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Der General und das Mädchen

Der General und das Mädchen

Titel: Der General und das Mädchen
Autoren: Jacques Berndorf
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vielleicht ist nichts dran, vielleicht wird das auch eine heiße Sache. Sie können es doch ganz gut mit diesem Aussteiger-General, diesem Ravenstein, oder?«
      Sofort war'ich hellwach. Das war Kölzer am Apparat, Ressortleiter bei einem Hamburger Magazin, für das ich manchmal arbeitete, ein richtiger Terrier, und wenn der eine Sache für wichtig genug hielt, morgens um sieben anzurufen, dann war mit Sicherheit mehr dran, als sein Plauderton vermuten ließ.
      »Sie wissen, daß ich ihn kenne, aber Sie wissen auch, daß das eine rein private Sache ist. Ich werde ihm bestimmt nicht mit einer Recherche auf den Pelz rücken.«
      »Hören Sie sich doch erst mal an, worum es geht. Wir haben da was läuten hören, daß von der Seite eine verteidigungspolitische Großoffensive kommen soll, nicht irgend so ein netter Spinnervorschlag, sondern was ziemlich Ausgebufftes, das man nicht so einfach unter den Teppich kehren kann. Die Sache klingt interessant genug, daß wir gern als erste dran wären. Wenn Sie sich da mal ein bißchen umhören wollen, gibt's den normalen Recherchensatz. Wenn wirklich was dran ist, kriegen Sie dazu die Exklusiv-Reportage. Vielleicht ist sogar eine Titelgeschichte drin. Was halten Sie davon?«
      Ich hielt gar nichts davon, aber ich hatte mir schon zu lange Ferien gegönnt, und auch meine Freunde von der Volksbank hatten nicht unbegrenzt Geduld. Ich faßte einen schnellen Entschluß.
      »Kölzer, hören Sie. Ich werde den General nicht einfach ansprechen, so von Eifelfreund zu Eifelfreund, und das dann als Exklusivbericht verwursten. Was ich machen kann, ist ein bißchen Recherche im Umfeld. Je nachdem, was dabei rauskommt, mache ich weiter oder nicht. Ist das okay?«
      »Ja«, meinte Kölzer gedehnt. »Das ist besser als gar nichts. Aber beeilen Sie sich, Mann, wir sind vielleicht nicht die einzigen, die an der Sache dran sind.« Dann legte er grußlos auf.
      Ich ging zum Bett zurück und teilte Krümel mit: »Ich muß nachher nach Bonn. Und du kommst mit, ist das klar?« Sie würdigte mich keines Blickes. Wahrscheinlich träumte sie von ihrem Knuddel-Kater. Mir war's egal. Ich legte mich wieder neben sie und schloß die Augen.
      Es war wunderbar still. Überhaupt ist die Stille beinahe das Schönste an der Eifel. Doch irgendwie hatte Kölzer mir den Tag verdorben. Kölzer war ein erstklassiger Journalist. Er hatte mehr Affären aufgedeckt als jeder andere in unserem Gewerbe. Die Sache konnte verdammt heiß sein. Doch ich würde das Ganze auf meine Art angehen.
      Ich würde nicht den General fragen, sondern genau auf der Gegenseite anfangen. Wenn so eine Sache in der Luft lag, müßte Schwärzel davon Wind bekommen haben, Schwärzel, der kleine Reserveleutnant aus Koblenz, der sich über Bundeswehr-Kameradschaftsverein, Vorsitz im örtlichen Fußballclub und bei den >Freunden Mittel-deutschlands< zum CDU-Bundestagsabgeordneten und schließlich zu einem der Verteidigungsexperten seiner Fraktion hochgeboxt hatte. Ich kannte ihn von einer Jäger-90-Reportage her; er war mir alles andere als sympathisch, aber da er geradezu pressegeil war, erfuhr man über ihn schon mal Dinge, die einem sonst verschlossen blieben.
      Um neun rief ich in seinem Büro an, und wie erwartet bekam ich sofort einen Termin für den Vormittag.
      Um halb zehn fuhren wir los, und ich war leicht sauer, als Krümel mit Weltschmerz auf das Dorf zurückblickte, als wollte sie seufzen: »Leb wohl, mein Geliebter!« Dann rollte sie sich auf der Rücksitzbank zusammen.
      Mißmutig schob ich ein Band von Phoebe Snow ein, die grundsätzlich brav onduliert wie eine biedere Hausfrau vor das Mikrofon tritt, um dann loszuröhren, als sei sie in ein Hornissennest getreten. Sie trompetete >Teach me tonight< und >Love makes a woman<, aber sie vermochte mich nicht auf den christlichen Abgeordneten einzustimmen. Da noch Zeit war, stopfte ich mir eine Pfeife, fuhr von der Straße hinunter an das Ufer der Ahr und hockte mich ins Gras.
      Hier oben bei Schuld und Insul ist der Huß noch klar, besitzt die liebenswerte Unordentlichkeit eines in vielen Mäandern laufenden Wasserweges und hält um diese Jahreszeit ein kleines Wunder parat: Auf vielen Kilometern schwimmt ein weißes Blütenmeer auf dem Wasser, der gemeine Froschbiß, hydrochorus morsus ranae. »Sieh dir das an«, sagte ich zu Krümel, die sich'im Gras lümmelte. Aber sie dachte nicht daran, sie pflegte sich. Also genoß ich den seltsam schönen Anblick
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