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Der General und das Mädchen

Der General und das Mädchen

Titel: Der General und das Mädchen
Autoren: Jacques Berndorf
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aussah. Irgendwie komisch für einen General. Aber nicht für ihn. Am Schreibtisch nichts, was auf irgendeine Tätigkeit hinwies.
      »Verdammt noch mal, Tote können doch nicht so schweigsam sein!« sagte ich laut. Ich wünschte plötzlich intensiv, Krümel bei mir zu haben, weil Katzen Unheimlichkeiten verscheuchen. Aber sie durfte nicht in dieses Haus.
      Dann sah ich den Stuhl. Es war ein hoher Babystuhl aus hellem Holz, offensichtlich liebevoll selbstgefertigt. Hatte der General ein Kind gezeugt? Wartete er auf ein Kind? Ich ging hinunter auf den Ascheplatz vor den Fenstertüren und dann um das Haus zu seinen Wagen. Er hatte gesagt: »Ich lebe zwar in der Wildnis, zweitausend Meter von allen anderen entfernt, aber ich fühle mich so sicher, daß ich weder die Autos noch das Haus abschließe.«
      Es dunkelte schnell. Ich dachte an dieses Messingbett und den Babystuhl. Hatte er eigentlich Familie, eine Familie gehabt? Kinder? Er hatte nie davon geredet. Wo kam er überhaupt her? Warum hatte er sein Jagdhaus ausgerechnet in diesen abgelegenen Teil der Eifel gestellt Und wieso eigentlich Jagdhaus? War er Jäger? Nichts in diesem Haus wies darauf hin. Es gab weder Geweihe an der Wand noch einen Waffenschrank. Ich hatte auch kein Buch gesehen, das in irgendeiner Beziehung zum Waidwerk stand. Der General war mir sowieso unvorstellbar als ein Mann, der in der Morgendämmerung ein Reh abschießt.
      Dann kamen sie. Alles lief generalstabsmäßig ab.
    %%  »Haben Sie ihn angefaßt?«
      »Ja, aber ich weiß genau, wo.«
      »Ein Fachmann.«
      »Wie mans nimmt. Ich bin Journalist.«
      »Aha. Was haben Sie sonst noch angefaßt?«
      »Die Klinke von der Küchentür, die vom Bad, das Geländer von der Wendeltreppe, das Telefon.«
      »Sonst nichts?«
      »Absolut nichts.«
      Der zweite war rotblond, klein und auffällig hager. Er machte einen Schritt zur Seite. »Sie waren der Anrufer? Ich meine ...«
      »Ich habe mit Ihnen gesprochen?«
      »Richtig, das war ich. Mein Name ist Böhmert.«
      »Ich bin Siggi Baumeister.«
      »Sie wohnen auch in der Eifel.«
      Das war keine Frage, nur eine Feststellung. Sie hatten also ihren Computer befragt, oder wen auch immer. »Sie können Ihre Ballermänner aber wirklich einstecken. Ich bin nicht der, nach dem Sie suchen. Ich bin völlig harmlos.«
      »Na, so harmlos nun auch wieder nicht«, sagte der mit dem dunklen Schnäuzer schnell.
      »Strikt gegen jede Form von Gewalt!« betonte ich. Langsam wurde ich sauer.
      Der mit dem dunklen Schnäuzer steckte jetzt seine sichtlich neuwertige Dienstwaffe in die Ledertasche zurück und kam in den Raum herein. Er starrte auf den toten General. »Das ist ja irre.«
      »Sind das in der Brust Ein- oder Ausschüsse?« fragte ich.
      »Einschüsse«, meinte er. »Nach den Fotos in der Ausbildung müssen das Einschüsse sein. Was meinst du, Horst?«
      Der rotblonde Kleine, mit dem ich telefoniert hatte, nickte: »Einschüsse. Einwandfrei.«
      »Dann dürfte sein Rücken eine einzige Wunde sein«, murmelte ich.
      »Das kannste annehmen.« Der Kleine steckte seine Waffe jetzt auch weg. »Wann genau sind Sie gekommen?«
      »Ziemlich genau Punkt 21 Uhr.« Ich reichte ihm mein Diktiergerät. »Hier ist alles, was mir auf- oder einfiel. Sie können es haben.«
      »Danke. Hören Sie, wegen der Fragen am Telefon... Sie müssen verstehen, da rufen oft genug Spinner bei uns an...«
      »Ich nehme meine Grobheit auch gerne zurück. Sie brauchen sicher meine Papiere, die sind im Wagen.«
      »Brauchen wir noch nicht«, sagte er. »Ihr Tonbandgerät können Sie auch wiederhaben. Kommen Sie lieber aus dem Raum hier raus. Wir stellen uns vor das Haus.«
      »Was soll denn das?« fragte ich verwirrt.
      Der Kleine lächelte seinen Kumpel mit dem Schnäuzer freudlos an. »Wir haben Anweisung, den eigentlichen Tatort nicht zu betreten, nichts anzurühren, bloß abzusichern, zu warten, nichts zu tun«, sagte er sanft und sehr wütend.
      »Und normalerweise müßten wir Sie vorsorglich verhaften«, sagte der mit dem Schnäuzer verbittert.
      »Wieso das?«
      »Ganz einfach, wir sollen eben jeden verhaften, der hier herumstrolcht«, erwiderte er dumpf.
      Wir gingen hinaus unter die Bäume. Die anderen Beamten neben ihren Streifenwagen sahen wie die übliche Kulisse in einem Fernsehkrimi aus, höchst unbeteiligt.
      »Wie lange kann das hier dauern?«
      »Das wissen wir nicht«,
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