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Der General und das Mädchen

Der General und das Mädchen

Titel: Der General und das Mädchen
Autoren: Jacques Berndorf
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loslegen.«
      »Dann lebt hier niemand mehr, Sie auch nicht«, sagte ich. »Deshalb geht es ja auch nicht um Zerstörung, sondern Vertrauen, um Friedenspolitik eben.«
      Seine Frau kam mit einem silbernen Tablett, auf dem ein Berg Kekse lag, und stellte es vor uns auf den Tisch.
      »Danke«, sagte er knapp. »Und nun geh mal, Kindchen. Das hier ist zu speziell für dich.«
      Seine Frau lächelte uns entschuldigungheischend an und murmelte: »Ich wollte sowieso gerade nach den Kindern sehen.« Dann ging sie mit einem sehr geraden Rücken davon.
      Ich merkte, daß Germaine scharf werden wollte, und hustete. Sie begriff und schwieg. Ich holte die Olivenholzpfeife aus der Tasche und stopfte sie betulich.
      »Der kleine Bautrupp, der das alles einrichtet, ist Ihnen sicher der liebste«, meinte ich.
      »Aber ja«, sagte er lebhaft. »Wir sind nur zehn Leute, mit mir zusammen eine Fußballmannschaft. Und wir spielen sogar tatsächlich Fußball. Ja, das ist mein liebstes Unternehmen, alles brave, saubere Kerls. Ich bezahle sie weit über Tarif. Diese Männer tragen wirklich Verantwortung, denn im Zweifelsfall muß das, was sie bauen, ja auch hundertprozentig klappen!«
      »Aber es endet immer mit dem Tod«, stellte ich fest. »Bedrückt Sie das nicht?«
      »Nein«, lächelte er. »Krieg wird es immer geben, und Krieg ist nun einmal Tod.«
      »Sie gehen von morgens bis abends mit Tod um«, sagte Germaine.
      »Wenn Sie die Geschichte der Kriege studieren«, sagte er, »werden Sie entdecken, daß immer nur sehr wenige Männer weit genug vorausgedacht haben.«
      »Und Sie haben vorausgedacht?« fragte ich.
      »Das sehe ich als meine Pflicht«, antwortete er knapp.
      »Beim General hat auch jemand vorausgedacht«, sagte Germaine.
      Es machte den Eindruck, als überlege sie das für sich selbst, als sei es nicht an uns gerichtet.
      »Auf eine gewisse Weise sicher«, sagte Tutting vorsichtig. »Und noch sind wir in Bonn stark genug, und es wachsen neue Männer nach.«
      »Trotzdem die Frage«, schaltete ich mich ein. »Was machen Sie, wenn diese ganzen Anlagen abgebaut werden?«
      »Das ist eine Illusion«, widersprach er heftig. »Und falls es je so weit kommt, verlasse ich mit meiner Familie dieses Land. Meine Freunde werden mich dankbar aufnehmen.« Er stand auf, er erklärte das Treffen für beendet. »Wissen Sie, ich habe noch zu arbeiten.«
      Wir gingen hinter ihm her durch den Hallenbau zu unserem Auto. Das hohe Gittertor schwang auf, wir fuhren hindurch und atmeten erst einmal tief durch.
      »Weshalb hat er Otmar erschossen?« fragte sie.
      »Weil Otmar ihm seine Macht nehmen wird«, sagte ich. »Er ist König in einem unheimlich brutalen Spiel. Alles in diesem Land hat er mit seiner Fußballmannschaft absolut unterminiert. Sprengschächte, Panzersperren, brennende Wälder, ein Reich, in dem nur noch krepiert wird. Und er ist wichtig, ungeheuer wichtig. Er ist so wichtig, daß die Amerikaner ihn einen Freund nennen und Vertrauen zu ihm haben. Und da kommt ein kleiner General und nimmt ihm dieses Reich ab, und zurück bleibt nichts als ein ganz normaler Bauunternehmer. Und das kann er nicht ertragen.«
      »Er ist voller Angst«, sagte sie. »Ob Lennon ihn morgen früh beim Joggen erwischt?«
      »Ich weiß es nicht, aber es würde zu Lennon passen.«
      »Und wenn er mit Leibwächtern joggt?«
      »Lennon wird sich schon etwas ausdenken.«
      Die Nacht war warm, und ich dachte darüber nach, wann es endlich endgültig mit dieser schauerlichen Grenze vorbei wäre.
      »Darf ich bei dir schlafen, Baumeister? Es ist nicht...«
      »Selbstverständlich«, sagte ich. »Wie kann diese Marlies neben Tutting leben, der Mann ist doch manisch besessen.«
      »Irgendwie eben«, sagte sie. »Irgendwie leben auf dieser Welt die meisten Frauen. Wir sind noch nicht sehr weit. Wie geht es jetzt weiter?«
      »Ich weiß es nicht, ich bin einfach todmüde.«
      Ich schreckte hoch, weil jemand wie verrückt gegen die Tür des Hotelzimmers hämmerte. Dann schrie Moni: »Baumeister, verdammt noch mal, Baumeister!«
      Ich sprang auf und öffnete die Tür. Da stand sie, in Jeans, mit nur einem Slipper an den Füßen, in einem weißen Hemdchen. Und alles an ihr war voll Blut.
      »Was ist denn los, um Gottes willen?«
      Sie stolperte herein und keuchte. »Du mußt mir helfen, ich meine, du mußt Jonny helfen. Er hatte eine Verabredung mit Tutting, aber dabei
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