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Silberstern Sternentänzers Sohn 02 - Gefährliche Traeume

Silberstern Sternentänzers Sohn 02 - Gefährliche Traeume

Titel: Silberstern Sternentänzers Sohn 02 - Gefährliche Traeume
Autoren: Lisa Capelli
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Aufbruchstimmung
    Silbersterns Hufe bewegten sich nahezu lautlos auf dem weichen Boden, der aus dürrem Gras und aus feinem, gelblichem Sand bestand. Niemand von der Zirkustruppe hatte mitbekommen, dass sie weggeritten war. Endlich war Annit mit Silberstern allein. Und mit ihren Gedanken, die wild in ihrem Kopf umherwirbelten.
    Schon seit Tagen spürte sie wieder diese innere Unruhe - genau wie damals, bevor sie von Zuhause weggegangen war. Was soll ich nur machen?, überlegte sie. Ich kann einfach nicht länger in Warschau bleiben. Klar, die Zeit im Zirkus mit Rocco und all den anderen war toll, und wir haben so viel zusammen erlebt. Aber ich will einfach noch mehr von der Welt sehen, viel mehr. Annit wusste, dass es da auch noch etwas anderes gab, was sie weitertrieb. Aber darüber wollte sie nun nicht nachdenken, da es zu wehtat. Ich muss einfach weiter. Ich kann nicht anders.
    Annit trieb Silberstern an. Der schwarze Araberhengst schien zu spüren, wie verwirrt sie war. Er schüttelte den Kopf, blies laut durch die Nüstern und setzte zu einem wilden Galopp an.
    Annit hatte vor einem guten halben Jahr Hals über Kopf ihre Eltern verlassen und sich Roccos Zirkustruppe angeschlossen. Mit ihr war sie dann nach Warschau gezogen, wo Roccos Show von Anfang an ein voller Erfolg gewesen war. Bei jeder Vorführung war das Zirkuszelt bis auf den letzten Platz ausverkauft. Dennoch spürte Annit seit Kurzem wieder diese Rastlosigkeit, die nun von Tag zu Tag stärker wurde. Vor einem Jahr hatte Annit etwas erfahren, was ihre ganze heile Welt mit einem Schlag auf den Kopf gestellt hatte. Seither wurde sie von dem Gefühl getrieben, auf der ständigen Suche nach etwas zu sein. Auch wenn es ihr noch so gut gefiel an einem Ort - wie jetzt in Warschau -, hielt sie es dort einfach nicht lange aus.
    „Bist du verrückt, du willst schon wieder weiter?“, hatte Carolin ihr vor zwei Tagen gemailt. „Kaum bist du in Warschau angekommen, willst du schon wieder weg. Wo soll es denn diesmal hingehen?“
    Annit kraulte mit den Fingerspitzen zärtlich Silbersterns Stirn und seufzte gedankenverloren. Ja, ich habe hier lange genug Halt gemacht. Jetzt ist es an der Zeit, aufzubrechen. Unbedingt! Auch wenn ich noch nicht genau weiß, wohin ich gehen werde. Aber mein Entschluss steht fest: Ich werde gehen.
    Dann musste sie an Rocco denken. Sie hatte ihm bereits gestanden, dass sie vielleicht weggehen würde. „Ich brauche dich, Annit“, hatte Rocco gesagt. „Niemand kann so gut mit einem Pferd unter meiner Zirkuskuppel umgehen wie du. Keiner. Überleg es dir doch bitte noch einmal.“
    Annit sah ihn vor ihrem geistigen Auge: den liebenswerten, witzigen, chaotischen, unerschrockenen Feuerschlucker, Fakir und Zirkusdirektor. Rocco war alles in einer Person. Annit lächelte, als sie daran dachte, wie er seine langen schwarzen Korkenzieherlocken immer unter einem Tuch versteckte, wenn er als Feuerschlucker auftrat. Damit sie nicht in Flammen aufgehen konnten!
    Annit zog die Zügel an und ließ Silberstern mühelos wieder in Leichttrab, dann in Schritt fallen. Sie ritt nun entlang eines schmalen Wasserlaufs. Die Böschungen waren hier so dicht mit Gras und anderen Pflanzen überwuchert, dass fast nichts von dem kleinen Bächlein zu sehen war. Am Ufer standen zerzauste Weiden, Erlen und hohe Büsche. Der Wind blies Annit die Haare ins Gesicht. Lange dunkle Schatten tanzten unter den Bäumen hin und her.
    Mit den Lippen formte sie ein zutrauliches „Pst... pst!“ Silbersterns Ohren richteten sich auf, und seine Nüstern zitterten. Annit ließ die Hand langsam über Silbersterns seidenweiches Fell gleiten. Ihre Finger spürten das Pulsieren in den Adern ihres geliebten Hengstes - der ja eigentlich Rocco gehörte! Ohne Silberstern geh ich nicht weg,  ging es Annit durch den Kopf. Ein Leben ohne ihn kann ich mir nicht mehr vorstellen. Aber was wird Rocco dazu sagen? Ich bin gespannt, ob er mir den Araberhengst verkaufen wird. Ein bisschen Geld hab ich ja von dem Sparbuch, auf das meine Eltern für mich eingezahlt haben. Aber ob das reichen wird?
    „Was soll ich nur machen, mein Kleiner?“, flüsterte sie traurig. „Du bist doch jetzt meine Familie. Rocco kann nicht Nein sagen. Er muss dich einfach mir überlassen.“
    Übermütig riss Silberstern am Zaumzeug und warf den Kopf hin und her - fast so, als hätte er Annits Worte verstanden.
    Plötzlich zuckte Annit zusammen. Von dem Hang
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