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Der gelbe Handschuh

Der gelbe Handschuh

Titel: Der gelbe Handschuh
Autoren: Alfred Weidenmann
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sämtliche Tischstewards hereinspaziert, und jeder trug einen großen Buchstaben aus Eisblöcken. Diese beinahe durchsichtigen Buchstaben waren beleuchtet und ergaben zusammen die Worte: „MS EUROPA“ und „AUF WIEDERSEHEN“. Herr Rehbein strahlte mit seinem Marzipangesicht und trug das P von EUROPA.
    „Hoffentlich kommen zur nächsten Reise nicht wieder solche Knalltüten an Bord“, meinte der Page Axel Kannengießer zum Abschied. Trotzdem versprach er, bei seinem nächsten Landurlaub in Berlin aufzukreuzen. Der Obermax und sein Bruder Huang Ku begleiteten die beiden Berliner Familien bis zum Taxi. „Die dürren Tage des Sommers, die grauen des Herbstes und die schneekalten des Winters sollen für Sie alle wie der Frühling sein“, sagte Chang Lie und verbeugte sich tief.
    „Sie sind sehr freundlich“, antwortete Frau Finkbeiner leise, und dann gaben sie sich alle die Hand.
    „Vorsicht, Ronny, mein Rollstuhl ist doch kein Rennwagen“, rief Mrs. Fuller, als sie in New York im letzten Augenblick zum Flugplatz kam. Sie erwischte die Wagners und die Finkbeiners gerade noch vor der Sperre zum Zoll. Auch sie versprach, zusammen mit ihrem Neffen nach Berlin zu kommen.
    „Vielleicht in den Sommerferien?“ fragte Apotheker Finkbeiner. „Dann setzen wir uns an die Havel und futtern Aal grün.“
    „Und ich besorge Ihnen im Hotel Kempinski die Fürstenzimmer“, schlug Herr Wagner vor.
    „Aber Ronny wohnt dann bei uns“, meinte Peter Finkbeiner.
    „Beziehungsweise bei uns“, sagte Ulli Wagner.
    In Tempelhof wartete das Gipsbein mit zwei dicken Wintermänteln über dem Arm. In Berlin schneite es nämlich immer noch.
    „Herzlich willkommen“, sagte Frau Wagner. „Das hat ja eine Ewigkeit gedauert.“
    „Und wenn wir geahnt hätten, daß hier immer noch Winter ist“, erwiderte der Portier aus dem Hotel Kempinski, „wären wir noch ein paar Wochen länger in der Karibik rumgegondelt.“
    Als er seiner Frau gerade einen Begrüßungskuß geben wollte, kam plötzlich der Warenhausdirektor Habernoll mit zwei großen Blumensträußen und einem halben Dutzend Fotografen über die Rolltreppe.
    „Schon wieder die Presse?“ fragte Frau Finkbeiner verwundert. „Ich denke, das haben wir schon in Puerto Rico erledigt.“
    „Gerade deshalb“, lachte der Warenhausdirektor. „Während Sie an allen möglichen Stränden in der Sonne gelegen haben, ist die Geschichte mit der Mona Lisa mit Ihren Fotos durch alle Zeitungen spaziert.“
    „Das hat man davon, wenn man sich mit einer weltberühmten Dame einläßt“, bemerkte einer der Pressefotografen. „Würden Sie jetzt bitte in unsere Kameras lächeln?“
    „Wir wissen Bescheid“, grinste Ulli Wagner und legte seinen Arm um Peter Finkbeiner. „Du sollst deine Zähne zeigen, du Klammeraffe.“
    „Auf diese Reklame wollte das Kaufhaus des Westens natürlich nicht verzichten“, sagte Direktor Habernoll. „Entschuldigen Sie bitte den Überfall.“
    So kam es, daß die Finkbeiners und Wagners schon zwei Stunden später durch die Rotationsmaschinen wanderten. Und als sie gerade ihre Koffer ausgepackt hatten und zum ersten Mal wieder in die eigene Badewanne kletterten, hing bereits DER ABEND mit ihren Bildern an den Kiosken.
    Aber in den Morgenzeitungen ging es erst richtig los. Die BZ und die MORGENPOST brachten sogar ein Foto von Ulli Wagner und Peter Finkbeiner auf der ersten Seite.
    „Sieh mal an“, sagte Studienrat Dr. Lebsanft. „Wir sind also über Nacht berühmt geworden.“ Dabei blätterte er seelenruhig in den Zeitungen herum, die er zusammen mit seinen Büchern in die Klasse gebracht hatte. Die 7 b und der Schüler Peter Finkbeiner schauten ihm neugierig zu.
    „Eine wirklich interessante Geschichte, und obendrein hast du dabei bestimmt noch eine Menge dazugelernt.“ Er klappte die Zeitungen jetzt wieder zu. „Man sollte ganze Schulklassen per Schiff durch die Welt schaukeln lassen.“
    „Selbstverständlich zusammen mit ihren Klassenlehrern“, bemerkte Peter Finkbeiner. Die 7 b wieherte .
    „Ich habe im Umgang mit berühmten Personen leider überhaupt keine Erfahrung“, sagte Studienrat Dr. Lebsanft, nachdem sich die Klasse wieder beruhigt hatte. Er setzte sich hinter das Katheder und blickte besorgt auf seine Schüler. „Glaubt ihr, daß ich ihn noch fragen darf, in welchem Jahr Alexander der Große den Indus überschritten hat?“
    Jetzt jubelte die 7 b, daß man es bis zur Turnhalle hören konnte.
    Im Kempinski erging es dem Knaben Ulli
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