weitermachten.
    Aber meine Überzeugung werden sie trotzdem nicht brechen, dachte Brenski. Ich weiß, daß hier in Spanien schon der große Krieg von morgen entschieden wird; denn hier probieren sie alle ihre Waffen aus, die Italiener und die Deutschen, auf dem Rücken der Spanier, aber auch, ganz heimlich, Frankreich und
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