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Der General und das Mädchen

Der General und das Mädchen

Titel: Der General und das Mädchen
Autoren: Jacques Berndorf
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vorzustellen< oder irgend etwas in der Art. Aber ich schwieg, weil ich wußte, daß dies die hochkarätigste Versammlung von Geheimdienstlern war, die ich jemals gesehen hatte. Ich schwieg, weil ich etwas von ihnen wollte, weil ich nur eine Chance bekommen würde, sie zu übertölpeln. Meistens nuscheln solche Leute, sie kämen >vom Ministerium< aber nie sagen sie, von welchem. Leute vom Verfassungsschutz oder vom Bundesnachrichtendienst lassen gelegentlich leutselig fallen, sie hätten irgendeine Verbindung zum Innenministerium, aber mehr sagen sie nie. Die meisten erklären lapidarisch, >vom Amt in Bonn< zu kommen. Aber niemals nennen sie ihre Namen, zumindest nicht die richtigen, was es praktisch unmöglich macht, sie aufzutreiben oder gar anzurufen. Sie suhlen sich geradezu in ihrer Anonymität.
      Ich ging um die Hausecke zur Giebelseite hin. Sie sollten sehen, daß ich diskret und zuvorkommend sein konnte. Ich schlenderte zu meinem Wagen, und der junge Polizist mit dem martialischen Schnäuzer erklärte: »Es ist so: Eigentlich sollten Sie abhauen. Aber das dürfen Sie nicht, denn Ihr Auto steht mitten in einem Tatort. Und in einem Tatort darf nichts bewegt werden, bis die Spuren-Spezialisten gekommen sind.« Dazu lächelte er strahlend.
      »Das macht nichts, ich habe Zeit. Ich will neuen Tabak tanken, ein paar Pfeifen aus dem Wagen holen, wenn es recht ist.«
      »Ist recht«, entschied er.
      »Hör zu«, berichtete ich Krümel, die eine derartig massive Vernachlässigung nicht gewohnt war, »hier ist ungeheuer viel los. Und Eintrittskarten für Katzen haben sie nicht.« Sie hörte gar nicht zu, leckte sich die rechte Vorderpfote und war wahrscheinlich froh, nicht in dieses menschliche Irrenhaus hineinriechen zu müssen.
      Gelobt sei die moderne Technik. Ich klinkte ein Superweit auf die Nikon und legte einen Kodak-High-Speed ein. Dann fädelte ich ein neues Band in mein Gerät und verstaute beides in meinen Jackentaschen. Ich sammelte Pfeifen ein, tat neuen Tabak in meinen Beutel und kam voll ausgerüstet wieder zum Vorschein, um freiberuflich tätig zu werden - das heißt: so zu tun, als täte ich nichts.
      Ich schlenderte zunächst den Weg hinunter zum Waldrand und stieß dort auf die Polizeibeamten, die die Einfahrt bewachten. Ich fotografierte die Hubschrauber auf der Wiese aus der Hüfte und war nicht sicher, ob das wegen der Dunkelheit überhaupt Zweck hatte. Es war jetzt 22.08 Uhr.
      Unter den Bäumen war es sehr dunkel. Eine Fotografie machte nur auf kürzeste Distanz Sinn. Also schritt ich, gemütlich schmauchend, hinter das Haus. Auch da eine gelangweilte Streifenwagenbesatzung. Ich fotografierte die Nummernschilder der Autos des Generals.
      »Das kann aber sehr lange dauern«, sagte ich freundlich.
      »Wie immer bei so was. Das kennen wir schon.«
      Ich erreichte um die Ecke den freien Platz vor den Fenstertüren. Ich setzte mich so in einen der Gartenstühle, daß ich in das erleuchtete Haus hineinsehen konnte.
      Der kleine, kugelige Dicke hatte gesagt: »An die Arbeit, meine Herren!«
      Wenn sie das, was sie im Haus taten, als Arbeit bezeichneten, sollte ich schleunigst den Beruf wechseln. Es sah eher so aus, als sei ein Haufen mittelmäßig erfolgreicher Geschäftsleute zum Klassentreffen zusammengekommen. Die meisten von ihnen schienen diskret miteinander zu klatschen, vielleicht erzählten sie sich auch vom letzten Kegelabend. Sie hatten sich zu zweit oder zu dritt zusammengefunden und hockten auf sämtlichen verfügbaren Sesseln und Stühlen um die Leiche herum. Gelegentlich sahen sie den General mißbilligend an, als störe er. Sogar auf der Wendeltreppe hockten ein paar dieser Bonner Arbeiter.
      Böhmert neben mir murmelte: »Falls da jemals auch nur Andeutungen von Spuren waren, so haben sie jetzt alles kaputtgetrampelt.« Er blieb bei mir stehen.
      »Was machen die da drin überhaupt?« fragte ich verwirrt.
      »Das weiß ich wirklich nicht. Und ehrlich gesagt will ich es auch gar nicht wissen.«
      »Wann fangen denn die Spurenleute endlich an?«
      Er grinste schief. »Bis jetzt sind doch gar keine da. Ich schätze mal, daß die da drin jetzt überlegen, ob irgendwelche Spurenleute überhaupt daran arbeiten sollen.«
      »Aber es ist doch ein Mord!«
      Er ging nicht darauf ein. Umständlich holte er eine Schachtel Zigaretten aus der Brusttasche und zündete sich eine an. Schließlich: »Wenn es ein Profi war, werden die Herren sowieso
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