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Der gelbe Handschuh

Der gelbe Handschuh

Titel: Der gelbe Handschuh
Autoren: Alfred Weidenmann
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vorwurfsvoll von einem zum anderen.
    „Es ist stockdunkel im Saal“, wiederholte er, als sich der Tisch beruhigt hatte, und fuhr fort: „Als das Licht wieder angeht, steht eine gefälschte Mona Lisa auf der Staffelei. Was ist passiert? Dieser Mario Harris sagt immer nur Bahnhof. Vorerst behauptet er noch, daß er mit dem Diebstahl selbst nichts zu tun hat.“ Mister Palmer lächelte honigsüß. „Sollte Mister Hobbs die Lösung aus seiner Tasche gezaubert haben?“
    „Mehr aus seinem Cellokasten“, erwiderte Apotheker Finkbeiner und ließ sich Zeit für einen Schluck aus seinem Sektglas.
    „Cellokasten?“ fragte Mister Palmer verdutzt. „Cellokasten?“ wiederholte Herr Latenser nachdenklich.
    „Könnte auch ein Baßgeigenkasten sein“, grinste Ulli Wagner.
    Die beiden Berliner Familien saßen zusammen mit den Fullers in den Sesseln und schmunzelten.
    Mister Palmer beugte sich schließlich vor und probierte zu lächeln: „Wir wären Ihnen sehr dankbar, wenn Sie uns jetzt die Geschichte zu Ende erzählen würden.“ Das taten sie denn auch. Der Apotheker aus Berlin, die Jungens, Herr Wagner und Mrs. Fuller.
    „... und das ist das ganze Geheimnis“, meinte Frau Finkbeiner abschließend. „Ich finde, die Idee war nicht von schlechten Eltern.“
    „Moment mal“, rief Mister Palmer und zündete sich wieder einmal seine Pfeife an. „Der Cellokasten mit dem gefälschten Bild steht also dicht neben der kleinen Bühne, auf der die Bordkapelle spielt
    „Da kommt der Kurzschluß“, fuhr Herr Latenser fort, „und während es jetzt dunkel ist, holt der Inder die Fälschung aus dem Kasten. Freund Hobbs hilft ihm dabei…“
    „...und mein falscher Inspektor Brown, der ja direkt vor der Staffelei sitzt, schnappt sich das Original.“ Mister Palmer war aufgesprungen und spazierte in seiner ganzen Länge hin und her. „Die beiden treffen sich und tauschen die Bilder aus.“
    „Die Passagiere werden aufgefordert, auf ihren Plätzen zu bleiben“, ergänzte der Privatdetektiv, „sitzen also artig an ihren Tischen und stehen den Herren nicht im Weg. Bis auf einen.“
    „Und der hat dann hinterher auch prompt eine Beule am Kopf‘, bemerkte Mrs. Fuller sachlich.
    „Als das Licht wieder angeht“, kombinierte Mister Palmer weiter, „steht die Fälschung auf der Staffelei, und die echte Mona Lisa ist in den Baßgeigenkasten gewandert.“
    „Als die letzten Passagiere verschwunden sind und die Bordkapelle zusammenpackt, trabt Mister Hobbs mit seinem Kasten los. So einfach ist das.“ Herr Latenser schüttelte den Kopf. „Daß sein Cello vorerst bei den Notenständern zurückbleibt, fällt überhaupt nicht auf. Er stiefelt zum Lift und fährt hinunter ins G-Deck, wo der Inder schon auf ihn wartet. Fünf Minuten später liegt die Dame Mona Lisa unter Klapperschlangen und Kobras in ihrer vorbereiteten Schublade, die ihr paßt wie ein Maßanzug.“
    Herr Latenser lehnte sich in seinen Sessel zurück und blickte jetzt schon zum zweiten Male zur Milchstraße hinauf. „Nein, die Idee war wirklich nicht von schlechten Eltern, dagegen ist nichts zu sagen.“
    „Ich bin echt von den Socken“, gab Mister Palmer zu und paffte ganz schnell hintereinander kleine weiße Rauchwolken vor sich hin.
    „Und der gelbe Handschuh?“ fragte Chang Lie nach einer Weile.
    „Richtig, hätten wir fast vergessen“, sagte Frau Finkbeiner.
    „Den haben Sie mal auf Ihrem Motorrad liegenlassen, als man Sie über den Bordlautsprecher weggerufen hat“, erwiderte Mister Palmer. „Da hat ihn unser falscher Inspektor Brown geklaut und dann beim Kurzschluß neben die Staffelei auf die Tanzfläche gefeuert. Für den Fall, daß doch noch etwas schiefginge. Wir sollten uns zuerst mal an einer falschen Spur die Zähne ausbeißen.“
    „Weiter nichts?“ fragte Ulli Wagner verwundert.
    „Weiter nichts“, antwortete Mister Palmer.

Die weltberühmte Dame geht von Bord, und in Berlin schneit es noch immer

    „Jetzt kann nichts mehr schiefgehen“, meinte Mister Palmer und rieb sich zufrieden die Hände.
    „Es sei denn, daß in der nächsten halben Stunde noch ein Hurrikan dazwischenkommt“, bemerkte Herr Latenser.
    „Oder irgendein Vulkan bricht aus.“
    „Das ist nicht die Jahreszeit für Hurrikans“, bemerkte Mister Palmer, „und der nächste Vulkan wäre der Mont Pelée auf Martinique. Aber der hat sich schon seit mehr als siebzig Jahren aufs Ohr gelegt.“
    Die beiden Herren waren noch die halbe Nacht in der Funkstation herumgesessen
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