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Der Geist des Highlanders

Titel: Der Geist des Highlanders
Autoren: Lynn Kurland
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Victoria konnte sich nicht vorstellen, warum ausgerechnet Rosenkohl dagegen helfen sollte. Aber vermutlich war das Gemüse nicht die einzige Demütigung, die Iolanthe MacLeod erdulden musste, nachdem sie Thomas McKinnon geheiratet hatte.
    Iolanthe machte allerdings keinen unglücklichen Eindruck. Victoria musterte ihre Schwägerin und sah nur eine strahlende, wenn auch leicht grünliche Schönheit, die zufrieden zu sein schien, an einen Mann gefesselt zu sein, der einmal sogar auf offener Bühne in der Nase gebohrt hatte. Er war zwar damals erst neun Jahre alt gewesen, aber Victoria hatte ihn danach als Schauspieler abgeschrieben und ihre Meinung nie mehr geändert.
    Iolanthe hingegen schien dem Irrtum zu unterliegen, es sei etwas Gutes, mit Thomas McKinnon verheiratet zu sein. Nein, es war sogar noch schlimmer. Thomas und Iolanthe warfen sich von Zeit zu Zeit Blicke zu, die von tiefer, dauerhafter Liebe zeugten - als ob sie große Schwierigkeiten überwunden hätten, um endlich zusammen sein zu können.
    Victoria schnaubte. Iolanthes einzige Prüfung hatte darin bestanden, Thomas auf seinem Schloss zu begegnen. Daraufhin hatte sie anscheinend komplett den Verstand verloren und ihn geheiratet.
    Und jetzt hatte Victoria das zweifelhafte Vergnügen, dem Paar beim Turteln zuzuschauen.
    Victoria wandte den Blick von den beiden Liebeskranken ab und betrachtete ihre Eltern. Sie gingen auch liebevoll mit-einander um, klebten aber weit weniger aneinander. Ihre Mutter blickte heiter und gelassen auf Iolanthe, die Thomas abwehrte, weil er ihr ständig noch mehr Gemüse aufdrängen wollte. Victoria warf ihrem Vater einen Blick zu.
    Sie liebte ihren Vater.
    Natürlich liebte sie auch ihre Mutter. Helen MacLeod McKinnon war eine reizende Frau, die sogar lange Kostümproben durchstand, ohne unbehaglich hin und her zu rutschen. Aber sie hatte auch einen starken Hang zu dem, was sie als »MacLeod-Magie« bezeichnete. Victoria nannte es schlicht »Geisterseherei«, und sie zog die solide Verlässlichkeit ihres Vaters jedem unerwarteten Ereignis vor.
    »Erklär mir noch einmal ganz genau, was du vorhast«, bat sie ihr Vater jetzt und wilderte auf ihrem Teller.
    Victoria überließ ihren letzten Rosenkohl nur zu gern der Gabel ihres Vaters. »Um Licht und Ton habe ich mich schon vor zwei Wochen gekümmert. Die Kostüme werden morgen gepackt. Am Montag bin ich in Manhattan, um mich zu vergewissern, dass sie ordnungsgemäß verschickt werden. Und am Wochenende beenden die Schauspieler ihre Nebenjobs, um ab Montag nach Europa zu fliegen.«
    »Nebenjobs?«, echote Thomas. Er verschluckte sich und half sich mit einem großen Glas Wasser.
    »Sind die Pässe alle in Ordnung?«, fragte ihr Vater. »Haben die Schauspieler alle neue Fotos?«
    Helen lachte. »Es sind Menschen, mein Lieber, keine Haustiere.«
    »Das sagst du immer«, erwiderte John, »aber ich bin mir da nicht ganz sicher.« Er warf Victoria einen Blick zu. »Du weißt ja, dass es in England recht seltsam ist.« Er nickte wissend. »Du weißt schon. Seltsam .«
    »Dad, es ist nicht der Mars«, sagte Victoria. »Ich werde es schon überleben.«
    »Es wird ihr sogar gut tun, Dad«, fügte Thomas fröhlich hinzu. »Ein bisschen frische Luft, die idyllische englische
    Landschaft, ein Schloss, das nur darauf wartet, die Kulisse für ihr nächstes Stück zu werden. Ach, übrigens, Vic, was führt ihr eigentlich auf?«
    »>Hamlet<, du Idiot«, erwiderte Victoria. »Das habe ich dir schon ein Dutzend Mal gesagt.«
    Schon wieder dieses Grinsen. Victoria hätte ihm am liebsten etwas an den Kopf geworfen, aber ihr Teller war leer, weil ihr Vater das ganze restliche Gemüse vertilgt hatte. Dabei eigneten sich Rosenkohlröschen hervorragend als Wurfgeschosse. Also bedachte sie ihren Bruder lediglich mit einem finsteren Blick, aber das beeindruckte ihn nicht im Geringsten.
    Und sein Feixen beunruhigte sie, wenn sie ehrlich war. Er schien etwas zu wissen, was ihr entgangen war. Schon früher hatte er diesen Gesichtsausdruck immer gehabt, wenn er etwas im Schilde führte.
    »>Hamlet<«, sagte er jetzt. »Wie schön. Und wann ist Premiere?«
    Victoria verdrehte die Augen. »Heute in vier Wochen. Das weißt du doch. Ihr habt Karten für die erste Aufführung, und ich habe euch einen Flug gebucht, mit dem ihr ein paar Tage vorher anreisen könnt. Erinnerst du dich?«
    »Du hast nur einen Monat Zeit?«, warf ihr Vater zweifelnd ein. »Ist das nicht ein bisschen knapp, junge Frau?«
    »Ich schaffe es
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